Der Fluch der bösen Tat
ihre letzte Runde. Er hörte, daß sie einen Hund dabei hatten. Er war gut trainiert und bellte nicht, hatte aber Witterung aufgenommen. Er konnte ihn draußen jaulen hören. Er mußte schon seit geraumer Zeit pinkeln, hatte sich das aber verkniffen, damit ihm nicht etwa ein Hund auf die Spur käme.
»Hier ist nichts«, erklang eine Stimme. »King! Komm her! Das ist nur ’ne tote Ratte.«
»Was ist mit der Tür?« sagte eine andere Stimme.
»Moment.«
Vuk entsicherte die Pistole. Sie rüttelten an der Tür.
»Gar nichts. Bloß Ratten, die sich ein Kämpfchen geliefert haben. King ist ein verdammter Rattenjäger. Sie machen ihn wild. Füchse und Ratten, dann drehen Hunde durch.«
Er hörte sie weggehen und gab ihnen eine halbe Stunde. Wenn sie die Kasematten durchsucht hätten, würden sie sich wahrscheinlich oben auf dem Flakfort postieren, von wo sie jedes sich nähernde Schiff sehen konnten. Das Personal bereitete im Restaurant das Mittagessen vor. Die übrigen Beamten würden sich auf der Rasenfläche vor dem Restaurant aufhalten, um die Presse und später das Ziel zu empfangen. So hatte es im Programm gestanden. Er hoffte, daß sie es auch einhalten würden und daß er ihre Absichten richtig deutete.
Vuk öffnete die Tür. Er stand in völliger Finsternis. Nur weit hinten an der Treppe war ein schwacher Lichtstreifen zu erkennen. Langsam und leise schloß er die schwere Eisentür und legte die Kette mit dem schweren Schloß vor.
Vorsichtig ging er mit der Pistole in der einen Hand und der nicht angeschalteten Stabtaschenlampe in der anderen den Gang entlang. Er kannte die Örtlichkeit und brauchte kein Licht, wollte aber darauf vorbereitet sein, einen eventuellen Gegner zu blenden. Eine Etage höher konnte er langsam etwas sehen. Das Licht fiel schwach von oben in die Kasematten. Er lehnte sich an die Wand und wartete. Er bemerkte weder Bewegungen noch Geräusche mit Ausnahme eines ständigen Summens. Es mußte der Generator sein, der das Fort mit Strom versorgte. Er ging weiter und erreichte den breiten Hauptgang, in den durch die offenen Eingänge an beiden Enden Licht fiel. Wieder preßte er sich an die Mauer und wartete ab, ob alles ruhig blieb. Auf leisen Gummisohlen huschte er den Gang entlang zu den Personalräumen. Er zog den Dietrich aus der Tasche und brauchte nur eine Minute, um das simple Ruko-Schloß in der Zimmertür des Kochs zu knacken.
Wie erwartet war der Koch nicht da. Er bereitete das Mittagessen vor. Er hatte ein kleines Zimmer mit Bett, Waschbecken, Fernseher, großem Radio mit CD-Spieler und Kassettendeck sowie einem Tischchen mit einem Stuhl mit hoher Lehne davor. An der Wand hingen ein Bild der dänischen Europameister im Fußball und zwei nackte Frauen aus dem Playboy. Auf dem Tisch stand das Foto einer rundlichen, jungen Frau, in der Vuk die Freundin des Kochs vermutete. Mühsam zog er sich erst die Hose runter und dann den Schutzanzug auf, pinkelte dankbar ins Waschbecken und spülte sorgfältig nach. Er fühlte sich linkisch und unheimlich verwundbar, als er mit der Hose an den Füßen und dem Rücken zur Tür stand.
Er zog seine Kleider wieder richtig an, setzte sich mit dem Gesicht zur Tür, holte eine Zigarette aus dem wasserdichten Beutel und nahm einen tiefen Lungenzug. Er wartete auf das Eintreffen der Presse. Sein Plan war, nach oben zu gehen und sich unter sie zu mischen, wenn sie durch das Fort spazierten und Sara Santanda erwarteten. Laut Programm würde die Presse eine halbe Stunde vor dem Ziel da sein. Ein Journalist mehr oder weniger würde der Polizei nicht auffallen. Sie hatten alle überprüft und das Fort durchsucht. Die Presseleute würden nicht unter scharfer Beobachtung stehen. Sie erwarteten die Bedrohung von außen. Sie würden nach außen, nicht nach innen schauen. Und das war ihr großer Fehler.
John erhielt den Bericht der Hundestaffel. Alles war durchsucht und nichts bemerkt worden. Er blickte zu den Befestigungen und den vier mit Gewehren bewaffneten Beamten hoch, die da oben postiert waren. Die Segelschiffe hatten den Hafen verlassen. Nur das Schnellboot der Hafenpolizei lag dort vor Anker. Auf dem Kai standen zwei weitere Beamte. Und Bente, die die Verbindung zur Bereitschaftszentrale hielt. Mehr war nicht zu tun. Er wählte Pers Nummer auf dem Handy. Per vertraute dem Funk nicht. Er zog das Mobiltelefon vor, das die Presse jedenfalls bisher nicht abhören konnte.
»Per? John hier. Alles gesichert. Die Person kann kommen.«
»Prima, John.
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