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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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sich die silbrigen Tropfen auf den Lianen und Kletterpflanzen, von denen einige auch den runden Rücken der Cessna bedeckten, als ob sie das Flugzeug nicht mehr loslassen wollten. Wahrscheinlich hatten die robusten Schnüre dieser Pflanzen auch dazu beigetragen, unseren Absturz zu mildern. Ich trat an die Öffnung, wo einmal die Flugzeugtür gewesen war und atmete tief ein. Die Luft schmeckte feucht und erdig. Sie roch nach Blüten und Wurzeln, doch trug sie noch unzählige andere Aromen in sich, die ich nicht zu deuten vermochte. Der Morgen hatte eine klamme Kühle über das Land getragen, als wollte er die Ereignisse der Nacht mit einem feuchten Tuch wegwischen und von vorne anfangen. Wenn das so einfach wäre , dachte ich und rubbelte meine Hände gegeneinander. Mir fröstelte. Ich tröstete mich mit dem Gedanken, dass die Sonne sehr bald zu ihrer gewohnten Kraft zurückfinden und ihren warmen Atem über Venezuela blasen würde. Du wirst dir schon bald wünschen, es wäre so kühl geblieben, Mel.
    Langsam stieg ich aus dem Flugzeug und setzte meine Füße vorsichtig auf den unebenen Grund. Blubbernd sackte der Boden unter mir weg, bis ich knietief im Matsch eingesunken war. Genau das hatte ich aufgrund der Erfahrungen in der letzten Nacht verhindern wollen. Möglich war dies aber deshalb nicht, da wir uns mitten in einem Sumpfgebiet befanden. Erst in einiger Entfernung, wo die verschiedenen Grüntöne der Urwaldpflanzen vor meinem Auge miteinander verschmolzen, meinte ich festeren Untergrund auszumachen.
    „In welche Richtung sollen wir gehen?“, fragte Robert, der hinter mir an der Türöffnung erschienen war. Dass wir das Flugzeug verlassen würden, das hatten wir in der Nacht gemeinsam beschlossen. Auf einen Suchtrupp – falls es überhaupt einen geben würde – konnten wir lange warten, und so viel Zeit hatten wir nicht. Wir mussten herausfinden, was mit unseren Eltern geschehen war.
    „Nun, auf keinen Fall dürfen wir zu den Angel Falls zurücklaufen. Dort finden wir auf viele Kilometer nur Felsen“, überlegte ich. „In der Nähe des Tafelberges gibt es keine Zivilisation. Wir müssen die entgegengesetzte Richtung einschlagen.“
    „Und wo ist deiner Meinung nach entgegengesetzt ?“
    Mein Blick wanderte nach links, dann nach rechts, ich drehte mich einmal im Kreis. Wo waren die verdammten Wasserfälle? Nicht mal ihr Rauschen war zu hören! Ich zog einen schiefen Mund und hob bedauernd die Schultern. „Keine Ahnung. – Einen Augenblick, hatte Carlos nicht gesagt, dass die Angel Falls an der östlichen Seite des Tafelberges hinabstürzen?“
    „Und wo ist Osten?“, fragte Robert ruhig.
    „Da, wo die Sonne aufgeht“, war meine aufschlussreiche Antwort. Die Sache war nur die, dass wir uns mitten im tiefsten Urwald befanden, der nur spärlich Sonnenstrahlen in sich eindringen ließ. Eine Himmelsrichtung auszumachen war unmöglich und einen Kompass hatten wir nicht.
    „Wir müssen wohl oder übel auf gut Glück loslaufen“, überlegte ich. „Oder hast du eine bessere Idee?“
    Robert hatte keine bessere Idee und so war die Sache beschlossen. Rasch trafen wir ein paar Vorbereitungen für unsere bevorstehende Wanderung. Während Robert seine Skizzenblätter einsammelte, die kreuz und quer im ganzen Flugzeug verteilt lagen, durchsuchten Oliver und ich die Cessna nach Nahrungsmitteln. In Flugzeugen, selbst in den kleinsten, gab es immer zumindest Kekse. Irgendwo musste Carlos sie versteckt haben. Wenn ich jetzt doch nur meine Reisebroschüre dabei hätte , dachte ich, dann hätten wir jetzt eine Karte und wüssten ungefähr, wie weit es bis zum nächsten Dorf wäre. Aber die Broschüre befand sich in Roberts Rucksack, und der schien auf immer verloren.
    Kekse fanden wir keine, doch wir stießen auf etwas weitaus Besseres! Ganz hinten in der Gepäckablage hatte jemand eine Kühlbox unter einem Sitzkissen verstaut, die genug Nahrungsmittel enthielt, um damit ein paar Tage überstehen zu können. Da gab es kleine Plastikflaschen mit Wasser und Cola, eine ganze Reihe unterschiedlicher Sandwichs – gut verpackt – deren Haltbarkeitsdatum noch nicht abgelaufen war, ein bisschen abgepackte Hartwurst und jede Menge Salzkräcker. Wir konnten unser Glück kaum fassen, und obwohl wir uns gegenseitig mahnten, sparsam mit den Sachen umzugehen – „wir wissen nicht, wie lange wir davon zehren müssen!“ – gönnten wir uns dennoch jeder ein Sandwich und eine Salami zum Frühstück.
    Da die Kühlbox zu

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