Der Fluss
Seite auf, auf der das Rezept für panierte Schnitzel stand.
Anfangs, nach seiner Rückkehr, hatte er immer Hun ger gehabt. Immer musste er an Essen denken. Er lief hinaus und kaufte sich einen Hamburger, den er ver schlang, trank dazu eine Malzmilch und dachte schon an den nächsten Hamburger, den er sich kaufen wollte …
Aber das ging nicht. Sein Magen war irgendwie ge schrumpft. Er fühlte sich sofort schwer und aufgedun sen, wenn er zuviel aß, und so hatte er schließlich aufge hört, sich vollzustopfen.
Trotzdem war das Essen für ihn noch immer eine Quelle von Lust und Freude, wie jetzt, wo er sich daran machte, die Schweineschnitzel vorzubereiten, langsam und sorgfältig, und er freute sich auch an seiner Arbeit.
Er schnitt das Fett und die Sehnen ab, wälzte die Fleischstücke in Eigelb und Mehl, heizte den Herd vor und legte sie in einen Topf aus Jenaer Glas.
Während die Schnitzel im Backofen schmorten, schaute er auf die Uhr – in einer halben Stunde würde die Mutter kommen, und sie kam nie zu spät.
Brian legte zwei große Kartoffeln auf einen Teller, um sie im Mikrowellenherd zu garen. Das Essen würde fertig sein, wenn die Mutter nach Hause kam; sie würden sich an den Tisch setzen und zu Mittag essen, bevor die drei Männer zurückkehrten.
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Das Essen sei köstlich gewesen, sagte die Mutter und lehnte sich lächelnd vom Tisch zurück. »Wie immer.« Brian nickte. »Ich habe schnell etwas improvisiert.« Gemeinsam räumten sie den Tisch ab und stellten das Geschirr in die Spüle. Merkwürdig, wie nah ihm die Mutter jetzt war, seit seiner Rückkehr. Sosehr die Scheidung der Eltern ihn gequält hatte, sosehr dieser andere Mann ihn beunruhigt hatte – irgendetwas war geschehen, dort draußen in der Wildnis, als er dem Tod ins Auge gesehen hatte. Er hatte angefangen, sich selbst und andere Menschen besser zu verstehen. Er hatte erkannt, dass er nicht immer Recht hatte; ja, dass er sich öfter irrte. Und gleichzeitig hatte er festgestellt, dass die anderen nicht immer im Unrecht waren.
Er hatte gelernt, Dinge und Menschen zu akzeptieren: seine Mutter, die neue Situation, sein Leben, all dies. Und jetzt, wo er seine Mutter akzeptieren konnte, hatte er festgestellt, dass er sie bewunderte.
Sie versuchte, ihr Leben allein aufzubauen, sich beruf lich auf eigene Füße zu stellen. Sie arbeitete bei einem Immobilienmakler, und es war ein harter Job.
»Wir müssen mal reden«, sagte er, während er die Tel ler in die Spülmaschine schob. Teller zu haben, dachte er, wie wunderbar. Teller und Töpfe und Pfannen zu haben - und einen Herd, um Essen zu kochen. Immer wieder musste er staunen. »Ein paar Männer waren da, die mit dir sprechen wollen.«
»Wie, welche Männer? « Brian erzählte ihr von Derek und den anderen beide n und davon, was sie von ihm wollten.
»Du meinst, was sie angeblich wollten, nicht wahr? So etwas kann jeder behaupten. Das klang am Telefon ganz anders. Ich glaube, wir sollten die Polizei informieren.«
Er zuckte die Schultern. »Wie du meinst. Auch ich hatte erst ein bisschen Angst. Aber sie machten mir doch einen ganz vernünftigen Eindruck. Sie waren in Ord nung, fand ich, darum sagte ich ihnen, sie könnten wie derkommen.«
Die Mutter dachte kurz nach und endlich nickte sie. »Sehen wir also, was diese Leute wollen. Immerhin kön nen wir sie anhören.«
Wie auf ein Stichwort schellte in diesem Moment die Glocke, und Brians Mutter ging zur Tür.
Draußen stand Derek – diesmal allein. Er trat einen Schritt zurück, damit die beiden ihn durch das Guckloch in der Tür erkennen konnten.
Die Mutter schloss auf.
»Hallo. Mein Name ist Derek Holtzer -«
»Mein Sohn hat mir schon von Ihnen erzählt. Wo sind die beiden anderen Herren?«
»Wir dachten uns, es ist weniger aufdringlich, wenn nur einer von uns kommt. Die anderen sind im Hotel geblieben.«
»Bitte, treten Sie ein. Trinken Sie mit uns eine Tasse Kaffee.«
Derek folgte ihr, sie setzten sich an den Tisch im Wohnzimmer, und Derek erklärte Brians Mutter seinen Plan – alles, was er Brian schon erzählt hatte.
»Wir werden die Operation genau kontrollieren«, sagte er schließlich, »und alle Vorsichtsmaßnahmen tref fen. Natürlich werden wir nichts ohne Ihre Einwilligung und die von Brians Vater tun«, fügte Derek hinzu.
Die Mutter trank einen Schluck Kaffee und setzte lang sam die Tasse ab. Mit gleichmütiger Stimme, als spräche sie über das Wetter, sagte sie: »Ich finde es verrückt.«
Brian konnte
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