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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Klecks, der den Tafelberg markierte.
    „Mensch, Oli“, rief ich aufgeregt. „Das ist mir ja noch gar nicht aufgefallen! Das muss ein Flughafen sein – vielleicht eine Landebahn oder etwas Ähnliches. Schau, bei Cumana, dem Ort, von dem wir abgeflogen sind, gibt es auch dieses Symbol.“
    Ich ließ Robert einen Blick auf die Karte werfen. „Großartig“, stimmte er zu. „Jetzt haben wir eine Richtung und ein Ziel!“
    Wir beschlossen, keine Zeit zu vergeuden und sofort aufzubrechen. Auf der Karte schien die Entfernung zum Flugplatz gering zu sein, doch wie lange es dauern würde dorthin zu gelangen, das war ungewiss – zumal wir uns nicht auf offenem Feld, sondern im tiefsten Dschungel befanden. Erneut schulterte ich den Beutel mit unseren Vorräten und bahnte einen Weg durch das dichte Gestrüpp. Oliver hatten wir in die Mitte genommen, und Robert bildete das Schlusslicht. Die Sonne blitzte vereinzelt durch die dichten Baumkronen und warf diffuse Lichtkegel auf unseren Weg.
    Während für meine Brüder und mich das Abenteuer gerade begonnen hatte, und wir noch weit von unserem Ziel entfernt waren, waren die Wassermassen der Angel Falls nach ihrem hohen Fall schließlich in ruhigen Gewässern angekommen.
    Als das Rauschen mit jedem Schritt, der uns vorwärts führte, allmählich verebbte und zu einem wehmütigen Säuseln wurde, hatten wir alle das sichere Gefühl, Jimmy Angel hätte uns persönlich viel Glück auf unserer Reise gewünscht.

W enn man den ganzen Tag lang durch einen fast undurchdringlichen Urwald läuft, der einem fremder ist als alles, was man bisher gekannt hatte, wenn man nicht weiß, ob und wann das dunkle, schattige Grün aufbrechen wird, um den Blick freizugeben – wenn man nur hoffen und beten kann, die richtige Richtung eingeschlagen zu haben, dann werden die Sekunden zu Minuten und die Minuten zu Stunden. Nur einmal hatten meine Brüder und ich uns eine kurze Rast gegönnt. Es musste um die Mittagszeit gewesen sein, unseren hungrigen Mägen nach zu urteilen. Robert, der als einziger von uns eine Armbanduhr besaß, hatte diese noch in der vergangenen Nacht abgelegt – sie hatte den Flugzeugabsturz nicht überlebt. Jeder von uns aß ein Sandwich und trank etwas Wasser, bevor wir uns wieder auf den Weg machten.
    „Je länger die Strecke ist, die wir heute zurücklegen, desto kürzer wird die Strecke morgen sein“, mahnte ich meine Brüder, wenn sie zu maulen anfingen. Besser gesagt, wenn Oliver zu maulen anfing.
    Robert verlor kein Wort über sein Unbehagen, doch Oliver fiel es bald immer schwerer, seine Beine zum Vorwärtsgehen zu bewegen, und er brummelte unablässig irgendetwas vor sich hin, was sich ganz stark nach schlimmen Flüchen anhörte. Natürlich mussten wir auf den Kleinsten von uns Rücksicht nehmen, und so verlangsamten Robert und ich unser Tempo, doch wenn wir auf Olis Drängen eine Pause einlegten, dann nie länger als ein paar Minuten. „Sonst kommen wir nie ans Ziel“, war unsere eintönige Rechtfertigung. Manchmal konnten wir ihn mit ein paar wunderschönen orchideenartigen Blumen ablenken, die es zwischen den verschiedenartigsten Pflanzen und Bäumen in farbenprächtiger Vielfalt gab. Verstehen konnten wir unseren kleinen Bruder nur zu gut. Als Stadtkinder waren wir lange Fußmärsche einfach nicht gewöhnt, schon gar keine, die durch Urwald und über morastigen Boden führten, in dem wir mal mehr, mal weniger einsackten. Bald schon hatte sich eine dicke Schlammschicht um unsere Füße gebildet, sodass wir mit jedem Schritt ein zusätzliches Gewicht mit uns herumschleppten. Hinzu kam, dass wir stets das eigenartige Gefühl hatten, unbefugt durch fremdes Territorium zu laufen, in welchem Besuch selten, wenn nicht sogar unerwünscht war. Der Dschungel war nicht das Reich von Menschen, sondern die Heimat vieler Tiere, von denen wir jedoch mehr zu hören als zu sehen bekamen. Manchmal flatterten ein paar Vögel auf, wenn wir sie versehentlich aufschreckten. Zwei kleine, braune Äffchen schwangen sich von Liane zu Liane und beobachteten uns mit interessierten Augen, von denen wir noch tausende in unseren Nacken zu spüren glaubten. Einmal kroch sogar eine Schlange über unseren Weg. Da ich jedoch im Reiseführer gelesen hatte, dass es nur wenige giftige Tiere in Venezuela gibt, konnte ich mich und meine Brüder etwas beruhigen. Wer weiß, wie ängstlich wir sonst durch diesen Wald gelaufen wären! Die Nahrungsmittel hatten wir auf Roberts Rucksack und den Beutel

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