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Der Fluch des Blutes

Der Fluch des Blutes

Titel: Der Fluch des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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nicht die mindeste Lebensfreude versprühten. Wie im Leben gefangene Tote erschienen sie Lilith, die ihr Dasein nicht lebten, sondern wie eine Strafe verbüßten.
    Mayab war für Lilith nach wie vor ein Ort der Rätsel und Mysterien, an dem jeder Blick eine ungelöste Frage bedeutete. Und es war endlich an der Zeit, daß sie ein paar Antworten suchte und fand.
    »Warum nicht gleich hier?« fragte sie sich halblaut. Ihre Stimme klang rauh, und das Kratzen und Brennen im Hals erinnerte sie unvermittelt daran, weshalb sie eigentlich den Palast verlassen hatte.
    Nun, vielleicht ließ sich das Nützliche mit dem Unvermeidlichen verbinden .
    »He, du da!«
    Lilith hob die Hand und nahm einen Mann ins Visier, der sich gerade abwenden wollte, als er bemerkte, daß Lilith ihn ansah. Sein Alter war kaum zu schätzen; die Farbe in seinem Gesicht kaschierte seine Züge.
    Er hielt in der Bewegung inne wie erstarrt.
    Lilith trat zu ihm, nicht zu schnell, um ihn nicht noch mehr zu verschrecken, und ein freundliches Lächeln auf den Lippen. Das jedoch schien ihn eher noch zu verunsichern als zu beruhigen, denn sein Blick begann zu flackern.
    »Wovor fürchtest du dich?« fragte Lilith unverblümt. Aus der Nähe vermochte sie das Gesicht des Mannes deutlicher zu sehen. Die Linien darin waren tief, die Augen müde und trüb.
    »Wovor ich mich fürchte?« echote er.
    Lilith nickte.
    »Vor -«, er zögerte, schluckte so heftig, daß der Kehlkopf in seinem mageren Hals schier tanzte. Dabei wanderte sein Blick an ihrer Gestalt hinab und wieder zurück. Der Ausdruck seiner Augen verriet noch immer Angst, dazu jedoch hatte sich noch etwas gesellt: etwas wie mühsam beherrschtes Begehren oder zumindest doch Bewunderung.
    Beiläufig befahl Lilith ihrem Symbionten, sie weniger figurbetont zu kleiden. Für den alten Mann mußte es aussehen, als fahre ein Wind unter ihr Gewand und bausche den Stoff auf.
    »Du brauchst keine Angst zu haben«, unternahm Lilith dabei einen Versuch, den Alten zu beruhigen. Eher unbewußt sah sie ihm fest in die Augen, und - - tatsächlich erlosch das Flackern darin allmählich, und die Haltung des Mannes erinnerte mit einemmal sehr viel weniger an die eines in die Enge getriebenen Tieres.
    »Nein«, sagte er lahm, »ich brauche mich nicht zu fürchten.«
    »Wie heißt du?« fragte Lilith.
    »Copan.«
    »Copan«, wiederholte sie, »beantworte mir ein paar Fragen.«
    »Natürlich«, nickte er, »wenn ich kann.«
    Lilith überlegte kurz. Womit sollte sie beginnen?
    »Ich -«, setzte sie dann an, doch sie verstummte abrupt, als ein Schrei, erst leise, dann anschwellend, zu ihnen her drang.
    Erschrocken sah Lilith in die Richtung, aus welcher der Schrei gekommen war. Copan dagegen wirkte regelrecht alarmiert.
    »Was geht da vor?« stieß Lilith hervor.
    Eine Hand legte sich auf ihren Arm, und als sie den Blick Copan zuwandte, sah sie, daß die Berührung ihn unendliche Überwindung kosten mußte. Ebenso wie die Worte, die er folgen ließ.
    »Ich flehe Euch an, Herrin«, bat er in bebendem Ton, und seine Augen flackerten stärker als zuvor, »laßt sie. Fügt ihnen keinen neues Leid zu - nicht jetzt.«
    »Wovon sprichst du?« erwiderte Lilith verwundert. Unwillkürlich rückte sie einen Schritt von Copan ab. Seine Hand glitt kraftlos von ihrem Arm.
    »Selva«, sagte er mit flüchtigem Blick auf die Hütte, in der schon wieder ein Schrei laut wurde, zweifelsohne der einer Frau. »Sie gebiert ein Kind. Ich bitt' Euch sehr - laßt es sie in Frieden tun.«
    Lilith sah von Copan zu jener Hütte hin, dann wieder auf den Alten. Der hob die Hand und zog den Kragen seines schlichten Gewandes von seinem Hals weg. Deutlich sah Lilith die beiden punktförmigen Male in der faltigen Haut. Sie erschauerte.
    »Mein Leben biet' ich Euch, wenn Ihr nur der Hütte Bonampaks und Selvas fernbleibt«, sagte Copan.
    Unweigerlich fühlte Lilith Verlangen heiß in sich aufsteigen. Sie wollte es zurückdrängen oder wenigstens ignorieren. Wie gebannt stierte sie den Hals Copans an. Fast gewaltsam riß sie sich schließlich los und wandte den Blick ab.
    »Vielleicht«, sagte sie, »braucht man Hilfe dort.«
    Ihr Blick traf wieder die Hütte, in der das Wehgeschrei nun kaum mehr abriß. Ohne ein weiteres Wort ging sie los, auf die Hütte zu. Die Worte Copans, obwohl leise gesprochen, vernahm sie trotzdem noch.
    »Hilfe«, der Ton des Alten klang angewidert und angstbebend in einem, und er spie die Worte gleichsam aus, »kann man es wohl kaum nennen,

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