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Der Fluch der Hebamme

Titel: Der Fluch der Hebamme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Ebert
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ernannte behäbige Ritter auf sein Amt und goss Albrecht, Elmar, Gerald und sich Wein ein.
    »Auf Euern Sieg! Die Mark Meißen ist Euch gewiss!«, rief Elmar und prostete Albrecht zu.
    »Aber wann?«, schrie dieser und hieb mit der flachen Hand auf den Tisch. »Soll ich mich jetzt wirklich verkriechen, bis der Alte endlich ein Einsehen hat und das Zeitliche segnet?«
    Allein die Vorstellung verursachte ihm Übelkeit. Und welche Häme würde seine Frau über ihn ausbreiten!
    Aber noch weniger mochte er sich vorstellen, seinem Vater gegenüberzutreten und dessen Wutausbrüche über sich ergehen zu lassen. Der Gedanke bereitete ihm trotz seiner dreißig Jahre regelrecht Furcht. Er fühlte sich wie ein Kind, das bei etwas Unrechtem ertappt worden war und nun auf die Bestrafung wartete.
    Früher, ja, da hatte er in Vaters Gunst gestanden und durfte tun, was er wollte. Aber in den letzten Jahren musste er auf der Hut sein. Der Alte traute ihm nicht mehr. Das war offenkundig nach den Blicken, mit denen er seinen Erstgeborenen beäugte, und nach den vielen demütigenden Ermahnungen.
    »Eher brenne ich die Mark Meißen nieder, als vor dem alten Mann zu Kreuze zu kriechen und sie ihm herauszugeben!«, wütete er, trank mit einem Zug seinen Becher leer und stellte ihn krachend ab. »Ich sollte alles niederbrennen! Nichts soll ihm bleiben, nur rauchende Trümmer …«
    Wieder einmal war es Elmar, der seine Gedanken in die richtige Richtung lenkte. »Bedenkt, Hoheit: Damit würdet Ihr nur Euer eigenes Land zerstören – und womöglich die Gunst des Königs verspielen. Habt nur etwas Geduld, dann gehört es wieder Euch. Vertreiben wir uns die Zeit mit der Jagd, oder bieten wir dem König unsere Dienste an. Er braucht zum Kampf entschlossene Männer. Der Friede, den der alte Kaiser geschlossen hat, wird nicht ewig dauern. Dann werdet
Ihr
dem König Truppen in den Krieg führen, nicht Euer greiser Vater. Ist es nicht das, was zählt?«
    »Seine Majestät gab Euch doch einen ausgezeichneten Rat«, hieb der Marschall nun in die gleiche Kerbe. »Tretet Euerm Vater erst im Beisein des Königs wieder vor Augen. Dem Befehl zur Versöhnung muss der alte Mann folgen. Der König baut Euch goldene Brücken. Ihr steht also nach wie vor in seiner Gunst.«
    Unstet ließ Albrecht den Blick zwischen seinen drei Ratgebern hin und her wandern und versuchte, seiner brodelnden Gefühle Herr zu werden.
    Das königliche Schlichtungsangebot erleichterte ihm die Sache tatsächlich. Doch er hatte Mühe, sich vorzustellen, wie sein Vater ihm vor dem gesamten Hofstaat den Friedenskuss gab. Genauso wenig konnte er sich vorstellen, ihn zum Zeichen dafür zu umarmen, dass der Streit begraben war. Sie waren beide unversöhnlich in ihrem Stolz und hatten sich in Döben Dinge an den Kopf geworfen, die keiner von ihnen dem anderen je vergessen würde.
    Doch wohin sollte er so lange gehen? Und wer würde ihm folgen?
    »Ihr werdet mit mir reisen müssen. Oder glaubt Ihr etwa, mein Vater würde Euch nachsehen, dass Ihr die Seiten gewechselt habt?«, sagte er schroff zu seinen Beratern und lauerte gespannt, was sie wohl darauf sagen würden.
    Elmar war keinerlei Überraschung anzusehen. Der alte Ränkeschmied wirkte gleichmütig, als habe er das vorausgesehen. Am Ende hatte er das sogar.
    Auch Giselbert zuckte mit den Schultern und antwortete sofort: »Natürlich begleite ich Euch, Durchlaucht. Wir könnten uns auf eines meiner Güter zurückziehen. Es wird ja nicht für lange sein.«
    Gerald wirkte sogar ziemlich erleichtert darüber, eine direkte Auseinandersetzung mit dem alten Markgrafen vermeiden zu können. »Wir sollten das Ziel unserer Reise geheim halten«, schlug der Marschall vor. »Niemand außer uns kennt die Botschaft des Königs. Verkündet, dass Ihr Euch auf einen Umritt durch die Mark Meißen begebt, und niemand wird Euch etwas nachsagen können.«
    Dieser Vorschlag gefiel Albrecht. So würde er wenigstens halbwegs das Gesicht wahren können. Und niemand würde sich etwas dabei denken, wenn die Frau des Marschalls mit ihnen ritt. Wenn er schon Meißen verlassen musste – auf Lucardis wollte er nicht verzichten.
    Doch Elmars nächste Worte brachten seine aufflackernde Zuversicht wieder zum Schwinden. Nachdenklich verschränkte der Truchsess die Arme vor der Brust und fragte: »Wie hat der Kaiser eigentlich davon erfahren, dass es keine Unpässlichkeit ist, die Euern Vater in Döben festhält?«
    »Da gibt es nun wirklich hundert Möglichkeiten!«,

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