Der Flug der Libelle
die Aggregate weit g e nug beiseite gerückt hatte, um den Propeller durch die Tür zu beko m men. Dazu mußte sie mit einem Laserschneider etwas von der Trägerkonstruktion entfernen. Es kam ihr vor, als wol l ten die scharfen Kanten des ein Meter breiten Pr o pellers und seines Fußes nach i h rem Fleisch schnappen, während sie sich in ihren Overall quälte und dann in den Schutzanzug, der sich im Wasser ebenso bewährte wie im Weltraum.
Trotz ihrer Erschöpfung ging sie mit Richard sorgfältig ihre Checkliste durch und tat dann dasselbe mit ihm. Sie ließ ihn durch die Schleuse vorangehen und führte dann den Ventilator ein, der den Vorzug genoß, mit seinem gefährl i chen Charakter die ganze Schleuse für sich allein zu haben. Nachdem Richard den tödlichen Kasten samt sich langsam drehendem Propeller aus der Schleuse herausgeholt hatte, schleuste Karin sich selbst durch und folgte Richard, der unter den linken Flügel losschwamm. Karin holte aus ihrem Werkzeuggürtel einen großen Universalschraubenschlüssel und kümmerte sich um die Bolzen an der Außenseite, wä h rend ein großes Segment von Jills innerem Zweig in den Flügel hineinkroch und sich der inneren Verbindungen a n nahm. Als die letzten Halterungen gelöst waren, winkte K a rin Richard zurück. Der schwere Ventilator mit seiner Zah n lücke fiel vom Flügel herunter und in der geringen Schwere langsam zu Boden.
Die nächste Schinderei bestand darin, den kleinen Prope l ler der Klimaanlage an die Stelle des viel größeren VTO L -Propellers zu setzen. Es war für Richard nicht schwierig, den Ventilator in Position zu bringen, während die meisten Blä t ter unter Wasser waren; aber es blieb so viel freier Raum übrig, daß eine Verstrebung geschaffen werden mußte. K a rin verfolgte die Situation in dem schwindenden Licht und machte Längenmessungen beim Schein ihrer vielseit i gen Permaleuchte. Auf Eau setzte die Abenddämmerung ein. Für die beiden wurde es Zeit. Sie klemmten den Vent i lator in der klaffenden Lücke des Flügels der › Libelle ‹ fest, schwa m men zum Rumpf und schleusten sich wieder ein.
George und Arielle konnten sich zum ersten Male seit vielen Tagen ausruhen. Sie genossen eine von Davids Son o video-Kompositionen auf dem großen Farbbildschirm über der Computerkonsole. Jeder hatte ein eigenes Stück des Weihnachtszweiges als Stereo-Kopfhörer an den Ohren. David improvisierte einige zusätzliche akustische und vis u elle Effekte, um sie der Aufzeichnung von › Flight ‹ noch z u zufügen, die Milliarden Leute in sechs Lichtjahren Entfe r nung auf der Erde in Begeisterung versetzen sollte, wenn sie sie nach einem halben Dutzend Jahren hören und sehen würden. Während George die Musik hörte und das Video anschaute, glaubte er, David hätte den Höhepunkt seines Schaffens erreicht, so müde er auch war, oder vielleicht g e rade deshalb. Bei einem raschen Blick auf die Konsole merkte George, daß jemand (wahrscheinlich Jill) den Hig h -Fidelity-Sonovideo-Recorder eingeschaltet hatte. Dieser tr i umphale Abend eines Genius ’ würde nicht verloren gehen.
Aus dem Heck des Universalflugzeugs kamen Geräusche. Sie störten das Konzert nicht ernstlich, aber George fühlte sich in seiner Verantwortlichkeit als Kommandant veranlaßt, darauf zu achten. Schließlich identifizierte er die Geräusche als von zwei großen Menschen herrührend, die in der gle i chen kleinen Kabine zu duschen versuchten. Er machte in Nähe seines Ohres eine Handbewegung, wie um einen Knopf zu drehen; und die Lautstärke in seinem Kopfhörer wurde größer, so daß sie das Geräusch von hinten übertönte. Er entspannte sich und betrachtete mit Genuß das schöne Video, das seinen Augen wohltat.
Zwanzig Minuten später kam Karin durch den Privatvo r hang. Sie suchte sich einen Weg durch die müßigen Leute, die sich um die Computerkonsole drängten, und ging zu e i ner Cockpitkonsole. George sah sie vorbeigehen und stand auf, um ihr zu folgen.
»Wo ist Richard? « fragte er.
Karin grinste verständnisvoll. »Der schnarcht tief in einer Koje. Er hat heute eine Menge Schwerarbeit geleistet. «
»Du doch auch «, sagte George. »Meinst du nicht, du sol l test auch noch etwas Schlaf bekommen, ehe es in drei Stu n den wieder Tag wird? «
»Wir müssen eine Haltekonstruktion machen. Ich dachte, Jil l u nd ich könnten die entwerfen, bevor ich zu Bett gehe. Der Zweig kann sie dann bauen, während ich neun Stunden Schlaf bekomme. Ich bin seit
Weitere Kostenlose Bücher