Der Flug der Aurora – Die Frontier-Saga (1): Die Frontier-Saga 1 (German Edition)
ob das nicht ein Fehler gewesen war. Nathan hatte sich über Rangunterschiede noch nie Gedanken gemacht. Er nahm sie zur Kenntnis und respektierte sie. Schließlich war die Flotte eine militärische Veranstaltung, und um zu funktionieren, war sie wie alle anderen Militärorganisationen auf Rangunterschiede und Disziplin angewiesen. Dafür hatte er volles Verständnis. Aber selbst einen Rang zu haben, das bedeutete ihm nicht viel. Vermutlich rührte es daher, dass er es gewohnt war, die zweite Geige zu spielen. Nathan mochte seinen Job. Er liebte es, das Schiff zu fliegen, aber das Kommandieren betrachtete er eher als Bürde denn als Privileg.
»Da bist du ja endlich!«, sagte Wladimir von seiner Koje aus, als Nathan in ihre gemeinsame Kabine trat. »Ich hab mich schon gefragt, ob du vielleicht im Simulator eingeschlafen bist!«
»Die letzten beiden Stunden über war ich damit beschäftigt, beleidigende Angriffe über mich ergehen zu lassen«, erklärte Nathan, als er das Uniformhemd auszog.
»Wovon redest du?«
Nathan kickte die Schuhe weg, ließ sich in seine Koje fallen und wälzte sich auf den Rücken. »Erst wurde ich vom Captain zusammengestaucht. Dann hat Camerons Zimmergenossin ihren Senf dazugeben.«
»Die kleine Rothaarige?«, fragte Wladimir nach. »Das ist eine ganz Feurige.«
»Stimmt genau. Und dann hatte ich im Hangar noch eine kleine verbale Auseinandersetzung mit Cameron.«
»Das hört sich nicht gut an«, sagte Wladimir mitfühlend. »Was hat der Captain von dir gewollt?«
»Sagen wir mal so: Wenn Cam und ich uns in den nächsten Tagen nicht zusammenraufen, kriegst du einen neuen Mitbewohner.«
»Bah! Dazu wird es nicht kommen, mein Freund. Wirst schon sehen.«
»Da bin ich mir nicht so sicher, Wladi. Wir haben die Simulationen reihenweise in den Sand gesetzt! Wenn ich Captain wäre, würde ich uns nicht mal ein Frachtshuttle fliegen lassen, geschweige denn ein Raumschiff.«
»Nathan, du machst dir zu viele Sorgen. Die Simulationen, die man euch vorgesetzt hat, waren total verrückt! So was kommt in der Praxis doch gar nicht vor! Die Leute, die sich so was ausdenken, lesen zu viele Science-Fiction-Bücher. Glaub mir, Leuten wie uns passiert so was nicht.«
»Ich weiß nicht«, meinte Nathan.
»Hör mal, wenn man dir ein normales Szenario vorsetzt, flieg hierhin, dock hier an, dock dort an – dann kommst du damit doch klar, oder?«
»Ja, schon, aber …«
»Glaub mir, das weiß auch der Captain.«
»Mag sein, aber es geht nicht ums Fliegen. Es geht darum, dass Cam und ich nicht miteinander auskommen.«
»Ja, ist mir auch schon zu Ohren gekommen.«
»Was?«
»Das weiß doch jeder«, sagte Waldimir. »Es heißt, ihr wärt wie ein altes Ehepaar.« Er lachte. »Hey, vielleicht solltest du mit ihr schlafen!«
»Und du glaubst, das würde helfen?«, protestierte Nathan.
»Okay, dann sollte ich vielleicht mit ihr schlafen.«
»Jetzt krieg dich mal ein.«
»Das wäre ein großes Opfer. Aber für dich nähme ich das auf mich«, scherzte Wladimir.
»Nein, danke«, meinte Nathan kichernd. »Das wird nicht nötig sein.«
»Bist du sicher? Ich kann’s gleich mal versuchen. Stets zu Diensten, du weißt schon.«
»Schluss jetzt, es reicht!«
Sie lachten beide, dann wechselte Nathan das Thema. »Wo wir gerade von Beziehungsproblemen sprechen, wie läuft es eigentlich in deinem Sektor?«
»Besser«, antwortete Waldimir. »Sie ist nicht mehr so nervig wie am Anfang. Sie ist immer noch lästig, klar. Aber nicht mehr so häufig.«
»Wie das? Hast du mit ihr geschlafen?«
»Nein, natürlich nicht!«, protestierte Wladimir. »Nicht, dass ich mich notfalls nicht würde breitschlagen lassen.«
»Zum Wohle des Schiffes?«, scherzte Nathan.
»Ja, zum Wohle des Schiffs!«, erklärte Wladimir stolz. »Für die Aurora !«
»Für die Aurora !« Nathan lachte.
Captain Roberts betrat den Besprechungsraum um genau 08:00, in der einen Hand das Datenpad, in der anderen einen Kaffeebecher. »Guten Morgen, Gentlemen«, grüßte er und nahm am Kopfende des Tisches Platz. Commander Montero, sein Erster Offizier, und Lieutenant Commander Patel, der Leitende Maschinist, saßen bereits. »Danke, dass Sie gekommen sind. Ich weiß, Sie haben viel zu tun, da wir noch immer unterbesetzt sind, deshalb werde ich mich bemühen, die Besprechung möglichst kurz zu halten.«
Der Captain nahm einen Schluck Kaffee, bevor er fortfuhr und wie gewöhnlich seine Notizen auf dem Datenpad aufrief, damit er alle relevanten
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