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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Schritt voraus!«
    Es war eher ein Seufzer statt ein Brüllen, das Otto von sich gab.
    »Ja, er hat das Beste aus seiner Lage gemacht«, gab Lukas ihm bedauernd recht. »Der König wird Euch und Eurem Sohn die Aussöhnung auf dem nächsten Hoftag befehlen, und bis dahin wird sich Euer Erstgeborener bei Hofe bereits unentbehrlich gemacht haben.«
    »Soll ich ihn etwa vor aller Augen in meine Arme schließen, als sei nichts geschehen? Als hätte er mich nicht Wochen eingesperrt? Als hätte er nicht meine Silberkammer und meine Halle geplündert?«
    Wütend wies Otto mit ausgestrecktem Arm durch den Raum, in dem immer noch die farbenprächtigen Behänge und die größten Truhen fehlten.
    »Fordert als Bedingung für eine Versöhnung, dass Euer Sohn Euch umgehend zurückgibt, was er unrechtmäßig mit sich genommen hat«, schlug Lukas ruhig vor. »Bedenkt: Weder Freiberg noch die Bergwerke und Dörfer in der Umgebung sind zu Schaden gekommen. Das heißt, Eure Truhen werden sich rasch wieder füllen, noch bevor Ihr das Gestohlene zurückbekommt. Ihr könnt Euch prachtvolle neue Kleider für den Hoftag fertigen lassen und den Brüdern in Marienzelle Silber stiften, damit sie für Euer Seelenheil beten.«
    »Manchmal seid Ihr mir wirklich unheimlich«, gestand Otto nach einem Moment des Schweigens. »Ich hätte gern gewusst, was Euer Weib dazu sagt, dass Ihr solch ein gewagtes Spiel treibt.«
    Lukas verzog etwas gequält das Gesicht. »Ich fürchte, wenn Ihr mir den Kopf nicht abreißt, wird sie es wohl tun.«
    Wider Erwarten gab Otto einen Laut von sich, der beinahe wie ein Lachen klang. Sollte der Wettinerfürst auf seine alten Tage noch so etwas wie Galgenhumor entwickeln? Die Ereignisse der letzten Wochen hatten ihn verändert, zweifellos. Noch verbitterter war er geworden, entschlossener denn je, jedem Feind gegenüberzutreten. Aber er hatte wohl eingesehen, dass mancher Streit mit feinerer Klinge auszufechten war. Zum ersten Mal keimte in ihm so etwas wie Dankbarkeit für diejenigen, die trotz aller Gefahr zu ihm hielten.
    »Euer Weib ist klug. Ich sollte mich mit ihr verbünden«, meinte der alte Markgraf. Dabei erinnerte er sich an einen Ratschlag Hedwigs kurz vor seiner Gefangennahme.
    »Wenn sich mein missratener Sohn hinter dem Rücken des Königs versteckt und ihm Dinge einflüstert, erschwert das die Dinge für mich«, gestand er ein. »Ich weiß nicht, wie lang Albrechts Arm dann sein wird. Lasst nach Euerm Weib schicken und bleibt mit ihr in meiner Nähe. Reinhard soll derweil die Freiberger Wachmannschaft übernehmen und ein Auge auf den Vogt haben.«
    Er befürchtet einen Giftanschlag, begriff Lukas. Und diese Furcht mochte nicht unberechtigt sein.
     
    Lukas fühlte sich erleichtert und besorgt zugleich, nachdem Otto ihn entlassen hatte.
    Es war vielleicht ganz gut, Marthe für eine Weile aus der Reichweite Pater Sebastians zu entfernen, nachdem sie diesen Streit um Berthas Begräbnis gehabt hatten. Sie würde keinen Augenblick zögern, hierherzukommen, wenn sie hörte, was in Meißen auf dem Spiel stand. Und Clara würde sich freuen, nach Freiberg zurückkehren zu dürfen. Dann konnte sie endlich in Reinhards Haus im Burglehen einziehen, wie es längst hätte geschehen sollen, wäre nicht Albrechts überraschender Befehl nach dem Turnier dazwischengekommen.
    Während Lukas hinunter in die Halle ging, überlegte er, wie es wohl zwischen seiner Stieftochter und Reinhard stand. Der Freund war meistens ziemlich wortkarg, doch seit ihrem nächtlichen Ritt von Meißen wirkte er noch finsterer als sonst. Lukas war nicht entgangen, dass Reinhard vor dem Aufbruch beim Mahl in der Halle gefehlt hatte. Damals hatte er noch in sich hineingegrinst und vermutet, die Jungvermählten hätten ihr Wiedersehen im Bett gefeiert. Jedenfalls würde er mit Sicherheit aus diesem Grund eine Mahlzeit verpasst haben, wenn er Marthe eine Woche lang nicht gesehen hatte.
    Doch inzwischen sah es für ihn eher danach aus, als habe es Streit zwischen Clara und Reinhard gegeben.
    Das Mädchen muss wieder nach Freiberg, dort wird sie sich glücklicher fühlen, dachte er. Am besten, ich bringe ihr gleich die Nachricht von Ottos Entschluss.
    Er fragte einen Diener, wo die Herrin von Reinhardsberg zu finden sei, und erfuhr zu seiner Verwunderung, dass sie nicht bei den Damen der Fürstin in der Kemenate sei, sondern in ihrer Kammer.
    Also feiern sie wohl doch Wiedersehen, schlussfolgerte er erleichtert grinsend. Trotzdem wollte Reinhard

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