Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht
harten Schlag nur gestreift, schossen beide Hände des Spions ruckartig vor und packten zu.
Am anderen Ende einer heißumkämpfte Distanz harten Holzes, breitbeinig damit beschäftigt, seinen Knüppel aus dem fremden Griff zu befreien, erhaschte Keldmar einen langen Blick aus grünen Augen, in denen die Gluthitze freudiger Ironie brannte. Dann erlosch das Licht der Fackeln erneut. Gerade in dem Moment seines Augenlichts beraubt, in dem sein Gegenspieler seinen Griff löste, taumelte er zurück und fiel haltlos auf sein Hinterteil.
Mearn brüllte, zerrte seines Bruders niedergestürzten Leib vom Boden hoch und stürzte voran. Die Haut seiner Fingerknöchel klebte noch an der Querstrebe der Armbrust, in der sein Messer festgesteckt hatte. Der Eindringling war untergetaucht, doch Mearn war ebenso schnell und beinahe so behende und zierlich wie dieser. Unbeeindruckt schlängelte er sich im Zuge der Verfolgung durch die herabhängenden, zerfetzten Spinnweben. Seines Bruders Keule donnerte mit einer Wucht gegen seinen Absatz, die ihn halb gelähmt zurückließ, und ein zweiter Hieb prallte gleich darauf an einer Strebe ab. Taub von dem lauten Aufschlag, brüllte Mearn: »Du schlägst dem falschen Mann den Schädel ein, du Esel.«
Keldmars mürrische Entgegnung mischte sich mit den Geräuschen der verblödeten Soldaten Tharricks, die verspätet näherrückten. »Ath! Warum gehst du mir dann nicht einfach aus dem Weg?«
Heftig atmete Mearn ein und brach in irrsinniges Gelächter aus, während er weiterkrabbelte, seinem Jagdopfer nachzusetzen.
Am Ende des Ganges tauchte er schweratmend wieder auf. Ein Pfahl, behängt mit allerlei Kampfesgerätschaften, kippte um. Nun drang gedämpft ein leises Kratzen an Mearns Ohr, begleitet von dem staubigen Hauch alten Leders. Reflexartig wandte er den Kopf um, woraufhin ihm ein ganzes Dutzend beschlagener Sättel ins Gesicht schlug. Rückwärts stürzend, halb bewußtlos, hörte er über dem Knarren mißbrauchten Leders etwas, das ihm wie eine atemlos hervorgestoßene Entschuldigung erschien.
Er war wahnsinnig vor Zorn. Ruckartig richtete er sich auf und schälte sich aus den Sattelgurten heraus. Eine Lanze stach in seinen Bauch, mit dem Schaft voran. Wieder saß er auf dem Hinterteil. Pfeifend war die Luft seinen Lungen entwichen, und er war kaum mehr fähig, sich zu bewegen. So blieb ihm weiter nichts, als nach Luft zu schnappen wie eine Forelle. Die fallengelassene Waffe fiel ganz in seiner Nähe klirrend zu Boden, sogleich gefolgt von einer staubigen Pferdepanzerdecke, die von oben herabflatterte und mit ihrer Wolle und dem alten Pferdehaar auf ihn herniederschlug.
»Süße Träume«, wünschte eine leise, fröhliche Stimme. Mearn schlug gegen den Stoff, hustete den salzigen Geschmack des Pferdeschorfs hinaus und schrie auf, als ein Soldat ihn aus vollem Lauf von hinten überrannte. Ein Handgemenge entbrannte, das mit einem kläglich winselnden Soldaten aus Tharricks Truppe endete; die herumliegende Lanze hatte die Richtung gewechselt und steckte nun im Oberschenkel des Mannes, was jenem, nach dem typischen Rechtsverständnis der s’Brydions, nur recht geschah.
Gift und Blut speiend, richtete Mearn sich erneut auf und blinzelte. Die Fackeln brannten wieder. Genauer gesagt, eine Fackel brannte. Hinter den schemenhaft erkennbaren Streitwagen, umrahmt von einem Strom gelben Lichts, hielt der Spion ein gestohlenes Feuerholz mit einer aufgeschrammten, schmutzigen Hand über den Kopf. Eingehend betrachtete er das größte Geheimnis Alestrons, die gewaltige Waffe, die mit größter Sorgfalt nach den geächteten Schriften angefertigt worden war, die Magyre zurückgelassen hatte.
Es gab nicht viel zu sehen. Die Bombarde bestand lediglich aus einem Rohr aus gegossener Bronze auf einem Holzgestell, das mit Hilfe eines Geschirrs und einiger Zugseile bewegt wurde. Auf einer Seite der Waffe war die Munition aufgestapelt: schlichte, runde Steinkugeln, jede etwa dreißig Pfund schwer; und in einem angeketteten Faß fand sich die Ausrüstung zur Befeuerung der Bombarde, außerdem verschiedene Stäbe und Haken, deren Nutzen sich dem ahnungslosen Betrachter nicht so einfach offenbarte. Preßkolben, Feuerhölzer und ein halbes Dutzend Zentnerfässer, von denen ein schwacher Schwefelgeruch aufstieg, stapelten sich neben einigen genähten Leinenbündeln, die etwa so groß waren wie zwei Männerfäuste.
Der Spion war zu gewitzt, nicht zu vermuten, daß die sonderbare Vorrichtung einem Zweck
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