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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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in einer unüberschaubaren Schar berittener Kämpfer. Es berührte sie zutiefst, die so lange Vermissten in diesem Phantasiegespinst zu sehen. Doch gleichzeitig verspürte sie Angst – Angst um diese drei und auch um Reinhard.
    Welchen Befehl hatte Albrecht ihrem Mann erteilt? Früher oder später würde sein doppeltes Spiel auffliegen, und dann war ihm der Tod sicher.
    Als Clara endlich einschlief, suchten grauenvolle Träume sie heim: voller Kampflärm, Schreien und Blut.

Ottos Rückkehr
    F ünf Tage nach dem überraschenden Eintreffen des königlichen Boten ließ Albrecht Vorkehrungen für seinen eigenen Aufbruch treffen. Zunächst brachte niemand von Dienerschaft und Besatzung auf dem Meißner Burgberg beide Ereignisse miteinander in Verbindung. Ein Herrscher war eben die meiste Zeit auf Reisen, und ganz besonders jemand, der gerade erst die Macht übernommen hatte.
    Einzig Clara ahnte seit Elmars Drohung, dass es mit der bevorstehenden Abreise Albrechts eine außergewöhnliche Bewandtnis haben könnte. Die Bestätigung für ihre heimliche Hoffnung kam fast sofort: Guntram schickte ihr durch eine Magd in einem unbeobachteten Moment die Nachricht, dass die Rückkehr des alten Markgrafen unmittelbar bevorstehe.
    Durch nichts ließ sie sich etwas von diesem Wissen anmerken; sie schaffte es sogar, sich betrübt statt erleichtert zu geben, als Sophia verkündete, die Herrin von Reinhardsberg gehöre nicht zu den Damen, die sie begleiten sollten.
    Der Markgraf würde mit sorgfältig ausgesuchter Gesellschaft reisen: sein Truchsess, sein Mundschenk, der Marschall und zwei Dutzend zuverlässiger Kämpfer, dazu natürlich noch Knappen, Reisige und Diener. Und da Damen mitreisten, war es selbstverständlich, dass auch mit Truhen beladene Karren zum Tross gehörten. Lucardis, die Frau des Marschalls, bei der Clara erste Anzeichen einer Schwangerschaft zu erkennen glaubte, und noch ein paar Kammerfrauen und Mägde sollten die Fürstin begleiten.
    Doch dann erließ der neue Markgraf Befehle, die in der Dienerschaft für erschrockenes Zögern sorgten.
    »Habe ich mich nicht klar und deutlich ausgedrückt?!«, brüllte Albrecht über den Hof.
    Als niemand zu antworten wagte, ließ er den alten Haushofmeister seines Vaters rufen, einen hageren Mann mit inzwischen kahlem Kopf, der wegen seiner hochfahrenden Art recht unbeliebt unter dem Gesinde war.
    »Wieso werden meine Befehle nicht befolgt?«, fuhr er ihn an.
    Der dürre Haushofmeister wand sich unter dem strengen Blick des neuen Herrn. Schließlich hatte er während Ottos Regentschaft die Aufsicht über das kostbare Tafelgeschirr, die Wandbehänge und die anderen wertvollen Gegenstände in der Halle gehabt – all die Dinge, die gemäß Albrechts Befehlen in Truhen gepackt und auf die Karren geladen werden sollten.
    »Gehört das nicht alles mir?«, fragte Albrecht drohend.
    Als er nicht schnell genug Antwort bekam, befahl er: »Sechzig Hiebe dafür, dass er mir den Gehorsam verweigert!«
    Der Haushofmeister schrie vor Entsetzen auf, sackte in die Knie und bat jammernd um Gnade. Mit unverkennbarer Genugtuung gab
     Albrecht einem der Reitknechte das Zeichen, die Bestrafung vorzunehmen.
    Das gesamte Gesinde wurde auf dem Hof zusammengerufen, um mit anzusehen, wie Ungehorsam geahndet wurde.
    Der Knecht zerrte dem Haushofmeister Bliaut und Untergewand über den Kopf und warf sie achtlos auf den schlammbedeckten Boden, dann band er den Kahlen an den Schandpfahl und ließ die Gerte auf den entblößten Rücken niedersausen.
    Mancher unter den Dienern empfand anfangs noch Schadenfreude, dass es den Hochnäsigen auch einmal erwischte, der sich vor Schmerz und Angst die Seele aus dem Leib schrie. Sie alle hatten schon Schläge hinnehmen müssen. Doch niemand von ihnen vermochte sich vorzustellen, wie der Alte sechzig Hiebe von solcher Wucht überleben könnte.
    »Sie schlagen ihn tot«, flüsterte die jüngste Backmagd und bekreuzigte sich.
    Einige von Albrechts Männern machten sich inzwischen einen Spaß daraus, mitzuzählen. Längst hatte der Alte aufgehört zu schreien; niemand wusste, ob er nur ohnmächtig oder schon tot war.
    »Er bleibt hier hängen bis morgen früh!«, befahl Albrecht, nachdem sein Knecht den letzten Hieb ausgeteilt hatte. »War das anschaulich genug, damit meine Befehle künftig befolgt werden?«
    Ohne jegliches Wort und mit gesenkten Lidern füllten die Diener die Truhen und hievten sie auf die bereitstehenden Ochsenkarren. Auch als acht Männer eine

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