Der Frauenkrieg (German Edition)
niedrigen, gewölbten Pforte hervorströmte, die sich nach einem Keller öffnete, der als Holzkammer benützt wurde; ohne Zweifel war in diesem Keller eine geheime Öffnung, wie oben an Canolles' Bette.
»Hier sind sie!« rief Canolles: »beeilt Euch, hier sind sie.«
In demselben Augenblick erwiderte das Feuer von etwa zwanzig Musketen den Schuß der Schildwache. Ein paar Kugeln zerschmetterten die Scheiben des Fensters, das Canolles rasch wieder schloß.
Er wandte sich um, Nanon lag auf den Knien. Durch die innere Tür liefen die Frauen und ihr Lakai herbei,
»Es ist kein Augenblick zu verlieren, Nanon,« rief Canolles; »kommt! kommt!«
Und er zog die junge Frau in seine Arme empor, wie er es mit einer Feder getan hätte, drang in den unterirdischen Gang und rief Nanons Leuten zu, sie sollten ihm folgen.
Der Sergeant war, die Fackel in der Hand, an seinem Posten; die zwei Soldaten hielten sich, mit angezündeter Lunte bereit, Feuer auf eine Gruppe zu geben, in deren Mitte bleich und mit vielen Freundschaftsversicherungen unser alter Bekannter, Meister Pompée, erschien.
»Oh! Herr von Canolles,« rief er, »sagt ihnen doch, wir seien die Leute, die Ihr erwartet; zum Teufel, man macht keine solche Späße mit Freunden.«
»Pompée,« sagte Canolles, »ich empfehle Euch diese Dame; es hat mir jemand, den Ihr kennt, bei seiner Ehre für sie gebürgt. Ihr haftet mir für sie mit Eurem Kopfe. »Ja, ja, ich hafte für alles,« erwiderte Pompée.
»Canolles, Canolles,« ich verlasse Euch nicht,« rief Nanon, sich an den Hals des jungen Mannes anklammernd: »Canolles, Ihr habt mir versprochen, mir zu folgen.«
»Ich habe gelobt, das Fort Saint-George zu verteidigen, solange ein Stein auf dem andern steht, und ich werde mein Versprechen halten.«
Und trotz des Geschreis, des Flehens, der Bitten Nanons übergab er sie Pompée, der sie, von zwei oder drei Lakaien unterstützt, in die Tiefe des unterirdischen Ganges fortzog.
Canolles folgte mit den Augen einige Sekunden dem zarten, weißen Phantome, das sich, die Arme nach ihm ausstreckend, entfernte. Plötzlich aber erinnerte er sich, daß er anderswo erwartet wurde, und eilte mit dem Sergeanten und den zwei Soldaten nach der Treppe.
Vibrac war in seinem Zimmer, ohne Hut, bleich und den Degen in der Hand.
»Kommandant,« rief er, als er Canolles erblickte, »der Feind... der Feind!«
»Ich weiß es.«
»Was ist zu tun?« – »Bei Gott! eine schöne Frage; wir müssen uns töten lassen.«
Canolles eilte nach dem Hofe. Unterwegs bemerkte er eine Schanzgräberaxt und ergriff sie.
Der Hof war voll von Feinden; sechzig Soldaten der Garnison versuchten, in eine Gruppe vereinigt, die Tür von Canolles' Wohnung zu verteidigen. Geschrei und Flintenschüsse von der Seite des Walles verkündigten, daß man überall handgemein war.
»Wer Kommandant! der Kommandant!« riefen die Soldaten, sobald sie Canolles gewahr wurden.
»Ja! ja!« antwortete dieser, »der Kommandant kommt, um mit Euch zu sterben. Mut! Freunde! Mut! Man hat Euch durch Verrat gefaßt da man Euch nicht besiegen konnte.« »Alles ist gut im Kriege,« sagte die spöttische Stimme Ravaillys, der, den Arm in der Binde, seine Leute anfeuerte, Canolles zu ergreifen. »Ergib dich, Canolles, ergib dich, und du sollst eine gute Kapitulation bekommen.«
»Ah, du bist es, Ravailly,« rief Canolles. »Ich glaubte doch die Schuld der Freundschaft an dich abgetragen zu haben? Du bist nicht zufrieden, warte...«
Und Canolles sprang fünf bis sechs Schritte vor, und schleuderte die Axt, die er in der Hand hielt, mit solcher Gewalt nach Ravailly, daß sie neben dem Kapitän den Helm eines Bürgeroffiziers spaltete, der tot niederstürzte.
»Pest!« sagte Ravailly, »so erwiderst du die Höflichkeiten, die man dir erzeigt? Ich sollte übrigens an deine Manieren gewöhnt sein. Freunde, er ist rasend, Feuer auf ihn! Feuer!«
Auf diesen Befehl brach ein kräftiges Gewehrfeuer aus den feindlichen Reihen hervor, und fünf bis sechs Mann fielen neben Canolles.
»Feuer!« rief dieser ebenfalls, »Feuer!«
Aber es antworteten kaum ein paar Musketenschüsse. In dem Augenblick überrumpelt, wo sie es am wenigsten erwarteten, halte die Garnison den Mut verloren.
Canolles sah, daß nichts mehr zu tun war.
»Geht herein,« sagte er zu Vibrac, »geht herein und laßt Eure Leute ebenfalls hereingehen; wir verrammeln uns und ergeben uns nur, wenn sie unsere Stellung im Sturme erobert haben.«
»Zurück!« rief Vibrac,
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