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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Männern, die vor ihm niederknieten.
    Lange Zeit herrschte eisiges Schweigen. Als einer der Ritter etwas sagen wollte, schnitt ihm Otto mit einer Handbewegung das
     Wort ab.
    »Ich erkläre hiermit sämtliche Edlen für geächtet, die meinem abtrünnigen Sohn gefolgt sind und ihren wahren Lehnsherrn verraten haben«, rief er in die dröhnende Stille hinein. »Wer sie findet, kann sie gefangen nehmen und töten, ohne dafür Strafe fürchten zu müssen. Sie dürfen auf Lebenszeit die Mark Meißen nicht mehr betreten. Ihre Felder werden niedergebrannt, ihr Vieh abgestochen, und jedes Dorf, das es wagt, ihnen Zuflucht zu gewähren, wird erbarmungslos verwüstet.«
    Dies waren sehr harte Befehle. Dass niemand im Saal Einspruch dagegen erhob, zeigte, wie die Anwesenden derzeit ihre eigene Lage einschätzten.
    Wie stets in solchen Momenten richteten sich sämtliche Blicke auf Hedwig. Würde sie es heute schaffen, beschwichtigend auf ihren Gemahl einzuwirken?
    Sachte legte Hedwig ihre Hand auf Ottos Arm.
    »Es ist Euer Land, mein Gemahl!«, sagte sie vorsichtig. »Ihr solltet es vielleicht besser einziehen und damit diejenigen belohnen, die treu zu Euch stehen, statt Saat und Vieh zu vernichten.«
    Otto schüttelte ihre schmale Hand ab, als wäre sie eine lästige Fliege. Dann kniff er die Augen bis auf einen Schlitz zusammen und verzog grimmig den Mund. »Ja, so wird sich zeigen, wer wirklich zu mir steht. Reinhard, tretet vor!«
    Der dunkelhaarige Ritter erhob sich und näherte sich befehlsgemäß bis auf zehn Schritte dem markgräflichen Paar.
    »Habt Ihr den Mut, den Besitz Eures einstigen Freundes Elmar aus meiner Hand als Lehen entgegenzunehmen?«, fragte Otto herausfordernd. »Obwohl Ihr wisst, dass der Tag vielleicht bald kommt, da ich zu Grabe getragen werde und mein ruchloser Sohn endgültig die Herrschaft über mein Land antritt?«
    »Was ich tun kann, um Euch meine Ergebenheit zu beweisen, Hoheit, werde ich tun«, erklärte Reinhard und neigte den Kopf.
    »Dann reitet los! Findet die Verräter und bringt sie in Ketten hierher. Oder tötet sie auf der Stelle!«
    Otto warf einen prüfenden Blick Richtung Fenster, wo sich die Dämmerung bereits abzuzeichnen begann. »Meldet Euch nach dem Mahl bei mir, und zwar in Begleitung von Lukas. Ihr werdet noch heute Nacht aufbrechen.«
    »Wie Ihr wünscht, mein Fürst.«
    Reinhard verneigte sich und trat zurück in die Reihe der Ritter, die nach wie vor nicht wussten, ob der Fürst sie bestrafen oder belohnen würde.
    Allerdings wäre eine Belohnung ein zweischneidiges Schwert, denn wen der alte Markgraf jetzt mit dem Besitz der Abtrünnigen belehnte, der würde unweigerlich in große Schwierigkeiten geraten, wenn Albrecht zurückkehrte.
    »Ich erwarte, dass mir hier und jetzt jeder Einzelne von Euch erneut einen Treueschwur leistet!«, rief Otto mit lauter, befehlsgewohnter Stimme. »Wer nicht dazu bereit ist, der soll auf der Stelle diese Halle verlassen und den Verfemten in die Verbannung folgen, bevor ich es mir anders überlege und ihm den Kopf abschlage.«
    Hedwig beobachtete aufmerksam, wie die Ritter nacheinander ihrem Gemahl erneut Lehnstreue schworen. Sie wusste genau, wen von diesen Männern sie besser nicht aus den Augen lassen sollte. Um die Wankelmütigen einzuschüchtern, hatte das kleine Schauspiel gedient, das sie und ihr Gemahl eben aufgeführt hatten.
    Trotz seines überschäumenden Zornes hatte Otto nicht einen einzigen Moment daran gedacht, seine eigenen Ländereien niederbrennen zu lassen, wenn er nicht dazu gezwungen würde. Dafür war er viel zu berechnend. Und falls er so etwas erwogen hätte, würde Hedwig ihn diesmal auch nicht davon abhalten können, so groß war sein Groll. Sollten alle glauben, er sei bereit, einzulenken, um seiner milde gestimmten Frau Entgegenkommen zu zeigen.
    Hedwig war bewusst, in welche Gefahr sich diejenigen begaben, die zu ihrem Gemahl standen. Wenn Otto starb, würde Albrecht zurückkehren und die Markgrafschaft endgültig übernehmen. Dann mussten sie alle um Gottes Beistand bitten.
    Das wird eine schlimme Zeit für das Land, dachte sie beklommen. Und ich werde daran kaum etwas ändern können. Das vermag nur Dietrich, falls er lebend aus dem Heiligen Land zurückkehrt. An Besitz und Leben eines Wallfahrers darf sich niemand vergreifen, das kann nicht einmal Albrecht wagen. Aber Gott allein weiß, ob mein Jüngster noch lebt …

Wiedersehen
    A ls die Männer nach dem Treueschwur die Halle verlassen durften, drängte

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