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Der Fluch des Florentiners

Der Fluch des Florentiners

Titel: Der Fluch des Florentiners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ackermann
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kleine Aufmerksamkeit ein Buch mitgebracht, das ich erst vor wenigen Tagen auf einer Auktion erwerben konnte. Es ist ein sehr altes Buch, mit vielen alten Wahrheiten, die so beständig sind wie Diamanten! Ich hoffe, es macht Ihnen viel Freude, darin zu lesen. Da Sie sicherlich Latein können, werden Sie danach vielleicht ein wenig besser verstehen, warum ich fest davon überzeugt bin, dass die wahre Bedeutung eines Edelsteins nicht in dem materiellen Wert, den ihm die Gegenwart beimisst, liegt, sondern in seiner Kraft und Energie aus der Vergangenheit. «
    Gerührt von Sanjays Worten öffnete Marie-Claire das Päckchen. Ihr Atem stockte, als sie das offensichtlich sehr alte, leicht stockfleckige, aber noch in exzellentem Zustand befindliche Buch mit den herrlichen Holzdrucken aufschlug. Es war die Coronae Gemma Nobilissima des Wilhelmus E. Newheusern aus dem Jahre 1621. Ein philosophischer Exkurs über die Beziehung zwischen Planeten, Sternen, Edelsteinen – und dem Menschen. Es war eindeutig ein Original. Vorne eingelegt steckte ein zusammengefalteter Bogen Briefpapier. Sie öffnete ihn. Er trug Sanjays persönlichen Briefkopf mit seiner Anschrift in Jaipur. Unter seine liebevollen Geburtstagswünsche hatte er ein Zitat geschrieben:
     
    U nd also werden die Edelsteine
    von Feuer und Wasser erzeugt ,
    deshalb haben sie auch Feuer und Wasser und
    viele Kräfte und Wirkungen in sich …
     
    » Physica « von Hildegard von Bingen (1098 – 1179)
     
    M arie-Claire errötete. Sanjay lächelte sie an. Auch er schien ein wenig verlegen zu sein. Christiane versuchte zu verbergen, dass sie am liebsten heulen würde.
    » Das kann ich nicht annehmen, Sanjay! Ich kenne dieses Buch nicht, aber ich ahne, wie unvorstellbar wertvoll es ist. Es muss Sie ein Vermögen gekostet haben! «
    » Ja, Marie-Claire, es hat ein Vermögen gekostet. Aber eben nur eins. Und ich habe, Gott verzeihe mir diesen Hochmut, glücklicherweise noch genug von diesem Vermögen, das ich für das einzusetzen gedenke, was mich wirklich bewegt. Mein Verlangen, nicht-irdischen, mystischen Dingen auf de n G rund zu gehen und sie zu verstehen, ist ungezügelt. Früher habe ich viel Geld für edle Pferde und für das Polospiel ausgegeben. Jetzt, da mein garstiges Bein mir zuweilen den Dienst versagt, gebe ich Geld für Gedanken aus, die andere Menschen in anderen Zeiten aufgeschrieben haben. Bücher sind meine neue Leidenschaft! Zumindest diese Leidenschaft scheinen wir bereits zu teilen. Ich hoffe, nein, ich weiß daher, dass Sie dieses Buch mit Respekt und mit der Bereitschaft lesen werden, Dinge zu erfahren, deren Sein wir nicht beweisen können. Aber ich ahne, dass Sie längst spüren, dass nicht im Beweis das Wissen um die Existenz liegt. Im Glauben, Marie-Claire, das haben mich schon in jungen Jahren meine Eltern und Großeltern gelehrt, liegt mehr Weisheit als im Wissen! Und deswegen freue ich mich schon heute auf den Tag, da Sie anfangen werden mir davon zu erzählen, was in diesem Buch geschrieben steht. Ich kann nämlich leider kein Latein. «
    Es dauerte ein bisschen, bis Marie-Claire die rührenden Worte von Sanjay Kasliwal in ihrer ganzen Tragweite verstanden hatte. Nachdem sie das Restaurant verlassen hatten, fuhren sie an den See, um dort spazieren zu gehen. Erst dort wurde ihr bewusst, was Sanjay gesagt hatte: » Zumindest diese Leidenschaft scheinen wir bereits zu teilen … « Sie begriff, dass dies seine Art war, Hoffnung auszudrücken. Ohne Frage: Sanjay mochte sie sehr – und sie mochte ihn.
    » Wissen Sie, Marie-Claire, dieser Abstecher an diesen See hat für mich eine tiefe Bedeutung. Ich war früher, während meiner Internatszeit in der Schweiz, noch nicht wissbegierig und weitsichtig genug, um zu erkennen, dass sich in diesem Teil Europas, hier um den Lac de Neuchâtel herum, so unendlich viele Berührungspunkte zu meinem Leben und zu dem meiner Vorfahren finden. Hier wurde abendländische Geschichte geschrieben, aber abendländische Geschichte war auch über viele Jahrhunderte untrennbar verbunden mit der Geschichte meiner Heimat – mit Indien. «
    Marie-Claire blieb verwundert stehen und blickte Sanjay Kasliwal fragend an. Die Nachmittagssonne ließ ihre letzten wärmenden Strahlen über den See gleiten und brachte den dunklen Teint Sanjays besonders intensiv zur Geltung. Das sanfte Winterlicht ließ ihn ungemein gut aussehen. Seit sie das kleine Restaurant verlassen hatten, um nahe des Sees in den Auen spazieren zu gehen, nahm sie

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