Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
seine Verbündeten Zehntausende Menschenleben gekostet.
    Der wahre Umfang dieses Blutzolls würde erst noch ermittelt werden müssen. Zwanghaft bemühte sich Diegan unter dem Schleier des Selbstmitleids einen klaren Gedanken zu fassen. Zwölftausend Männer in den Flanken, die Lysaer ausgesandt hatte, den Angriff von der anderen Seite der Bergkette zu unterstützen, mochten durchaus in ebenso großer Gefahr schweben. Furcht trieb ihn, sich der Niederung zuzuwenden und herauszufinden, ob sein hoher Herr, der Prinz, und seine Begleiter am Ausgang des Tales verschont geblieben waren. Kaum ließ er seinen Blick über das Land schweifen, erkannte er das Aufblitzen von Metall. Im Staubschleier kaum erkennbar, entdeckte er jene letzte Kompanie unter dem direkten Befehl Lysaers, die langsam auf ihn zu kam.
    Sie würden in eine Falle laufen. Diese Gewißheit brachte Diegan endlich wieder zu klarem Verstand.
    Rasch verschaffte er sich nun einen Überblick über die Situation, tat sein Bestes, sich dem unfaßbaren Ausmaß ihrer Verluste zu stellen: Kaum eine Handvoll Männer aus den Reihen seiner Kompanie war noch am Leben. Zweiundvierzig Soldaten, einer von ihnen ein drahtiger, hartgesottener Feldwebel, der versuchte, zu retten, was zu retten war. Als seine ungelenken Bemühungen, sein Horn von dem Pfropf aus Gras und Erde zu befreien, nicht von Erfolg gekrönt wurden, stieß er einen wütenden Fluch aus und brüllte seinen Ruf zum Sammeln mit lauter Stimme hinaus. Zerschlagen und schmutzig gehorchten die Männer, die aussahen, als wären sie eben Sithaer entsprungen. Andere verstreute Nachzügler richteten sich auf dem einzig unversehrten Berghang in der näheren Umgebung wieder auf; die Überreste einer Vorhut, die voller Zorn ausgezogen war, den Hügel nach verborgenen Feinden zu durchstöbern.
    Jene, die unverletzt geblieben waren, boten noch einmal alles auf, was sie gelernt hatten, und machten sich stolpernd auf den Weg zu den kümmerlichen Überresten ihrer Kompanie.
    Lord Diegan spuckte winzige Gesteinssplitter aus, wischte sich das Gras von seinem Wappenrock und humpelte eilends den Hang hinunter, um seiner Autorität Geltung zu verschaffen.
    Er hatte nun nur noch ein Ziel: Lysaer früh genug zu erreichen, um noch größeren Schaden abwehren zu können. Durch einen weiteren Blitz seiner Gabe konnte ein Signal zum schnellen Rückzug ausgesandt werden. Wenn die Warnung nur schnell genug erfolgte, dann mochten die Flanken jenseits der Bergkette noch eine Chance haben, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen.
    Der kleingewachsene Feldwebel, um den sich die Überlebenden scharten, erblickte den Lordkommandanten. »Ath sei Dank!« Mit dem Rücken seiner blutverschmierten Hand wischte er sich den Schweiß von den Lippen, nahm Haltung an und erwartete seine neuen Befehle.
    »Zieht euch zurück«, sagte Diegan, dessen Stimme sich in der dringenden Not beinahe überschlug. »Sofort! Der Prinz ist hinter den Linien und hat zu seiner Verteidigung nur eine einzige Kompanie bei sich, und bei der Wahrhaftigkeit Dharkarons, ich glaube nicht, daß die Offensive des Herrn der Schatten bereits beendet ist.«
    »Was ist mit den Verwundeten?« Der Feldwebel deutete auf ein paar Gestalten, die noch immer bäuchlings am Boden lagen. »Wir haben kein Holz, um Tragen zu bauen.«
    Lord Diegan schloß die Augen. All die Wunden, die Prellungen und Zerrungen vereinten sich zu einem qualvollen Schmerz. Oben auf dem Gipfel hatte Lysaers Lichtblitz von den Speeren, die der Feind dort als Lockmittel deponiert hatte, nur verkohlte Asche zurückgelassen. Doch selbst wenn sie auf alternative Materialien hätten zurückgreifen können, zeigte ihm ein einziger Blick, was der Feldwebel im Grunde seines Herzens längst wußte: Das lockere, aufgeworfene Erdreich und die Felstrümmer bildeten einen Boden, den zu betreten schon ohne zusätzliche Lasten überaus gefährlich war. Ein Mann mochte sich wegen eines einzigen Fehltritts die Beine brechen oder einfach im Boden verschwinden, wenn sein Gewicht unverdichtete Erde belastete, die sich über eingeschlossenen Luftlöchern oder Felsspalten aufgehäuft hatte.
    »Wer sich nicht selbst helfen kann, wird zurückgelassen«, sagte Diegan. »Unser Prinz reitet einer unsäglichen Gefahr entgegen, und sein Schutz muß für uns an erster Stelle stehen.«
    Unter dem staubgetrübten Antlitz der Sonne nahmen die Männer Aufstellung. Einer zerrte den schluchzenden Knappen von dem Gefallenen fort, dessen Eingeweide

Weitere Kostenlose Bücher