Der Fluch der Hebamme
Bote eintrat, bezwang Albrecht nur mit Mühe seine Unruhe. Was würde der König von ihm wollen?
Plötzlich – und das im ungünstigsten Moment – schien Bewegung in seinem Gedärm aufzukommen.
Zwar hatte er sich das Wohlwollen des Königs bereits erworben, als dieser noch ein Jüngling war,
und
er hatte das Recht auf seiner Seite. Sein Vater durfte ihm das Erbe nicht vorenthalten. Doch König Heinrich war unberechenbar in seinen Launen und von maßloser Grausamkeit in seinem Zorn.
Der Bote – ein älterer Mann mit einem zerfetzten Augenlid – trat näher und verneigte sich.
»Ich bringe Botschaften für Fürst Albrecht von Wettin, die nur für ihn bestimmt sind«, verkündete er und richtete einen auffordernden Blick auf die drei Männer, die neben beziehungsweise hinter Ottos Erstgeborenem standen.
»Das sind mein Truchsess, mein Schenk und mein Marschall«, entgegnete Albrecht unwirsch. Von einem Ministerialen – und der Bote war trotz seiner kostbaren Kleidung ganz sicher ein unfreier Dienstmann des Königs – ließ er sich keine Anweisungen erteilen!
Der Bote nahm die Zurechtweisung mit unbewegter Miene entgegen, räusperte sich und holte tief Luft. »Im Namen der heiligen und unteilbaren Dreifaltigkeit! Heinrich, durch Gottes Gnade erhabener König der Römer …«
Schroff unterbrach Albrecht den Mann dabei, alle Titel und Ämter des Königs aufzuzählen.
»Kommt gleich zur Sache!«
Der Bote warf einen tadelnden Blick auf den ungeduldigen Wettiner und reichte ihm ein Pergament mit dem königlichen Siegel.
»Der König übermittelt Euch den Willen und Befehl Seiner Kaiserlichen Majestät, unverzüglich Euren Vater Otto von Wettin sowie Eure Mutter auf freien Fuß zu setzen. Sonst entzieht er Euch seine kaiserliche Gnade. Gleichzeitig ergeht der Befehl des Königs an Fürst Otto von Meißen, Euch als alleinigen Erben der Markgrafschaft einzusetzen und Euch die Regentschaft nach seinem Tode zu übertragen.«
Da der Bote offenkundig von sich aus vorerst nichts mehr sagen würde, erbrach Albrecht hastig das Siegel und überflog das Schreiben, wobei er die Begrüßungsformeln übersprang, die den größten Teil des Blattes einnahmen. Es stand darin nur das, was er soeben zu hören bekommen hatte.
Er tauschte einen Blick mit Elmar, hinter dessen scheinbar gelassener Miene er Triumph erkennen konnte.
Die Mark Meißen war sein! Ihm durch königlichen Entschluss zugesprochen. Doch der erste Teil der Order schlug ihm gründlich auf den Magen. Musste er seinen Vater tatsächlich wieder auf den Meißner Burgberg lassen? Wenn er sich dessen bevorstehenden Wutausbruch ausmalte, wünschte er sich weit fort von hier. Bis der Alte starb, würde nun kein Platz mehr für sie beide auf dem Burgberg sein …
Gab es einen Weg, die Sache zu umgehen? Sollte er dafür sorgen, dass dem alten Mann, der immerhin fast siebzig Jahre zählte, auf dem Weg hierher durch bedauerliche Umstände etwas zustieß? Er hätte es gleich tun sollen, statt ihn erst in Döben festzusetzen!
»Hat Seine Majestät weitere Botschaften für mich?«, erkundigte er sich in der verzweifelten Hoffnung auf einen Ausweg. So, wie er den König kannte, war da noch etwas, das dieser dem Pergament nicht anvertrauen würde. Nur um ein Schreiben zu überbringen, ohne vertraulichen Zusatz, hätte er sicher nicht einen so erfahrenen und den teuren Kleidern nach bewährten Mann geschickt. Albrecht glaubte zu wissen, wer da vor ihm stand, auch wenn er ihn noch nicht gesehen hatte. Die Verletzung des Augenlids war zu auffällig.
Er hoffte inständig, dass sich der König der guten Dienste erinnerte, die er ihm geleistet hatte, und ihn nun nicht fallenließ.
»Seine königliche Hoheit ermahnt Euch, sich in Geduld zu üben, bis Euer Tag kommt. Einen Verstoß gegen den kaiserlichen Befehl wird er nicht dulden. Ist eine Versöhnung aus freien Stücken nicht möglich, wird er sie auf einem der nächsten Hoftage befehlen.«
Der Bote räusperte sich erneut und sagte etwas leiser: »Womöglich meidet Ihr besser so lange eine Begegnung mit Eurem Vater.«
Einen Augenblick lang herrschte Stille im Saal.
Dann antwortete Albrecht mühsam beherrscht: »Dankt Seiner Majestät für diesen Rat. Man soll Euch angemessen entlohnen und bewirten.«
Er gab Giselbert ein Zeichen. Dieser begleitete den königlichen Boten zur Tür hinaus, erteilte den draußen wartenden Bediensteten Anweisungen und kehrte kurz darauf zurück. Dann besann sich der zum Mundschenk
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