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Der Fluch des Blutes

Der Fluch des Blutes

Titel: Der Fluch des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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ihr innegehalten hatte, es hören mußte: »Auch das verstehe ich nicht.«
    »Du meinst den Regen?« hörte sie seine wohltönende Stimme durch das Rauschen hindurch, das die Luft bewegte.
    »Ja. Wie kann er die Barriere durchdringen? Auch ein Luftaustausch muß stattfinden, sonst wären hier alle längst erstickt .«
    Eine Weile schwieg Zapata. Nona öffnete die Augen und blickte zu ihm hinüber. Der Vampir stand vor einem Baum, der die umliegenden Häuser und sogar manchen kleineren Tempelbau hoch überragte, dessen Krone aber zugleich so licht war, daß sie kaum Schutz vor dem niedergehenden Regen bot.
    Zapatas Hände strichen über die borkige Haut des Stammes, und wie geistesabwesend sagte er: »Das Mysterium ist noch sehr viel komplizierter. Anfangs - damit meine ich unsere ersten Königsjahre - glaubten wir noch, die Barriere vielleicht doch überwinden und nach draußen gelangen zu können. Wir kannten das Verbot - aber wir sahen auch den Regen, der herabfiel, oder den Rauch, der von unseren Feuern emporstieg und sich irgendwo dort oben verlor, anstatt die Luft immer mehr zu verschmutzen und die Bewohner Ma-yabs krank zu machen ...«
    Die Nässe überzog Zapatas Haut wie ein ölig glänzender Film. Er unterbrach seine Rede, aber es war offensichtlich, daß er noch nicht alles gesagt hatte und gleich fortfahren würde.
    Nonas Augen ließen kurz von ihm ab. Ihr Blick schweifte in die Ferne, dorthin, wo sich der Erdwall erhob - die sichtbare Grenze, über der sich aber noch eine zweite, unsichtbare und sehr viel heimtückischere Barriere spannte.
    Zapata folgte ihrem Blick. »Wie du weißt, sind wir in der Metamorphose des Fliegens mächtig. Und so konnte es - bei allem Gehorsam, der uns auferlegt wurde - nicht ausbleiben, daß wir we-nigstens erkunden wollten, ob es möglich wäre, diesen Kerker zu verlassen. Ob die senkrechte Wand irgendwo dort oben endet und das Dach, das sich darüber wölbt, auch uns durchließe. Wir wußten, daß es uns verboten ist, nach draußen zu gelangen - auch nur nach draußen zu sehen - aber die Neugierde ließ uns nicht ruhen. Je länger unser Hiersein dauert, desto unerträglicher wird es, nichts über das Draußen zu wissen, so gut wie nichts. Nicht nur, daß wir kleine Kinder waren, als wir starben - die Welt muß heute völlig anders aussehen als damals. Die Zeit ist hier stehengeblieben - draußen gewiß nicht ...!«
    Er hielt wieder inne, und diesmal hatte Nona das untrügliche Gefühl, daß etwas Lauerndes in Zapatas Blick trat. Sie glaubte zu ahnen, was der Grund dafür war: Offenbar erwartete er ihre Reaktion auf das Geständnis, daß er und seine Geschwister nicht bereit waren, Landrus Weisungen blind zu folgen.
    Er rätselt noch über meine Beziehung zu Landru, dachte Nona - und fragte sich, was wohl geschehen würde, wenn sie ihm jetzt auf den Kopf zugesagt hätte, daß sie seine Äußerungen an seinen Vater weitergeben und er dafür die Strafe erhalten würde.
    Hätte er versucht, es zu verhindern? Sie zu . beseitigen?
    Sie traute dem Maya-Vampir einiges zu - gleichzeitig faszinierte sie der Gedanke, er könnte dem Sohn, den Landru auf natürliche Weise nicht zu zeugen vermochte, gespenstisch nahe kommen.
    Ob Landru ähnliche Gefühle für seine »Kinder« hegte?
    Das war unwahrscheinlich.
    »Und«, griff Nona den Faden auf, den Zapata begonnen, aber nicht zu Ende geführt hatte, »ist es euch gelungen? War einer von euch jemals draußen?«
    Sein gerade noch sezierender Blick verklärte sich, als zögen Wolken in seinem Kopf vorüber.
    »Nein«, sagte er. »Wir waren, sind und bleiben Gefangene - wie die Brut, die uns nährt. Und uns träumen läßt, Könige zu sein. Aber ich frage dich: Könige wovon? Siehst du ein Reich, über das sich zu herrschen lohnte?« Er spie aus.
    »Du klingst mehr als verbittert.«
    »Wie würdest du an meiner Stelle klingen?«
    Achselzuckend hob sie ihr Gesicht erneut dem Regen entgegen, der aber seine Labsal eingebüßt hatte. Kurz darauf hörte er fast schlagartig auf, ohne daß es auch nur eine Nuance heller wurde. Die nächtliche Sonne war am Himmel weiter gewandert. Sie würde bald untergehen. Aber auf Sterne - oder den Mond, mit dem Nonas Dasein untrennbar verbunden war - würden die Tyrannen genauso wie die Geknechteten und die Besucher vergeblich warten.
    Auch wenn sich Nona dies nicht gern offen eingestand, so sorgte doch gerade dieses Fehlen der Gestirne für eine tiefgreifende Verunsicherung bei ihr. Seit sie sich in die Obhut

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