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Der Fluch der Makaá

Der Fluch der Makaá

Titel: Der Fluch der Makaá Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Talbiersky
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Ruhe gelassen. Wir leerten im Gehen eine Tüte Salzgebäck und tranken etwas Wasser. Doch auch damit mussten wir sparsamer umgehen. Selbst unsere ganzen Wasservorräte hätten nicht ausgereicht, um den Durst zu stillen, den wir eh schon empfanden. Ein paar Mal kamen wir an klaren Bächlein vorbei. Robert schlug vor, die Flaschen mit dem Wasser aufzufüllen, doch ich verbot es meinen Brüdern. „Wascht euch von mir aus damit, aber trinkt es nicht. Wer weiß, was da alles drin rumschwimmt!“
    Als die Strahlen der Sonne wieder schräg durch die Baumkronen fielen, sank mit der Sonne auch unsere Stimmung: erneut hatten wir den Waldrand nicht erreicht, und mussten uns auf eine weitere Nacht in der Wildnis einstellen. Es fiel mir schwer, aufbauende Worte zu finden, um meine Brüder zu motivieren, wo ich selber doch so niedergeschlagen war. Meine Augen sehnten sich nach einem weiten Blick. „Wenn nicht heute, dann halt morgen“, meinte ich und schaffte es sogar, meiner Stimme einen lockeren Klang zu geben und meinen Mund zu einem Lächeln zu verziehen. „Bestimmt“, sagte Robert leise. „Wer’s glaubt…“, war Olivers Kommentar dazu. Mit hungrigem Magen legten wir uns schlafen. Doch so leid mir mein kleiner Bruder auch tat, ich konnte schwören, dass sich niemand von uns Dreien mehr vor der Nacht fürchtete als ich. Nach dem heutigen Tag hatte ich nicht nur Angst vor dem Einschlafen, nein, ich hatte auch Angst vor dem Erwachen.
    Um es kurz zu machen: Wir erreichten den Waldrand am nächsten Tag nicht und auch nicht am darauf folgenden. Am vierten Tag nach unserem Absturz hatten wir weder zu essen noch zu trinken und schleppten uns auf wunden Füßen wie in Trance mehr tot als lebendig durch das Gestrüpp. Wir waren körperlich wie auch seelisch erschöpft und mit unseren Kräften am Ende. Erschwerend kam hinzu, dass die Natur, anstelle sich unserer zu erbarmen, es wohl lustiger fand, uns zu foppen. Immer wieder ließ der Wald seine Baumreihen zu großen Lichtungen aufreißen, sodass wir jedes Mal glaubten, am Ziel zu sein, nur um ein paar Meter weiter wieder vor einer grünen Wand, dicht wie eine Mauer, zu stehen. Unsere Ohren hatten sich mittlerweile so an die Geräusche des Urwaldes gewöhnt, dass uns nichts mehr erschrecken konnte. Den Affen schenkten wir, selbst wenn sie ein paar Meter von uns entfernt in den Zweigen herumkletterten und sich von Liane zu Liane schwangen, kaum noch Beachtung. Sie hatten nichts Essbares für uns, also waren sie uninteressant. Unsere Mägen hingen uns in den Kniekehlen, und wir standen wirklich kurz davor, die Rinde von den Bäumen zu nagen und das Wasser aus den fauligen Tümpeln zu trinken, wenn wir nicht bemerkt hätten, dass die Urwaldgeräusche leiser wurden. Mit jedem Schritt wurden die Pfiffe und die Schreie immer schwächer. Und auch die Tatsache, dass die Bäume nicht mehr ganz so dicht beieinander standen, wie wir es bislang von ihnen gewohnt waren, konnte und durfte kein Zufall sein.
    Der Nachmittag des fünften Tages nach unserem Absturz brachte schließlich Gewissheit, das dunkle Grün des Urwaldes zog sich zurück. Und dann sahen wir folgendes: reines, goldenes Licht ergoss sich verschwenderisch über eine endlose Fläche, die in unendlicher Ferne mit dem Himmel verschmolz. Der Verstand sagte uns, dass die Fläche grün und solide sein musste, doch das Auge gaukelte uns ein goldenes Meer vor, deren strahlende Wogen, bewegt durch einen leichten Wind, sanft über die Welt hinwegrollten.
    „Wir haben es geschafft“, flüsterte ich. Es waren die ersten Worte, die ich an diesem Tag gesprochen hatte. Meine Brüder konnten sich nur innerlich darüber freuen, zu erschöpft waren sie, und in Roberts Augen las ich, dass er bereits weiter gedacht hatte als ich: wir hatten den Waldrand erreicht, die dunkelgrüne Hölle hatten wir hinter uns – die hellgrüne dagegen lag in trügerischer Sanftheit direkt vor uns. Wohin das Auge blickte: es gab keine Anzeichen von Zivilisation: keine Stadt, kein Dorf, nicht einmal Hütten waren zu sehen, geschweige denn ein Flugplatz!
    Was hatten wir uns nur dabei gedacht, das Flugzeug-Wrack zu verlassen! Wie verantwortungslos und naiv waren wir doch gewesen.
    Und was wäre passiert, wenn wir tatsächlich zurückgeblieben wären? Hätte uns jemand gefunden?
    Nein.
    Na also. Wir hatten doch keine Wahl!
    Und jetzt?
    Augen zu und durch… Nicht zurück, sondern nach vorne schauen. Reicht das an guten Sprüchen, Mel?
    Sie sind nicht gut, aber es

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