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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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Strafgericht über die Abtrünnigen hereinbrechen würde.
    Längst nicht alle auf dem Burgberg teilten Guntrams Begeisterung über die bevorstehende Ankunft des alten Markgrafen. Den größten Teil der Besatzung und der Dienerschaft versetzte sie sogar in äußerste Unruhe. Der von der Gicht geplagte, fast siebzigjährige Fürst war schon in ruhigen Zeiten wegen seiner Strenge und Mürrischkeit gefürchtet. Wie würde er nun diejenigen büßen lassen, die übereifrig seinen aufsässigen Sohn als neuen Herrscher anerkannt hatten?
    Am nächsten Morgen – einen Tag nach Albrechts Abreise – befahl Hedwig zur allgemeinen Verwunderung, ihr Pferd zu satteln, und ließ Hartmut eine Begleitmannschaft zusammenstellen, weil sie ihrem Gemahl entgegenreiten wolle.
    Das setzte eine nicht enden wollende Kette von Vermutungen in Gang, die zwischen Furcht und Hoffnung hin- und herwogten. Würde Hedwig Otto berichten, wer ihr während seiner Abwesenheit zur Seite gestanden hatte und wer ohne Zögern übergelaufen war? Oder wollte sie – wie jedermann hoffte – unter vier Augen mit ihrem Gemahl sprechen, um mäßigend auf ihn einzuwirken?
    Die Markgräfin hatte mit ihren Begleitern das Burgtor kaum durchquert, als alle, die nur irgendwie von ihrer Arbeit abkömmlich waren, in die Kapelle huschten, schlurften oder schlichen, um die Heilige Mutter Gottes zu bitten, sie vor dem drohenden Zorn des Fürsten zu bewahren.
     
    Ottos Rückkehr auf den Meißner Burgberg wurde ein wahrhaft denkwürdiges Ereignis.
    Die Sonne stand an diesem heißen Sommertag schon weit über dem Zenit, als ein Hornsignal das Nahen des alten Markgrafen und seiner Gemahlin ankündigte. Sofort stellten sich Burgbesatzung und Gesinde auf, um sie zu begrüßen – mit furchtsamen Blicken, gesenkten Köpfen und Gebete flüsternd.
    Dass der betagte Waffenmeister Hartmut dem Fürstenpaar voranritt, ließ manchen aufatmen. Otto hatte ihn also nicht enthaupten lassen. Zumindest nicht bis jetzt.
    Weit mehr Erstaunen herrschte allerdings darüber, dass auch der Ritter von Reinhardsberg mit Otto zurückgekehrt war, und dies nicht einmal in Ketten. Dabei zählte der eindeutig zu Albrechts und Elmars engsten Vertrauten! Der wie üblich finsteren Miene Reinhards ließ sich nicht entnehmen, ob er heute noch hingerichtet werden sollte oder seinen Hals irgendwie retten konnte.
    Dagegen verwunderte es kaum jemanden, dass auch der Anführer der Freiberger Burgwache zu Ottos Begleitung zählte. Nur ein paar besonders Spitzfindige fragten sich, weshalb dieser Lukas nicht in der Silberstadt war und wie er eigentlich von Ottos Rückkehr erfahren haben konnte. Aber vermutlich hatte er bei der ganzen Sache sogar seine Hände im Spiel gehabt.
    Mit düsterer Miene ließ der alte Markgraf den Blick über die vor ihm Knienden schweifen. Aus dem Willkommenspokal trank er nur einen winzigen Schluck – vielleicht aus Furcht vor Gift – und gab ihn wortlos an den Kellermeister zurück.
    Er ließ sich aus dem Sattel helfen, reichte seiner Frau den Arm und stapfte entschlossen Richtung Palas.
    Hartmut, Lukas und Reinhard folgten ihm auf seinen Befehl.
    Sofort rannten die Männer und Frauen, die eben noch auf dem Hof gekniet hatten, zu ihren Plätzen. Ein Dutzend Stallburschen führten die Pferde fort, andere liefen in die Küche, einige gingen auf Zehenspitzen in den Palas, um dort bereitzustehen, sollten der Markgraf oder seine Gemahlin Befehle erteilen.
     
    Immer noch mit eisiger Miene, die buschigen Augenbrauen zusammengezogen, starrte Otto auf die Wände des Saales.
    Die Veränderungen seit seiner verhängnisvollen Abreise nach Döben waren nicht zu übersehen. Der prachtvoll bestickte Wandbehang mit dem meißnischen Löwenbanner in der Mitte fehlte, ebenso die silbernen Kerzenständer und Pokale, die bronzenen Aquamanilen sowie zwei üppig verzierte Truhen.
    So stand er scheinbar eine halbe Ewigkeit, bis er sich schroff umdrehte und sich auf seinen Stuhl fallen ließ. Mit einer knappen Handbewegung lud er Hedwig ein, an seiner Seite Platz zu nehmen.
    »Und er hat auch das Silber aus der Münze mitgenommen?«
    Die ersten Worte, die Otto seit seiner Rückkehr auf den Burgberg aussprach, hallten durch den ungewohnt leer wirkenden Saal.
    Hedwig nickte mit zusammengekniffenen Lippen.
    Otto schwieg eine Weile, dann befahl er einem angstvoll dreinblickenden Diener, sofort sämtliche Ritter und sonstigen Herren von Stand in die Halle zu beordern.
    Der Raum füllte sich rasch mit

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