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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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gefallen war, oder die unglaubliche Höhe der Belohnung.
    »Ruhe!«, brüllte der Vogt, der nicht besonders glücklich über diese Veränderungen wirkte. »An der Schuld von Ritter Lukas besteht kein Zweifel. Er hat dem Fürsten den Gehorsam verweigert, obwohl er ihm hier vor aller Augen Treue geschworen hat. Jetzt geht gefälligst wieder an eure Arbeit und sorgt für Ruhe und Frieden in der Stadt!«
    »Friedhofsruhe«, sagte der Jonas voller Bitterkeit leise zu Friedrich, dem Fuhrmann, und dem Bergschmied Karl, die etwas abseits von den übrigen Ratsherren standen. »Gott steh Lukas und Marthe bei! Und Clara und Daniel!«
    Durch Daniel hatte er die schlimmen Neuigkeiten erfahren und sich sofort bereit erklärt, den kleinen Konrad bei sich aufzunehmen, Lukas’ und Marthes Sohn. In der Schar seiner Kinder und Enkel fiel der Junge nicht weiter auf, und seinen Nachbarn konnte er vertrauen.
    »Was meint Ihr, Meister Jonas, wird Lukas hier auftauchen?«, fragte der alte Friedrich leise.
    »Nein, er wird niemanden in Gefahr bringen wollen. Ich habe vorhin schon meinen Ältesten nach Meißen geschickt, der sich bei seinem Bruder umhört. Vielleicht weiß Guntram mehr oder hat sogar eine Nachricht für uns.«
     
    Nachdem sich die Menge auf dem Burghof aufgelöst hatte, verlangte Rutger, dass sich der Gehilfe des Stallmeisters bei ihm melden sollte. Er war gespannt, zu erfahren, ob der auch plötzlich verschwunden war. Das würde ihn nicht wundern angesichts dessen, dass es in der Stadt von Leuten nur so wimmelte, die Christian nachtrauerten und nun auch Lukas nachtrauern würden.
    Doch wider Erwarten tauchte der strohblonde Mann bald vor ihm auf, verbeugte sich höflich und fragte nach seinen Wünschen.
    Rutger musterte ihn mit kaltem Blick.
    »Ich weiß, wer du bist und was du bist«, sagte er und gab sich alle Mühe, so viel Drohung wie nur möglich in diese Worte zu legen. »Und ich werde dich nicht aus den Augen lassen.«
    Als ob ich vergessen könnte, wer und was
du
bist, dachte Christian grimmig und hatte Not, den Zorn aus seinen Gesichtszügen herauszuhalten.
    Durch Jonas wusste er von dem Geschehen in Meißen und hätte auf diesen aufgeblasenen Kerl einprügeln können vor Trauer und Wut. Doch das wäre sein Tod gewesen – und der seiner kleinen Familie, von Anna und dem kleinen Christian.
    Also blieb er stehen und hielt sich mit Mühe davon ab, die Hände zu Fäusten zu ballen.
    Es war ein stummer Zweikampf zwischen den beiden fast Gleichaltrigen: dem ersten in Christiansdorf geborenen Kind, das inzwischen zur rechten Hand des Stallmeisters geworden war, dennoch ein Mann, der jedem Ritter bedingungslos Gehorsam zu leisten hatte. Und dem Sohn von Christians Erzfeind Randolf, der sich seine vorzeitige Erhebung in den Ritterstand mit dem Verrat am alten Markgrafen erschlichen hatte und nun Befehlsgewalt über Freiberg besaß.
    Es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis Rutger seinem Gegenüber mit einer verächtlichen Handbewegung erlaubte, zu gehen.
    Dann befahl er die Frau des Burgvogtes zu sich. Schnaufend tauchte die dicke Ida vor ihm auf und erkundigte sich aufgeregt nach seinen Wünschen.
    »Ich brauche ein, zwei Mägde für mein Haus. Aber junge und hübsche! Bring ein paar hierher, damit ich mir jemand Passendes aussuchen kann!«
    Mit einer tiefen Verbeugung verschwand Ida und überlegte, wen sie dem jungen Ritter anbieten konnte. Der war wohl zu geizig, ins Hurenhaus zu gehen. Aber sein Ziehvater war der Truchsess und engster Vertrauter des neuen Fürsten, und deshalb sollte sie ihr Bestes geben, ihn zufriedenzustellen.
    Wenig später reihten sich vier junge Mädchen aus den Spinn- und Nähstuben vor Rutger auf, die ihn ängstlich, verlegen oder neugierig musterten. Nur eine hielt den Blick streng auf den Boden gerichtet. Sie hatte kastanienbraunes Haar, und damit war seine Wahl bereits getroffen. An ihr würde er heute Nacht in aller Gründlichkeit seine Wut darüber auslassen, dass ihm Clara schon wieder entwischt war.
    »Du da – und die Blonde! Ihr meldet euch sofort in meinem Haus und sorgt dafür, dass es mir an nichts fehlt.« Die Blonde war wirklich hübsch, die konnte er sich in sein Bett holen, wenn er mit der Rotbraunen fertig war und sie winselnd um Gnade bat.
    Die Mädchen knicksten tief und wurden von Ida fortgescheucht.
    Mit einem nachdenklichen Blick auf den neuen Befehlshaber sann sie darüber nach, ob sie ihm nicht doch noch eine der erfahrenen Huren schicken sollte, im schlimmsten Fall auf

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