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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Birgit Jaeckel
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meine, wir werden ja bestimmt nicht auf großen Straßen unterwegs sein. Wenn ich nichts sehe und ihnen nicht ausweichen kann, brauchst du vielleicht überhaupt keinen weiteren Aufwand mehr mit mir zu betreiben«, forderte Sumelis ihn heraus.
    »Ich an deiner Stelle würde mich bücken.«
    Sumelis war klar, Flehen und weitere Diskussionen würden ihr nicht helfen. Daher presste sie einfach die Lippen zusammen, zog ihre an den Knöcheln zusammengebundenen Beine eng an den Körper, griff mit den Fingerspitzen nach der Kante des Verschlags und zog sich mühsam in die Höhe. Mit trippelnden Schritten wankte sie auf den Wasserschlauch zu. Nando legte den kleinen Sack, an dem er arbeitete, beiseite, trat zu ihr und lockerte ihre Handfesseln ein wenig mehr. Er wartete, bis sie getrunken hatte, bevor er aus einer anderen Tasche Käse und Brot hervorholte und ihr reichte.
    »Wohin reiten wir?«, fragte Sumelis zwischen zwei Bissen. Das Brot war frisch und schmeckte saftig. Der Käse erinnerte sie mit seiner sahnigen Milde an einen, den es in runden Scheiben auf dem Markt in Alte-Stadt zu kaufen gab. Bedeutete das womöglich, dass Nando in die Stadt zurückgekehrt war? Woher hatte er das Pferd? Sumelis wusste, dass das alles Spuren waren, denen Caran folgen konnte, und schöpfte neue Hoffnung.
    Zu ihrer Überraschung beantwortete Nando ihre Frage. »Nach Süden.«
    »Wie weit?«
    »Erst mal nur diese eine Nacht. Dann schlagen wir wieder ein Lager auf. Ich habe schon eine passende Stelle gefunden.«
    »Was tun wir da?«
    »Warten.«
    »Warten auf was?«
    »Dass sich die Suchtrupps deines Großvaters von den Straßen verziehen.«
    Sumelis horchte auf. »Sie suchen mich?«
    »Natürlich. Man hat mich gewarnt, dass das geschehen würde, immerhin ist dein Großvater einer der mächtigsten Männer deines Volkes. Oder hattest du etwas anderes erwartet? Sie stellen sich sogar nicht einmal dumm an: Es war gar nicht so einfach, eine falsche Fährte zu legen, ohne erwischt zu werden.« Es war der längste Satz, den er in den letzten vier Tagen gesprochen hatte.
    »Du bist beunruhigt!«, stellte Sumelis befriedigt fest.
    »Nein. Wenn ich beunruhigt wäre, wärst du tot.« Nando bückte sich und rollte die Decken und Felle zusammen. »Es ist nur lästig. Es hält auf, und ich habe bessere Dinge zu tun, als Maus zu spielen.«
    »Wieso tust du es dann?«
    »Ich habe einen Auftrag.«
    »Einen Auftrag? Was für einen? Von wem? Wer hat dich –?«
    »Schweig, Sumelis!«
    Sumelis verstummte. Hastig schob sie sich das letzte Stück Käse in den Mund und spülte mit Wasser nach. Immerhin hatte er ihren Namen gesagt. Das war ein Fortschritt zu den letzten Tagen. Nando sprach nicht viel, und als sie ihn am zweiten Abend mit Fragen bedrängt hatte, hatte er ein paar einsilbig beantwortet, ihr aber dann kurzerhand einen Knebel in den Mund geschoben, nachdem sie auf seine Warnung hin nicht geschwiegen hatte. Er war nicht grausam zu ihr, aber jede Bewegung, alles, was er sagte, machte deutlich, dass er nicht erlauben würde, dass sie mit ihm spielte oder ihn aufhielt. Sie war ein Auftrag, darüber hinaus schien er sich nicht für sie zu interessieren. In keiner Weise. Obwohl er wusste, dass sie ihre Gabe eingesetzt hatte, um in ihm zu forschen. Nicht einmal das schien ihn zu verunsichern.
    »Wie kommt man dazu, freiwillig eine Hexe zu entführen?«, wollte Sumelis kühner wissen, als sie sich fühlte.
    Nando hielt im Packen inne. »Bist du denn eine?«
    Sumelis war noch nie eine gute Lügnerin gewesen. Sie wusste auch nicht, was es ihr gebracht hätte. »Nein«, sagte sie. Und dann: »Trotzdem.«
    »Hexen, Zauberinnen, sogar eure Druiden: Sie sind alle sterblich. Sie bluten und verrecken wie jeder andere. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche.«
    »Deshalb wurdest du geschickt.« Es war keine Frage.
    Nando warf ihr den Sack in die Hände, damit sie ihn sich selbst über den Kopf zog. Achselzuckend sagte er: »Am Ende geht es immer um Vertrauen.«
    Sie war sich nicht sicher, wie er das meinte.
    Nando befestigte die letzte Decke am breiten Ledergurt um den Pferdebauch. Sumelis beobachtete ihn dabei, den Sack in den Fingern drehend. So fremd ihr seine im Grunde tot erscheinende Seele auch war, war sie sich einer Sache zumindest sicher: In Nando vibrierte eine Spannung, die seine vermeintlich kaltblütige Gelassenheit Lügen strafte. Er war ganz anders als ihr Vater, Atharic, oder ihr Großvater. Waren die Seelen dieser beiden Männer ein

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