Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung

Titel: Der Fluch des Nebelgeistes 06 - Das Schiff der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janny Wurts
Vom Netzwerk:
zerfetzt worden waren. Während hier und dort knirschend lose Felsbrocken ihre Lage veränderten und Gestein über die messerscharfen Kanten der Klippen herabstürzte, heulte er seinen Schmerz schrill heraus. »Ich werde ihn nicht zurücklassen! Ich kann nicht!« Und, mit noch gepeinigterer Stimme: »Er ist mein Bruder!«
    »Zwingt ihn, mitzugehen«, befahl der Feldwebel den beiden Soldaten, die sich um den Knaben kümmerten. »Wenn er nach hundert Schritten nicht wieder bei Sinnen ist, dann überlaßt ihn den Aasfressern. Die Sicherheit unseres Prinzen geht vor.«
     
    In einer Senke zwischen den Gipfeln im Norden des Tales, beobachtete Caolle blinzelnd die Bewegungen der feindlichen Soldaten, die auch nach dem Erdrutsch, der Lysaers erste Angriffswelle überwältigt hatte, noch auf den Beinen waren. Einzelne Männer versammelten sich am Rand des Katastrophengebietes, mühten sich, ihre Formation auf sicherem Boden wieder aufzubauen. Überall in den Höhenlagen hatte Caolle Bogenschützen postiert, die dafür Sorge tragen sollten, daß der Feind sich nicht in ein Gebiet zurückziehen konnte, das sich wehrhaft verteidigen ließ. Die Anweisungen, die er seinen Clankriegern und den Sippenangehörigen gegeben hatte, waren von schlichter Natur: soweit möglich tödliche Schüsse zu plazieren und sofort den Rückzug anzutreten, wenn ihre Stellungen in Gefahr gerieten.
    An diesem kritischen Punkt, während Arithon und der Wahnsinnige Prophet ihren Aussichtspunkt über dem Dier Kenton-Tal verließen und der Angriff sich auf die Flanken des Feindes jenseits der Bergkuppen konzentrierte, war nur Caolle zurückgeblieben, um Lysaer unter Beobachtung zu halten. Er mußte seinem Prinzen den Rücken freihalten und handeln, sollte irgendein unvorhergesehenes Ereignis eintreten. Um die grausame Mordlust des Fluches Desh-Thieres im Zaum zu halten, durfte nichts dem Zufall überlassen werden.
    Sollte Arithon in die Enge getrieben werden, sollte er die Herrschaft über sich und seine klar umgrenzte Taktik verlieren, so konnte der Plan, den er erarbeitet hatte, um den Krieg in Vastmark zu beenden, allzu leicht scheitern. Und noch immer gab es um sie herum noch eine Streitmacht städtischer Feinde, die ihrer bunten Truppe der Bogenschützen um das Achtfache überlegen war.
    Wenn aber Lysaer im Dier Kenton-Tal festgehalten werden konnte, so war es ihnen auch möglich, die Kompanien aus Jaelot und Alestron aus der Bahn zu werfen. Würden sie erst wissen, daß der größte Teil ihres Heeres im Tal gefallen war, so wäre es ein Leichtes, ihre Streitlust zu zermürben und sie, geschwächt und hoffnungslos, zu einer verzweifelten Kapitulation zu zwingen.
    Derzeit jedoch befand sich Caolle selbst in einer gefährlichen Situation, während vor ihm die erbärmlichen Überreste der Divisionen, nurmehr ein kleiner Haufen pflichtbesessener Überlebender, sich eilends einen Weg über das Geröllfeld bahnte. Ebenso wie die vorrückende Elitetruppe Lysaers hatten auch sie die Gefahren dieses Marsches längst erkannt. Schon jetzt lagen zwei von ihnen vor Schmerzen schreiend eingeklemmt unter Felsbrocken, die, während die Truppe vorüberschritt, gekippt waren. Das aufgewühlte Erdreich war so instabil, daß die leichteste Erschütterung reichte, eine donnernde Sturzflut geborstenen Schiefers loszutreten. Nach dem ersten Unglücksfall suchte auch der Tapferste sein Heil in der Nähe der Felsenklippen, unter denen sich weniger Geröll gesammelt hatte.
    Auf diese Weise hätten sie sich gewiß retten können, hätten nicht Bogenschützen aus den Sippschaften, die sich auf gefährlichem Terrain mit weit größerer Sicherheit zu bewegen wußten, ihren Marsch von ihren geschützten Verstecken aus attackiert.
    Mit scharfem Blick, geschult während all der Jahre, in denen er die Überfälle der Clans angeführt hatte, taxierte Caolle nach und nach jede der aus der Entfernung winzigen Gestalten, bis er schließlich innehielt und sich auf einen Mann konzentrierte, dessen schlammverkrusteter Wappenrock den goldenen Stern auf weißem Grund, das Wappen der Elitegarnison Avenors, trug.
    Ein leiser Pfiff entwich seinen Lippen. »Bei allen Dämonen, es ist der Lordkommandant höchstpersönlich.«
    Bewegung kam in die Reihen der Bogenschützen in tieferen Hanglagen, zu denen nicht nur die Männer der Sippschaften zählten. Unter ihnen waren auch Clankrieger, angeführt von einem der Kameraden Jierets, der seit seiner Kindheit die Narbe niemals endender Trauer über den

Weitere Kostenlose Bücher