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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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zurück, um Platz für die Reiterschar zu machen.
    Die Tränen, der Staub und die gleißende Sonne bewirkten, dass sie keines der Gesichter unter den Kettenhauben erkennen konnte. Nur an der vertrauten Haltung im Sattel machte sie Lukas auf seinem Fuchshengst aus.
    Hastig sprach sie ein Dankgebet und rannte den Reitern Richtung Burg hinterher. Dabei kümmerte sie nicht, dass es sich für die Frau eines Ritters nicht schickte, in solcher Eile durch die Gassen zu hetzen, dass ihr der Rocksaum um die Beine flatterte.
    Niemand wagte es, sie am Burgtor aufzuhalten, und so schaffte sie es noch, Lukas gegenüberzutreten, bevor er in den Palas ging, um dem Vogt zu berichten.
    Er hatte seinen Hengst an Christian, den blonden Stallburschen, übergeben und trank durstig aus einem hölzernen Becher. Die Kettenhaube hatte er zurückgestreift, sein Haar war schweißnass, eine Wange von Ruß geschwärzt. Aber er schien unverletzt.
    Verdutzt starrte er Marthe an, die er auf dem Burghof nicht erwartet hatte.
    Er sah die Spuren der Angst auf ihrem Gesicht und ebenso, dass sie ihm am liebsten vor Erleichterung um den Hals gefallen wäre und sich nur mit Mühe davon abhielt, um nicht noch mehr Aufsehen zu erregen.
    »Ein Feld ist niedergebrannt. Aber es gab keinen Kampf und keine Toten«, sagte er und sah ihr in die Augen. »Und es wird keinen Krieg geben. Jedenfalls noch nicht jetzt und hier.«
    Für diesen Preis hatte er sein Leben aufs Spiel gesetzt, verstand Marthe. Alles in ihr wirbelte durcheinander: Entsetzen und Erleichterung, Angst vor der Zukunft, Schuldgefühle und Scham wegen ihrer Zweifel an ihm.
    »Verzeih mir!«
    Diese leise Bitte war alles, was sie jetzt sagen konnte, inmitten der kreuz und quer laufenden Männer und Pferde auf dem Burghof.
    Lukas musste nicht fragen, was sie meinte. Und wenn er ehrlich war, hatte sie vorhin mit ihren Vorwürfen nicht unrecht gehabt. Es
war
mehr als leichtsinnig gewesen, was er getan hatte. Aber der Preis war ihm das Wagnis wert gewesen.
    Am liebsten hätte er sie an sich gerissen und geküsst – schon vor lauter Freude darüber, noch am Leben zu sein.
    Doch das gehörte sich nun wirklich nicht für einen Ritter, und erst recht nicht vor den Männern, die er befehligte. Also lächelte er sie nur an, ganz und gar nicht ironisch, und sagte ebenso leise: »Hab nächstes Mal mehr Vertrauen in mich!«
    Er strich ihr über die Wange und wandte sich dann wieder seinen Männern zu, damit endlich Ordnung auf dem Burghof einkehrte und er dem Vogt Bericht erstatten konnte.
    Nun verspürte Lukas einen Anflug schlechten Gewissens. Denn das Gefährlichste stand ihm womöglich erst noch bevor – wenn er dem alten Markgrafen gestehen musste, was er getan hatte.
     
    »Mein Fürst, ich bitte Euch um Vergebung.«
    Lukas senkte den Kopf tief, als er in Meißen vor Otto niederkniete. Er hatte Reinhard ausdrücklich angewiesen, ihn bei dieser Audienz nicht zu begleiten. Besser, Otto reißt nur einem den Kopf ab statt uns beiden, dachte er sarkastisch. Er war staubbedeckt, müde und wie ausgedörrt nach zwei heißen Sommertagen im Sattel und mit nur wenig Schlaf, denn sofort nach dem kurzen Gespräch mit Burgvogt Heinrich hatte er wieder nach Meißen aufbrechen müssen. Doch er wollte das jetzt hinter sich bringen.
    »Lasst hören, wofür!«, knurrte Otto. Der Fürst schien begierig auf Neuigkeiten, doch diese würde er bestimmt nicht gnädig aufnehmen. Und Hedwig, seit jeher für so manchen Überbringer schlechter Nachrichten Retterin in der Not, war unglücklicherweise nicht zugegen.
    »Ich traf Euren Sohn und die Männer, die zu ihm übergetreten sind«, gestand Lukas. »Doch statt gegen sie zu kämpfen, ließ ich sie ziehen. Mit Hintergedanken, das will ich zugeben … Und ich ließ auch nicht das Dorf zerstören, in dem sie Unterschlupf gefunden hatten.«
    Otto zog die Augenbrauen zusammen. »Ihr seid kein Feigling«, sagte er grollend, aber zu Lukas’ Erstaunen vorerst ohne Anzeichen eines größeren Wutausbruches. »Was also hat Euch dazu veranlasst, meine Befehle zu missachten?«
    »Durch Reinhard wusste ich, dass Euer Sohn die Ländereien seines Schenken bald wieder verlassen wollte. Er hat den jungen König um Erlaubnis gebeten, sich seinem Hofstaat anzuschließen, und nur auf dessen Zusage gewartet. Es hätte Euch möglicherweise in Missruf gebracht, wenn Ihr jemanden angreifen lasst, der unterwegs ist, um in die Dienste Seiner Majestät zu treten.«
    »Ist mir dieser Undankbare wieder einen

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