Der Fluch der Hebamme
brauste Albrecht auf. »Ein Reisender, ein plappernder Diener, die Tauben auf dem Dach …«
»Die so schnell bis nach Ungarn flatterten? Oder sogar noch weiter?«, wandte nun auch Gerald zweifelnd ein.
»Vielleicht hat Euer Vater, dessen Klugheit man nicht unterschätzen sollte, einen Weg gefunden, Euch beim Kaiser anzuschwärzen«, meinte Elmar mit gerunzelter Stirn. »Oder Eure Mutter. Ich habe da einen Verdacht … Wenn Ihr mir freie Hand gewähren wollt, Durchlaucht, um dieser Sache nachzugehen …«
»Tut, was Ihr müsst, um herauszufinden, wer hier ein falsches Spiel treibt, und tötet den Verräter!«, entschied Albrecht sofort.
»Und wen schicken wir nach Döben, um Euren Vater freizulassen und hierherzugeleiten?«, fragte Gerald.
Wer diesen unliebsamen Auftrag übernahm, den würde nicht nur Ottos unverhüllter Zorn als Ersten treffen. Es musste unbedingt jemand sein, der die Dinge so darstellen konnte, dass Albrecht in nicht allzu schlechtem Licht dastand.
»Wenn Ihr mir erlauben wollt, auch diese leidige Angelegenheit in die Hand zu nehmen«, erbot sich der Truchsess, als die anderen schwiegen. Dem anzüglichen Lächeln auf seinem Gesicht zufolge hatte er bereits einen Plan.
Als Albrecht mit einer Handbewegung zustimmte, erteilte Elmar draußen einem der Diener einen Befehl.
»Vielleicht gelingt es uns so, gleich mehrere Vöglein in einer Falle zu fangen«, meinte er gutgelaunt, nachdem der Diener gegangen war.
Kurz darauf betrat Reinhard den Saal und kniete nieder.
»Durchlaucht!«
Albrecht erlaubte ihm, aufzustehen, während er den dunkelhaarigen Ritter musterte.
»Eure Ratschläge, Freiberg betreffend, haben sich als nützlich erwiesen«, erklärte er und zog eine Augenbraue hoch. »Ich hoffe, Ihr seid mit Eurem Teil des Handels zufrieden.«
»Wenn ich Euch damit dienen konnte, Hoheit, bin ich es«, antwortete Reinhard, ohne zu zögern.
»Euer Weib!«, meinte Elmar und verdrehte die Augen angesichts dessen, dass der andere das Ziel von Albrechts Nachfrage wohl verkannt hatte. Er grinste und fragte: »Gehorcht sie inzwischen? Oder müsste Ihr sie immer noch jeden Abend verprügeln, mein Freund?«
Die anderen lachten.
Reinhard verzog verächtlich das Gesicht. »Seit ich mein erstes Weib begraben musste, sind mir alle anderen gleich. Gibt es Anlass zur Klage über sie? Seid versichert, dass ich sie hart bestrafe, sollte sie Euern Unwillen erregt haben.«
»Ich will mich nur vergewissern, dass es Euch wohl ergeht«, tat Albrecht beschwichtigend. Dabei war er wirklich gespannt, welchen Plan sein Truchsess ersonnen hatte. Mit einer auffordernden Geste überließ er dem Älteren das Reden.
In knappen Worten wiederholte Elmar die Befehle des Königs.
»Können wir in dieser Lage ganz auf dich zählen, mein Freund?«, fragte er und deutete mit der vertraulichen Anrede an, dass das nun folgende Gespräch ausschließlich für ihre Ohren bestimmt war.
Sie waren nur zu fünft in diesem Raum: Albrecht, seine drei höchsten Hofbeamten und Reinhard, der zu ihrem engeren Freundeskreis zählte.
Reinhard blickte dem Fürsten offen ins Gesicht. »Selbstverständlich, Durchlaucht. Wie kann ich Euch zu Diensten sein?«
»Indem Ihr nach Döben reitet und dem alten Markgrafen die Neuigkeiten mitteilt. Besänftigt ihn und bleibt an seiner Seite – als unser Spion und Fürsprecher.«
Reinhard nickte zustimmend, doch er wirkte nachdenklich.
»Sehe ich da ein Zögern?«, fragte Albrecht scharf.
»Ganz und gar nicht, Durchlaucht! Ich überlege nur … Wenn ich vortäusche, ich würde auf die Seite Eures Vaters überwechseln … Vielleicht sollte ich nicht als derjenige kommen, der die offizielle Kunde von seiner Freilassung bringt, sondern behaupten, ich hätte vom Befehl des Königs erfahren und sei sofort auf eigene Faust losgeritten, um ihm von der Aussicht auf Freiheit zu berichten. Das wird ihn für mich einnehmen. Der Bote mit dem königlichen Befehl könnte dann einen Tag nach mir in Döben eintreffen.«
»Sehr gut!«, lobte Elmar. »Mein Freund, ich muss zugeben, als Ränkeschmied stehst du mir kaum nach.«
Er gab Giselbert ein Zeichen, ihnen allen Wein einzuschenken.
Dann drehte der Truchsess seine Bartspitzen nach oben und sah triumphierend zu Albrecht. »Ein guter Einfall, nicht wahr, Durchlaucht? Kein Mensch kann erwarten, dass Ihr noch mitten in der Nacht einen Boten nach Döben hetzt. Morgen früh ist völlig ausreichend, um dem kaiserlichen Befehl gemäß zu handeln. Dann sieht
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