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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Sklaven uns alle Arbeit abnahmen.
    Wir setzten uns am Fuß des Capitols in nordöstlicher Richtung in Bewegung. Überall um uns herum bliesen die Tempelmusiker ihre Doppelflöten und legten sich mächtig ins Zeug, jedes Geräusch zu übertönen, das die Zeremonie stören oder als böses Omen gedeutet werden konnte. Nachdem wir die Stadt halb umrundet hatten, schwitzte ich schon trotz des kühlen Windes. Andere befanden sich in weit schlimmerem Zustand.
    Ich hörte Gekeuche von den älteren Herrschaften und den konditionell Schwächeren.
    Zwischen dem Collinischen und dem Esquilinischen Tor stiegen die älteren Senatoren aus, und das Gewicht auf unseren Schultern wurde geringfügig schwerer. Als wir an die Stelle kamen, wo der Fluß an der Stadtmauer entlangfließt, machten auch die mittelalten Männer schlapp.
    Etwa eine Stunde vor Mittag erreichten wir unseren Ausgangspunkt. Vier Stunden für die erste Runde. Danach stieg auch Pompeius mit rotem Gesicht und schwer atmend aus.
    »Weiter so, Männer«, keuchte er. »In diesem Tempo schaffen wir es locker bis Sonnenuntergang.«
    Aber Zeit und Geschwindigkeit waren nicht alles. Für die zweite Runde standen nur noch etwa halb so viele Männer zur Verfügung. Es war zugegebenermaßen die schwächere Hälfte, die ausgestiegen war, doch selbst die willigen Rücken alter Männer waren eine große Hilfe gewesen. Gegen Mittag begann meine Schulter zu schmerzen, und der Schweiß floß eimerweise an mir herab. Zumindest konnte ich mich zur Aufheiterung immer nach Clodius umsehen, der keuchte und pfiff wie ein löchriger Blasebalg.
    Von der Stadtmauer ließen ganze Heerscharen kleiner Mädchen Blütenblätter auf uns herabregnen. Sie mußten jeden Garten und jede Blumenkiste der Stadt geplündert haben, und die meisten Blätter waren um diese Jahreszeit schon ziemlich verwelkt, doch wir wußten die Geste zu schätzen. Entlang der gesamten Strecke tauchten Priester und Tempelsklaven Olivenzweige in Gefäße mit geweihtem, parfümiertem Wasser und benetzten uns großzügig damit wie die Circusangestellten, die bei den Rennen Wasser auf die qualmenden Achsen der Wagen spritzten. Das konnten wir wahrlich gebrauchen, und wir waren sehr dankbar, weil das rituelle Gesetz verlangte, daß wir während der gesamten Zeremonie nichts tranken.
    Am Nachmittag hatten wir die zweite Runde hinter uns gebracht, und einige befanden sich in beklagenswertem Zustand.
    Meine Schulter, mein Hals und mein Rücken fühlten sich an wie geschmolzene Bronze, und vor meinen Augen tanzten kleine Pünktchen. Mein rechter Arm war praktisch taub, meine Knie zittrig, und meine Füße bluteten trotz der verschärften Märsche, die ich in Gallien zu bewältigen hatte. Ich war noch besser dran als neunzig Prozent der restlichen Träger. Clodius stand kurz vor dem Koma, trottete jedoch auf lahmen Füßen weiter. Sein Ungemach war mir längst kein Trost mehr. Cato klammerte sich stolz an seine stoische Pose, doch ich sah die Zeichen der Erschöpfung in seinem Gesicht. Nur Milo und Baibus wirkten noch unversehrt, aber keiner von beiden war ein gewöhnlicher Sterblicher. Viele meiner Kollegen würden ganz offensichtlich keine Viertelrunde mehr durchhalten, und ich hatte alptraumhafte Visionen, die betäubten Tiere würden langsam zu sich kommen und die ganze Sänfte ins Schaukeln bringen.
    »Gut, Männer, gut!« sagte Pompeius, als wir die dritte und letzte Runde um die Stadtmauer antraten. »Nur noch ein kleiner Fußmarsch, und ihr habt es geschafft! Wir werden hier auf euch warten und uns für das Opfer bereit halten.«
    »Wenn das man nicht ein bißchen voreilig ist«, meinte jemand keuchend, als wir zur dritten Runde aufbrachen.
    »So ist Pompeius eben«, sagte ein anderer mit schleimerstickter Stimme, »immer optimistisch.«
    »Spart euren Atem«, mahnte Milo.
    »Genau«, stimmte Baibus ihm in leicht akzentbehaftetem Latein zu. »Jetzt kommt der schwierige Teil.«
    Und es war verdammt schwierig. Wenig später brachen weitere Männer zusammen, so daß die hinter ihnen Gehenden ins Stolpern kamen und das Floß zu schwanken begann, was mir zu meinen vielen Ängsten eine weitere bescherte. In welche Richtung würde die Sänfte fallen, wenn sie stürzte? Die Männer, die auf der falschen Seite standen, würden von etwa einer Tonne Holz und lebendigem Vieh begraben werden. Aber vielleicht war es das, dachte ich, was die Götter wollten. Ein paar zerquetschte Senatoren würden ein eindrucksvolles und einzigartiges Opfer

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