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Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Sektfrühstück um Mitternacht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eleanor Moran
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Kapitel 1
    Aufwachen ist das Schlimmste: jene ersten bruchstückhaften Sekunden des Bewusstwerdens, in denen ich versuche, die Einzelteile wieder zusammenzusetzen und mich daran zu erinnern, wer ich bin. Das meine ich nicht nur im physischen Sinn – denn der Umzug aus einem schmuddeligen ehelichen Zuhause in den Außenbezirken der Central Line in eine schicke Bude in Shoreditch entschädigt für manches. Es geht vielmehr darum, wer Ich bin, und zwar mit einem großen I. Meine Verwandlung von einer vor Bequemlichkeit blinden Ehefrau zu einem verstörten Single binnen neun Monaten habe ich noch nicht verkraftet. Es kommt einer Verbannung auf eine sehr weit entfernte Galaxie gleich, ohne Vorwarnung, die es erlaubt hätte, wenigstens einen Ersatzslip und eine Zahnbürste mitzunehmen.
    Genug. Wenn ich eins schnell lerne, dann, dass Selbstmitleid fatal ist, zumal an einem Tag wie diesem, da ist dafür keine Zeit. Ich wälze mich aus dem Bett, der rechte Fuß drückt sich in ein halb geschmolzenes Kit Kat, das ich, wie ich mich verschwommen erinnere, in den frühen Morgenstunden hinuntergeschlungen habe, als ich von der Arbeit nach Hause kam. Ich werfe einen verstohlenen Blick auf den Teppich und hoffe inbrünstig, dass es sich dabei nicht um eine Antiquität handelt. Mit seinem Blumenmuster und dem muffigen Geruch könnte er sowohl ein 5-Pfund-Schnäppchen aus einem Trödelladen als auch ein liebevoll aus einem siamesischen Palast des siebzehnten Jahrhunderts importiertes Sammlerstück sein. Wenn man mit Milly zusammenlebt, weiß man nie genau, ob man nicht ein Erbstück in Händen hält.
    Ich habe heute das Vorstellungsgespräch aller Vorstellungsgespräche vor mir, ein Versuch, einen Job zu finden, der meinem an einen fröhlichen Sturzflug von der Klippe erinnernden Privatleben wieder etwas Halt geben könnte. Sollte es mir gelingen, einen Platz in Oscar Retfords Küche zu ergattern, wäre das die Mühe jahrelangen Karottenwürfelns und Geflügelausweidens wert. Kindisch drücke ich mir unter der Dusche die Daumen und versuche den teuren Lotionen zu widerstehen, die Milly dort herumstehen hat, und bleibe bei meiner ätzenden Karbolseifen-Hausmarke. Ich weiß nicht viel, dass ich diesen Job mehr als jeden anderen Job in der Geschichte der Jobsuche haben will, weiß ich allerdings mit absoluter Gewissheit.
    Obwohl mir noch vier Stunden bleiben, um mein Outfit zu perfektionieren, zerbreche ich mir jetzt schon den Kopf darüber. Ich bin erst seit ein paar Wochen hier, doch mein Schlafzimmer sieht bereits aus wie ein Ramschladen, in dem sich die Besitztümer eines ganzen Hauses türmen. Hinter einem schiefen Turm aus Kisten zerre ich einen Spiegel hervor und begutachte kritisch meinen ersten Versuch. Wenn ich doch nur wüsste, ob Oscar selbst die Überprüfung vornimmt. Ich bin zwar keine Schlampe (denn wenn ich eine wäre, dann eine äußerst erfolglose mit meiner Bettbilanz von einem Mann in zehn Jahren), aber auch ich kann mich der Tatsache nicht verschließen, dass es nicht schaden kann, wenn mein Anblick gefällt. Wenn ich mich allerdings bei irgendeiner gehässigen stellvertretenden Küchenchefin vorstellen soll, die sich ihr Eigengewicht in Form von Gebäck einverleibt hat, wird sie sich von dem schwarzen Fummel à la Mad Men , den ich gerade herausgezogen habe, nicht beeindrucken lassen. Vielleicht aber doch, überlege ich und taste nach der verirrten Fleischrolle, die sich klammheimlich in meiner linken Gesäßhälfte eingenistet hat. Kummer sollte einen doch eigentlich klapperdürr machen, oder? Eine Bohnenstange war ich noch nie, aber meine Begeisterung für mitternächtliche Fressattacken, die selbst die der Fünf Freunde übertreffen, rächt sich schrecklich an meinem Hinterteil.
    Aber ist es wirklich nur mein Hinterteil, das mir entgleitet? Mit einem kritischen Blick auf mein Gesicht versuche ich mich zu vergewissern, ob es tatsächlich noch aussieht wie meins. Sie kennen doch sicher die Frauen, die diese unglaublich verführerischen schmalen Katzenaugen haben? Meine erinnern, wie ich fürchte, eher an Hundeaugen, Cocker-Spaniel-Augen, um genau zu sein. Sie sind dunkelbraun, fast schwarz, unter schweren Lidern. Doch es freut mich, sagen zu können, dass mir die passende feuchte Nase und der wedelnde Schwanz fehlen. Ich habe eine Stupsnase – keinesfalls elegant, aber auch kein Zinken, der manche Gesichter wie Stonehenge aussehen lässt. Ich bin keine Schönheit im Stil von Vivien Leigh, allerdings gab mir der

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