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Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
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Gewalt aufeinander.
    Der dröhnende Zusammenprall erschütterter Elemente ließ Luft und Erde beben wie ein materiegeführter Schlag, ehe er sich langsam von den Hängen unterhalb der Gipfel zurückzog.
    Für einen Augenblick schienen die Berge zu zittern.
    Umrahmt von flackerndem, verwaschenen Tageslicht verfolgte Dakar mit Hilfe seiner magischen Wahrnehmung den gequälten Aufschrei der Gewalten, als die instabilen Schieferplatten endgültig den Halt verloren.
    Ein gemartertes Rumpeln hallte mit tiefem Echo durch das Tal. Das Grollen wurde lauter, steigerte sich zu einem schleifenden Dröhnen, als der Bergrücken sich senkte und nachgab, gefolgt von den Hängen zu allen Seiten des Hügels, die sich wie eine unfertige Häkelarbeit auflösten. Erde und Vegetation glitten die Böschung hinunter. Kaum erkennbar in dem zerfetzten Netz der Schatten, trübe beleuchtet von einem widernatürlichen Knäuel sichelförmiger Lichtstrahlen, die sich wie Schwerter durch die absolute Finsternis bohrten, gewann der zunächst so langsam erscheinende Zusammenbruch mehr und mehr an Geschwindigkeit, bis Erde und Felsbrocken mit rasender Geschwindigkeit auf das Tal zustürzten. Als hätte die Faust eines Giganten ein Chaos losgeschlagen, ergoß sich die Woge der Erdmassen über die steilen Hänge, die das Tal umschlossen.
    Die Vorhut von Lord Diegans Truppen sah ihren eigenen Untergang in dem kränklich gelben Zwielicht auf sich zukommen, doch ihr panischer Aufschrei wurde von der dröhnenden Klage erzürnter Erde erstickt. Pferde bäumten sich auf dem zitternden Untergrund auf. Flaggen sanken hernieder, fielen aus zitternden Händen zu Boden. Die Linien der Pikeniere versuchten voller Entsetzen zu fliehen, und ihre Waffen bebten wie eines alten Schneiders Nadeln bei der Flickarbeit.
    Dann ging in der Mitte und zu beiden Flanken eine gewaltige Sturzflut hernieder. Die Soldaten der Vorhut wurden auseinandergeschleudert und untergepflügt wie Matrosen, deren Boot in einer schlammtragenden Ebbe kenterte.
    Die Reihen der Nachhut lichteten sich, wurden in dem Augenblick, da sie zu einer hoffnungslosen Flucht ansetzten, von den Erdmassen verschlungen und zerschmettert. Sollte einer von ihnen noch Zeit zu einem Aufschrei gehabt haben, so ging dieser in dem unbändigen Dröhnen unter, und sollte einer von ihnen gebetet haben, so wurde er nicht erhört. Dort wo eine Armee über das Gras marschiert war, war nun, binnen eines Atemzuges, eines einzigen Herzschlages, niemand mehr.
    Zwischen den Gipfeln aber hatte sich die Furche mit umgestürzten Felsen und aufgewühlter Erde gefüllt, und das gewaltige Donnergrollen über dem Schutt hallte noch immer wild dröhnend über das Land, während die absackende Erde alles Menschenwerk gar nur lächerlich erscheinen ließ und verschlang, was immer sich ihr in den Weg stellte.
    Minuten vergingen, während die Berge bis zu den Wurzeln unter dem gewaltigen Lärm erbebten.
    Dann, langsamer und mit weniger Last, verteilten sich die letzten Felsbrocken über dem Land, und Stille trat ein über der weiten Fläche aufgeworfener Erde, groß genug, die Grenzen des Verstandes zu sprengen, während eine gewaltige Staubwolke langsam herniedersank. Unter den Stimmen aufgeschreckter Vögel erklang das schwächere Wehklagen menschlicher Überlebender in traurigem Refrain, vorgetragen von einigen wenigen, die durch Zufall auf einem Hang gestanden hatten, der nicht steil genug war, einzubrechen und von den niederstürzenden Massen verschont geblieben war und von jener kleinen Gruppe, die sich auf einer Senke jenseits der Hügelkuppe befunden hatte, abseits des hereinbrechenden Chaos’.
    Weit von der vorrückenden Truppe entfernt, waren auch Lysaer und seine persönliche Leibgarde verschont geblieben. Allein durch die Distanz noch am Leben, starrten die Männer in ihren ordentlichen Wappenröcken in dumpfem Entsetzen auf den Schauplatz des Geschehens; über den ihre Kameraden marschiert waren. Unbarmherzig präsentierte sich die Grenzlinie ihren Blicken. Wie ein Riß in einem Tuch endete die Narbe der Zerstörung, und unversehrtes Gras wogte von aufgewirbeltem Staub und Erdkrumen befleckt im Wind.
    Doch zu Lysaers Füßen lag unter der aufgerissenen Erde ein Massengrab: untergepflügt unrettbar der Vergessenheit anheimgegeben, zerschmettertes Gewebe, Holzsplitter und verbeulter Stahl, die einst zu einem Heer von achtundzwanzigtausend pflichtbewußten Männern gehört hatten.
    Schrill aus Kummer und wildem Schmerz zerriß das

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