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Der Frauenhaendler

Der Frauenhaendler

Titel: Der Frauenhaendler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giogio Faletti
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für ein paar Stunden in die Dunkelheit befördern, in der Lucio sein gesamtes Leben verbringt.
     

 
Kapitel 3
     
    Ich öffne die Augen.
    Ich schalte die Lampe auf dem Nachtschränkchen an und schaue auf die Uhr. Die Zeiger bilden den spitzen Winkel, der für halb sechs steht. Die Laken sind straff gespannt, als hätte ich nicht darin geschlafen. Mein Schlaf war traumlos, und das Erwachen ist eine schmerzlose Geburt. Es ist sonderbar, wie manchmal der Geist, wenn er sich mit der Dunkelheit vereint, schlimme Erinnerungen in Albträume zu verwandeln vermag.
    Das, was ich seit Jahren mit mir herumtrage, ist in einen Teil meines Gehirns eingebrannt, verborgen hinter dem Bewusstseinsschild der Gesten und Worte. Im Schlaf, wenn er denn kommt, gibt es kein Entrinnen mehr. Dann liege ich wie in Fesseln, ein Gefangener dessen, was der Geist mir eingibt. Heute jedoch hat der Meister der Albträume vergessen, dass es mich gibt, und ich bin unversehrt wieder aufgetaucht.
    Ich schiebe die Beine vom Bett herunter und bleibe so lange sitzen, bis mein Leben sich wieder zusammenfügt und meine Gedanken in der Gegenwart ankommen. Dann erhebe ich mich und gehe über den Teppichboden in eine winzige Küche, in der ich im Gegensatz zu Lucio sehen kann, was sich in den Hängeschränken befindet. Sonderbar ist, dass ich mich gelegentlich stoße, während ihm das nie passiert.
    Von draußen dringt der späte Frühlingsnachmittag herein.
    Jacke und Hemd liegen nicht mehr auf dem Sofa. In der Spüle fehlen die schmutzigen Teller und Gläser. Die geleerten und ausgespülten Aschenbecher stehen zum Trocknen daneben. Während ich geschlafen habe, war Signora Argenti da, meine winzige Putzfrau, um sich um die Wohnung und ihren Bewohner zu kümmern.
    Ich hantiere ein wenig herum, um den Kaffee aufzusetzen. Während ich darauf warte, dass Kanne und Gasherd ihre Arbeit tun, schalte ich das Radio an. Wie in einer stillschweigenden Vereinbarung mit meinem Nachbarn ziehe ich es ebenfalls dem Fernseher vor. Er, weil er nichts sieht, ich, weil ich manchmal nichts sehen will. Die Stimme eines Sprechers tönt durch den Raum.
    … unter Berufung auf das Kommuniqué Nummer sechs der Roten Brigaden, das sie vor zwei Tagen der Tageszeitung »La Repubblica« haben zukommen lassen, in dem sie verkünden, dass der Gefangene Aldo Moro nach einer ausgiebigen Befragung zum Tode verurteilt wurde, hat Präsident Leone mit folgenden Worten …
    Ich wechsele den Sender. Ich werde niemals erfahren, welche Worte er sprach. Die Stimme weicht einem Stück Rockmusik, das ich nicht kenne, aber gerne als Ersatz akzeptiere. Es gibt Momente, in denen ich es nicht ertrage, wenn jemand über die Einsamkeit redet, und die Geschichte dieses Mannes ist voll davon. Die Fotos von seiner Gefangenschaft, sein verzweifeltes Gesicht, seine Verurteilung haben mich auf den Gedanken gebracht, dass, wenn einer mit dem Verdacht lebt, vom Nichts umgeben zu sein, fast immer irgendetwas auftaucht, das diesen Verdacht in Gewissheit verwandelt. Wer weiß, ob er das nicht auch so empfunden hat, als die große Welt, die ihm stets offenstand, auf die paar Quadratmeter eines Zimmers zusammenschrumpfte.
    Ich wende mich wieder meinem Herd zu, wo mich lediglich die Vertraulichkeiten der Espressokanne und ein paar bedeutungsleere Dampfschwaden erwarten, gieße den Kaffee ein und trinke. Der Piepser auf der Kommode gibt einen Laut von sich, der onomatopoetisch als ein Piepsen klassifiziert werden kann. Aus Gründen der Bequemlichkeit bin ich bei einem Telefondienst angemeldet. Das ist ein wenig teuer, lohnt sich aber. Immer wenn das Gerät ein Signal aussendet, will es mir mitteilen, dass in der Zentrale von Eurocheck ein Anruf für mich eingegangen ist.
    Ich gehe zum Telefon und wähle die Nummer. Die leicht belegte Stimme des Vermittlers meldet sich. Ohne weitere Umstände nenne ich meine Identität.
    »Hier ist Bravo. Code 1182.«
    »Guten Abend. Sie möchten bitte die Nummer 02 67859 anrufen. Kein Name.«
    »Danke.«
    »Danke Ihnen, Signore.«
    Damit verschwindet der Vermittler wieder aus meiner Realität. Ich notiere die Nummer auf einen Block, der neben dem Telefon liegt. Sie sagt mir nichts. Fast alle Nummern, die wichtig für mich sind, kenne ich auswendig, aber diese ist mir völlig unbekannt. Dass die Person keinen Namen hinterlassen hat, ist wiederum normal. Nicht alle sind bereit, Beweise zu streuen, wenn sie zu Nutten gehen. Nachdem es ein paar Mal geläutet hat, meldet sich eine

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