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Der Fluch des Volkstribuns

Der Fluch des Volkstribuns

Titel: Der Fluch des Volkstribuns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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und Not, nehme ich an. Das Schlimme ist, daß ich nicht mal im Tempel des Herkules opfern und um Kraft bitten kann.«
    »Zumindest bist du in der besten Form deines Lebens«, sagte sie aufmunternd. »Das weiß ich besser als sonst irgend jemand!«

V
    Ausnahmsweise einmal nörgelte und beschwerte ich mich nicht, als ich am nächsten Morgen vor Anbruch der Dämmerung aufstehen mußte. Dafür war ich viel zu nervös. Ich nahm nur ein leichtes Frühstück zu mir, trank jedoch reichlich Wasser, weil ich nur zu genau wußte, wie heftig ich in Kürze schwitzen würde. Ich zog meine rote Militärtunika und meine Caligae an, wie es nach uralter Sitte zur Feier des Lustrums üblich war.
    »Die patrizischen Frauen versammeln sich im Tempel der Vesta«, erklärte mir Julia. »Dort werde ich sein.« Sie trug ihre Patrizische-Dame-Persönlichkeit, wie es ihr ihre Großmutter für Krisenzeiten beigebracht hatte. Mir schauderte bei dem Gedanken, daß sie eines Tages wie Aurelia werden könnte.
    »Dann treffe ich dich dort, meine Liebe, obwohl ich vielleicht getragen werden muß. Hermes, hast du meine Sachen?«
    »Gleich hier«, sagte er und klopfte auf einen unförmigen Fellsack, der den Großteil meiner Militärausrüstung enthielt, die möglicherweise an einem bestimmten Punkt der Zeremonie gebraucht wurde. Sie werden bestimmt nicht verlangen, daß wir die ganze Zeit unsere Rüstung tragen, dachte ich. Aber möglich war alles.
    Ich küßte Julia und machte mich, Hermes dicht hinter mir, auf den Weg. Bis zur Eingangstür bestreute mich die alte Cassandra mit getrockneten Kräutern und rief vergessene Bauerngottheiten an, mir Kraft zu verleihen. Wahrscheinlich hörten sie an jenem Speziellen Morgen gerade nicht zu, doch ich hatte nicht vor, auch nur das geringste Hilfsangebot auszuschlagen; schaden konnte es bestimmt nicht.
    Auf den Straßen herrschte Gedränge, weil die Leute ihre Häuser verließen, um einen Zuschauerplatz auf der Mauer zu ergattern. Trotz des ernsten Anlasses lag eine gedämpfte Feiertagsstimmung in der Luft wie immer, wenn der Alltag durch ein außergewöhnliches Ereignis unterbrochen wird.
    Der Senat versammelte sich im Fackelschein vor dem Tor, das dem Fuße des Capitols am nächsten lag.
    »Senatoren!« rief Pompeius, »die Sonne wird bald aufgehen, so daß uns nur wenig Zeit bleibt, uns zu formieren. Die Liktoren werden jedem von euch einen Platz an den Tragestangen zuteilen. Da die Stangen in der Mitte ein wenig durchhängen werden, werden die kleineren in der Mitte, die größeren an den Enden Aufstellung nehmen. Viele ältere Senatoren haben sich freiwillig gemeldet, ein Stück des Weges mit zugehen. Auch ich selbst werde für einen Teil des Rundkurses mit anpacken. Doch die Senatoren unter Vierzig haben die vollen drei Runden zu absolvieren, ist das klar? Jeder, der schlappmacht, sollte besser daran denken, daß die Censoren zuschauen und ihre Säuberung der Senatorenlisten noch nicht abgeschlossen haben. Von jedem, der zu Boden geht, möchte ich persönlich ein Todesröcheln hören. Liktoren! Bringt sie in Aufstellung!«
    Mit forscher Effizienz stellten uns die Liktoren nach Größe nebeneinander auf, die kleinsten ganz links, die größten ganz rechts. Ich landete neben Cato, der in voller Legionärsausrüstung angetreten war, einschließlich einem Schild, den er über den Rücken geworfen hatte.
    »Wie weit willst du den ganzen Kram schleppen, Cato?« fragte ich.
    »Was soll das heißen? Drei Runden natürlich.«
    »Du weißt doch, daß du das nicht unbedingt mußt«, sagte ich.
    »Nur die unter Vierzigjährigen müssen die vollen drei Runden absolvieren.«
    »Ich bin in dem Jahr geboren, in dem Valerius und Herennius Konsuln waren«, erwiderte er steif.
    »Im selben Jahr wie ich?« fragte ich fassungslos. »Unglaublich!« Cato war einer dieser Männer, die von Kindheit an den Eindruck erwecken, alt zu sein. Ich hatte ihn immer für mindestens zehn Jahre älter als mich gehalten, eher mehr.
    »Äh!« sagte Cato, ohne mich zu beachten. »Das ist großartig!
    Damit müssen die Götter einfach zufrieden sein!«
    Die Dämmerung kroch über das Feld, und ich erkannte endlich genau, was wir zu schleppen hatten. »O nein!«
    Die Priester und Tempelsklaven hatten sich fürwahr selbst übertroffen, um die Götter zu ehren. Die Sänfte war von der Art, wie sie bei Triumphzügen benutzt wird, doch diese war selbst für triumphale Maßstäbe außergewöhnlich groß, mit zwei Tragestangen so dick wie

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