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Der Fluch der Abendröte. Roman

Der Fluch der Abendröte. Roman

Titel: Der Fluch der Abendröte. Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Cohn
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rief ich.
    Das Funkeln in Caspars Augen verstärkte sich – in sichtlicher Vorfreude darauf, die lang ausstehende Rache zu nehmen und Nathan zu töten. Und es vor meinen Augen zu tun verhieß noch mehr Vergnügen. Genugtuung. Spaß. Schadenfreude. Wir hatten ihm beide zu viele Qualen bereitet, um jetzt gnädig sein zu können – Nathan, weil er vor vielen Jahren Caspars geliebte Serafina getötet hatte, und ich, weil ich Caspar zurückgestoßen und mich für Nathan entschieden hatte. Caspars Hass auf Nathan war mehrere Jahrhunderte alt, der auf mich hatte ungleich kürzer sein Leben vergiftet – so oder so war es ein starkes, unbändiges Gefühl, das ich beinahe körperlich spüren konnte, als er auf uns zukam.
    Ich ließ meine Faust auf seine Brust herabsausen – und hatte das Gefühl, auf eine Wand aus Stahl zu treffen. Noch verkniff ich mir einen Schmerzenslaut, aber ich konnte nicht verhindern aufzuschreien, als nun Caspar seinerseits die Hand hob, mich scheinbar nur leicht an der Schulter stieß – und ich quer durch den Raum flog, bis ich krachend gegen eine der schiefen, klammen Wände fiel.
    Ich hörte die Ketten rasseln, als Nathan wieder an ihnen riss.
    »Du hast mit ihm unter einer Decke gesteckt, nicht wahr?«, schrie er Caspar an. »Von Anfang an!«
    Ich rappelte mich wieder auf, während Caspar seine Hände über der Brust verschränkte.
    »Ich muss dich enttäuschen«, begann er gedehnt. »Ich wusste wirklich nicht, was mich hier erwarten würde. Und ich weiß auch nicht, wer dich in Ketten gelegt hat. Allerdings muss ich zugeben, dass es sehr amüsant ist, dich in dieser Lage vorzufinden.«
    Seine schwarzen Augen huschten über Nathans wehrlosen Körper – es war nur eine Frage der Zeit, wann seine Hände folgen würden. Er war zwar nicht bewaffnet, aber er würde gewiss Mittel und Wege finden, diese Gelegenheit zu nutzen, ihn trotzdem zu töten und endlich die Rache zu nehmen, auf die er seit Ewigkeiten wartete. Kaum merklich leckte er sich über die rauen Lippen – ein Zeichen seiner wachsenden Gier.
    Obwohl mir alle Knochen vom Sturz weh taten, sprang ich auf und stellte mich erneut schützend vor Nathan.
    »Geh!«, stöhnte Nathan verzweifelt in meine Richtung. »Versuch zu fliehen!« Und an Caspar gewandt: »Ich glaub dir kein Wort! Mach mit mir meinetwegen, was du willst. Aber lass Sophie in Ruhe. Und Aurora auch.«
    Caspar machte keine Anstalten, mich ein zweites Mal zurückzustoßen. So gierig wie sein schwarzer Blick über Nathan geglitten war, musterte er mich jetzt, als mein Name gefallen war.
    »Ich fürchte, das ist nicht möglich. Schließlich war es deine Liebste selbst, die mich gebeten hat, sie bei der Suche nach der entführten Aurora zu unterstützten. Du warst ja leider nicht zur Stelle. Und ich sehe mich außerstande, mich nun wie ein herzloser Schuft zu gebärden und eine so entzückende Frau einfach im Stich zu lassen.«
    Bis jetzt hatte Nathan seine Gesichtszüge irgendwie zu beherrschen gewusst, hatte Caspar nicht gezeigt, was in ihm vorging. Doch nun konnte er seine Gefühle nicht länger unterdrücken – seine Furcht, Sorge, Verwirrung, Ohnmacht, Verzweiflung.
    »Aurora wurde entführt?«, brach es aus ihm heraus. »Aber das ist …«
    Ich griff wieder nach seiner Hand. »Es stimmt. Gemeinsam mit Mia … Sie …«
    Ich verstummte.
    »Du Scheusal!«, zischte Nathan.
    Caspar löste seine Arme aus der Verschränkung, jedoch nur, um beinahe entschuldigend die Hände zu heben. »Ich ein Scheusal?«, fragte er gespielt gekränkt. »Oh, ich habe wirklich nichts damit zu tun, das schwöre ich! Wenn ich wüsste, wo Aurora ist, wärst du schon tot, und sie in meinem Besitz. Aber ich weiß es eben nicht. Und ich weiß auch nicht, wie du es geschafft hast, in diese hoffnungslose Lage zu geraten.«
    Er lachte auf, und kurz schlossen sich seine schwarzen Augen. Nicht länger diesem gierigen, bösartigen Funkeln ausgeliefert, wurde ich doch wieder unsicher. Sagte er vielleicht doch die Wahrheit? Hatte er tatsächlich nicht gewusst, dass Nathan hier gefangen war?
    Caspar öffnete die Augen wieder. »Also«, begann er belustigt, »wie dumm muss man sein, um sich in solch gewaltige Ketten legen zu lassen?«
    Nathan presste die Lippen fest aufeinander, doch ein anderer gab an seiner statt die Antwort.
    »Wenn du willst, kann ich es dir gerne erklären«, ertönte plötzlich hinter uns eine fremde Stimme.
    Ich fuhr herum und sah von der Gestalt, die dort stand, zunächst nur die

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