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Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 04 - Die Saat der Zwietracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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öffnete eine Truhe, auf der ein erhabener Greif prangte.
    Ein Hauch von geöltem Stahl erfüllte die Luft, als er das Leinentuch fortriß, um die Langschwerter freizulegen, die in der Truhe gelagert wurden.
    Beweglich wie eine Flamme im Windzug, umrundete Mearn den Tisch. Noch ehe Dakar sich zurückziehen und in einer schützenden Haltung an die Mauer pressen konnte, bohrte sich schon die Spitze eines Stiletts von hinten zwischen die verschlungenen, geflochtenen Bänder seines Wamses.
    Parrien riß sich den eisenbeschlagenen Gürtel vom Leib. Während er zornig die mangelnde Voraussicht seines waffenlosen Bruders schalt, stürzte er sich auf den vorgeblichen Juwelenhändler und fesselte seine fleischigen Handgelenke.
    »Ath«, keuchte Dakar, als sein Peiniger das Leder stramm zog. »Ist das Eure Art, Gäste zu behandeln, die Euch einen freundschaftlichen Rat bieten?«
    Mearns Dolch durchdrang das Gewebe der viel zu eng sitzenden scharlachroten Seide. »Das Durchbrechen unserer Sicherheitsmaßnahmen ist nicht freundschaftlich.«
    Auf der anderen Seite des Raumes hatte sich Bransian seiner Amtskette entledigt. Gedämpft durch den Stoff seines rotgoldenen, herzoglichen Wappenrocks, leitete er eine Befragung ein. »Ein Spion? Welche Stadt schickt ihn?« Er befreite seinen Kopf aus dem edlen Tuch und schleuderte die wattierte Masse auf einen Stuhl. »War es dieses Mal Tirans? Kalesh? Oder steckt dieser aufdringliche Statthalter von Dirn dahinter?«
    Mit Fug und Recht befürchtete Dakar, aufgeschlitzt zu werden, als er versuchte, sich herauszuwinden. »Macht das denn etwas aus?«
    »Nicht wirklich.« Mit einem Lachen, so schlüpfrig wie gefrorenes Schmelzwasser, erhob sich Keldmar, ein Schwert in jeder Hand. »Wer es auch sein mag, er wird uns alles erzählen, ehe er stirbt.«
    »Ich werde inzwischen hier warten.« Hoffnungsvoll wich Dakar einen Schritt zur Seite, nur um gleich darauf erst von der Spitze des Dolches und dann auch noch von zwei Klingen vor seiner Brust aufgehalten zu werden.
    »Nein.« Mearn stellte sich dicht vor ihn, erfüllt von einer Glut, wie sie nur ein hungriger Asket ausstrahlen konnte. »Ich sage, du kommst mit uns!«
    Bransian riß die Tür weit auf. Parrien verbeugte sich so übertrieben wie ein Kavalier, der seinem Rivalen den Vortritt ließ. Sein Bruder, der ihm wie aus dem Gesicht geschnitten war, nahm sein Schwert an sich, kräuselte die Lippen und schob sich an ihm vorbei. Dann ließ Parrien die Maske fallen. Ganz der starke Mann, der er war, zerrte er Dakar zum Treppenabsatz.
    Der Wahnsinnige Prophet stemmte sich gegen ihn, doch vergebens. Ihm blieb keine Möglichkeit, festzustellen, wo die Juwelen von Rathain verstaut wurden. Auch auf sein Flehen erhielt er keine Antwort. Statt dessen fand er sich gewaltsam zum Abstieg gezwungen auf den Stufen wieder. Wenn er nicht gerade die bunte Hose verfluchte, die ihm viel zu lang über die Knöchel reichte, betete Dakar voll rasender Inbrunst. Wenn Mearn, der noch immer emsig sein Stilett umklammerte, fallen sollte, würde ein unschuldiger Gefangener aufgespießt werden wie Wurst auf einem Grillspieß.
    Keldmar gab ihm noch weiteren Anlaß zur Sorge. Im Umkreis des ersten Treppenabsatzes begann er, wild mit dem Schwert um sich zu schlagen, um festzustellen, welche Klinge am besten ausbalanciert war. Jammernd sauste der Stahl durch die Luft, während Parrien seinen Bruder mit wenig hilfreicher Kritik unterstützte.
    »Wenn du den Spion zuerst erreichen solltest, so sei er dir gegönnt.« Mit fliegendem Zopf erging sich Keldmar in einer Reihe klassischer Schwerthiebe, die die ganze Breite des Treppenabsatzes in Anspruch nahmen. »Seziere seine Innereien in jedem Stil, der dir gefällt. Aber wenn ich den Schuft erwische, dann wird er einfach nur abgeschlachtet.«
    »Nicht, ehe wir herausgefunden haben, wer ihn geschickt hat«, wandte Herzog Bransian ein, untermalt von einer Flut hallender Echos. Zu Dakar sagte er: »Besser, du sagst uns, woher du von diesem Spion weißt.«
    Sie erreichten das Erdgeschoß des befestigten Turmes. Kurz davor, vor Benommenheit umzukippen, und schon vorab von Mearns Klinge gepeinigt, versuchte Dakar krampfhaft, eine glaubwürdige Antwort zu ersinnen. »Ich bin recht geschickt. In meiner Nähe hat schon so mancher große Mann seinen Mund nicht halten können.«
    »Eher schon manch großer Narr.« Bransian donnerte durch die Tür hinaus. »Warum bist du gekommen, uns zu warnen? Du hättest doch ebensogut schweigen

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