Der Fluch der Maorifrau
verlieren droht, gehört zu den Verfluchten!«
»Entschuldige, aber was für ein Fluch? Das habe ich schon in den Aufzeichnungen meiner Mutter nicht verstanden«, mischte Tom sich ängstlich ein.
»Ach, nein, was interessiert der Herr Anwalt sich denn dafür?«, schimpfte Liz.
Sophie stieß einen tiefen Seufzer aus. »Bitte nicht streiten! Ich erkläre dir alles später, Tom. Ach, noch besser, du liest es. Ist ja auch deine Geschichte.«
»Darf ich jetzt bitte mal erfahren, was das alles zu bedeuten hat? Und was macht der jetzt hier?«, fragte die alte Dame spitz.
»Tom McLean ist der Vater von Judith' Kind.«
»Ach, nein! Glauben Sie, das weiß ich nicht? Aber drücken wollte er sich. Nicht als Kummer hat er meiner Kleinen gemacht.«
»Liz! Jetzt hören Sie mir aber mal zu! Tom ist nicht nur der Vater von Judith' Kind, sondern auch mein Bruder. Also ein Nachkomme meiner Urururgroßmutter Anna. Und da Judith ein Nachkomme von Ihrer Ahnin Hine ist und sich unsere Familien durch das Baby vereint haben, hat Hine das Aussterben ihrer eigenen Sippe beschworen. Verstehen Sie jetzt? Sie müssen etwas unternehmen. Ich glaube nicht an Maoriflüche, aber Sie. Und deshalb tun Sie endlich was, verdammt noch mal! Voodoo oder so. Und du, fahr bitte schneller!«
Mit quietschenden Bremsen hielten sie schließlich vor der Klinik und sprangen aus dem Wagen. Selbst Liz hüpfte leichtfüßig wie ein junges Mädchen heraus.
Vor einem der Behandlungszimmer saß John mit besorgter Miene. »Die untersuchen sie gerade. Angeblich hat sich der Muttermund bereits geöffnet.«
»Es wird höchste Zeit, dass Sie mal ein ernstes Wort mit Ihren Ahnen reden«, zischte Sophie Liz zu.
Die atmete einmal tief durch, schloss die Augen und murmelte nun beschwörende Formeln in einer eigentümlichen Sprache.
Sophie, Tom und John waren so befremdet, dass sie Liz mit großen Augen anstarrten. Sie merkten nicht einmal, dass der behandelnde Arzt, ein Maori, aus dem Zimmer getreten war. Erst als er Liz eine Hand auf die Schulter legte und raunte: »Die Ahnen haben Ihre Gebete erhört, es ist alles gut!«, bemerkten sie ihn und fielen sich gegenseitig um den Hals.
»Ich glaube, Sie sollten nacheinander zu ihr gehen. Wer von Ihnen ist denn mit der Patientin verwandt?«
Sophie zeigte auf Tom, doch dann erklärte sie grinsend: »Wenn Sie so wollen, sind wir alle miteinander verbandelt, aber ich glaube, mein Bruder macht den Anfang!«
Tom zögerte, doch sie raunte ihm zu: »Sie wird sich freuen. Ganz bestimmt!«
Seufzend folgte er dem Arzt.
Sophie wandte sich an Liz. »Ich glaube, Sie haben Hines Geist erfolgreich überzeugen können, dass sie den Spuk von uns nimmt.«
»Dürfte ich dich jetzt wohl richtig begrüßen?«, unterbrach John sie.
Sophie lachte und bot ihm ihren Mund zum Kuss. »John, würdest du mir helfen, eine gemeinnützige Stiftung zu gründen?«, fragte sie dann unvermittelt.
Der Anwalt schaute sie verblüfft an. »Natürlich, warum nicht? Worum soll es denn gehen?«
»Um die Kate-McDowell-Stiftung zur Förderung junger Künstler!«
»Okay, aber eins nach dem anderen. Lass uns das hier erst mal zu Ende bringen!«
Er zog sie in seine Arme, bis Liz demonstrativ zu hüsteln begann und ungeniert fragte: »Dann dürfen wir bei Ihnen wohl auch bald mit Nachwuchs rechnen?«
»Aber Großmutter Liz, wir haben uns doch gerade erst kennengelernt«, protestierte Sophie, doch dann lächelte sie versonnen. »Ein Mädchen würde ich Anna Kate Emma nennen.«
»Und wenn es ein Junge würde?«, fragte John.
Sie überlegte. »John!«
»Nach mir?«
»Nein, nach Annas John, der zwar irgendwie mit dir verwandt war, aber so fragend, wie du mich anguckst, sollte dir das lieber deine Mutter anhand der Ahnentafel erklären ...«
Sie unterbrach sich, denn nun trat Tom auf sie zu. »Ihr sollt alle mal zu Judith kommen!«, bat er, bevor er Sophie zuraunte. »Stell dir vor, wie sie unser Kind einmal nennen will, wenn es ein Mädchen wird: Hine!« In seinem Blick war Skepsis zu lesen. »Kannst du verstehen, wieso man sein Kind so nennen kann?«
Sophie nickte nur und zwinkerte Liz verschwörerisch zu.
Weitere Kostenlose Bücher