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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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tun, und das wollen wir ja nicht.“
    Die Mündung der Waffe zielte nun direkt auf Roberts Kopf. Er sah Bley groß an, griff schweigend nach dem Messer, und ließ es nach verrichteter Arbeit auf dieselbe Art und Weise zurück zu Bley gleiten.
    „Wenn ihr mir dann bitte folgen würdet“, flötete er und winkte uns mit der Kanone in den offenen Saal. Als ich an ihm vorbei kam, warf ich ihm einen verachtungsvollen, bitterbösen Blick zu, der alles, was ich ihm gerne gesagt hätte und es nicht durfte, wettmachte. „Na, Bley, tut das Brandmal noch weh?“, raunte ich ihm zu. Für einen kurzen Moment flackerte es in Bleys Augen, und wenn ich es nicht besser gewusst hätte, so hätte ich fast geglaubt, Bley in seinem Innersten getroffen zu haben. Doch was für ein Herz konnte dieser Mann, der uns nach Strich und Faden betrogen hatte, denn schon haben? Bley war ein Makaá! Oder ein Erbe der Makaá , wie sich Carlos ausgedrückt hatte. Ich fasste es nicht…
    Noch weniger konnte ich fassen, als ich sah, wer noch in die Höhle getreten war. Ich erkannte ihn sogleich, den jungen Venezolaner, der mir vor Urzeiten das Geheimnis der Odalisque verraten hatte: Juan Santos, einer der Angestellten des Sofia Imber Museums! Also war er es, der laut Zeitungsbericht auf mysteriöse Weise verschwunden war, und nicht Rico de Silva! Und hinter ihm – mir stockte der Atem – stand eine hochgewachsene Frau. Auch wenn sie diesmal kein rotes Kleid trug, ich wusste sofort, wer sie war. Ihr linker Arm war ebenso wie der von Bley vom Handgelenk aufwärts bis zum Ellbogen in einen Verband gehüllt: Karina. Sie tat meinen fragenden Blick mit einem leichtfertigen Schulterzucken ab, lächelte mir sogar ein wenig zu, und beeilte sich dann zu Carlos zu laufen und ihm einen leidenschaftlichen Kuss aufzudrücken. Das also war ihr Verlobter!
    Mir schauderte. Und Bley, Bley war…
    „Daniel B.“, hörte ich Robert leise flüstern und wusste, dass er genau dasselbe dachte wie ich. Ich blickte ihn an und nickte. „Daniel Bley. – Wir waren ja so doof!“, flüsterte ich blass vor Wut. Und mit wir meinte ich eigentlich mich selber. Denn ich war es ja, die Bley Vertrauen geschenkt hatte, als bei Robert und Mateo schon die Alarmglocken geläutet hatten.
    Mateo! Was war eigentlich mit ihm? War er etwa auch ein Erbe der Makaá? Wundern würde mich langsam gar nichts mehr. Aber wie zum Henker passte er nur in das Bild?
    Das Bild!
    „Die Odalisque!“, hörte ich meinen Vater plötzlich rufen.
    Während die Gedanken in meinem Kopf Achterbahn fuhren, hatte ich gar nicht bewusst wahrgenommen, dass Carlos und seine Leute – bis auf Bley, der uns natürlich bewachte – in den Winkel des Saales eingetaucht waren, den wir noch nicht erforscht hatten. Juan trug das kostbare Gemälde, das provisorisch mit einer durchsichtigen Plastikfolie geschützt war. „Bald hast du wieder Platz zum Tanzen, meine Schöne“, raunte Juan der Odalisque in roten Hosen zu, als könnte sie ihn verstehen.
    „Wehe, dem Bild passiert etwas!“, drohte meine Mutter und ließ ihre Augen nicht von der in Öl gefassten Orientalin, bei der – so viel war klar – es sich um keine Fälschung handelte. Dies war der echte Matisse.
    Juan schenkte meinen Eltern keine Beachtung. Sie konnten nur darauf hoffen, dass ihm, der Kunstverständnis besaß, dieses nicht abhanden gekommen war, als er die Seiten gewechselt hatte.
    „Juan“, rief mein Vater nun so laut, dass dieser es nicht überhören konnte. Er drehte sich um und blickte meinen Vater an. „Wie hast du es geschafft? Wie hast du das Original gegen die Fälschung austauschen können?“
    Juans Mundwinkel zuckten und ein selbstgefälliges Lächeln erschien auf seinem Gesicht. „Wenn ich dir das verrate“, sagte er, „dann muss Bley dich töten.“
    Damit drehte er sich um und schaffte die Odalisque aus dem Saal. Nun kamen auch Karina, Carlos und ein weiterer Mann, der mir aufgrund meiner Verblüffung Juan und Karina zu entdecken, gar nicht aufgefallen war, zurück. Ich hörte Carlos ihn Pablo nennen. Er war breit, von großer Statur und kräftig wie ein Möbelpacker. Er trug ein altes, verfärbtes Hemd mit langen Ärmeln. Doch ich konnte schwören, dass auch auf seinem Arm, unter dem Ärmel verborgen, das Zeichen der Makaá prangte. Jeder von diesen selbsterklärten Erben des alten Indianerbundes hatte etwas in den Händen. Das Diebesgut war entweder in Decken oder in Plastik gehüllt. Der Form nach handelte es sich nicht nur um

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