Der Frauenkrieg
ihm sagte. Castorin, der schon vorher seine Instruktionen erhalten hatte, holte den Brief, und Canolles erteilte ihm Befehl, sich zum Nachtlager in Jaulnay einzufinden.
In Beziehung auf das Gasthaus war kein Irrtum möglich, denn Jaulnay besaß nur das eine zum
Grand-Charles-Martel
.
Man begab sich auf den Marsch. Fünfhundert Schritte von Poitiers, wo man diniert hatte, schlug Castorin einen Seitenweg rechts ein; man ritt noch zwei Stunden; da erkannte Canolles, nach den Merkmalen, die er sich hatte nennen lassen, das Haus seines Freundes, zeigte es dem Vicomte, nahm Abschied von diesem, wiederholte Pompée den Auftrag, ihm das geeignete Zimmer zu besorgen, und schlug einen Seitenweg links ein.
Man kam bei Nacht in das Dorf; der Regen stürzte in Strömen herab. Zum Glück war ein Zimmer geheizt. Dem Vicomte lag nur daran, eiligst die Kleider zu wechseln; er nahm daher dieses Zimmer und beauftragte Pompée, für Canolles' Zimmer zu sorgen.
»Es ist bereits geschehen,« sagte der selbstsüchtige Pompée, den sehnsüchtig nach seinem Bett verlangte; »die Wirtin hat versprochen, dafür besorgt zu sein.«
»Gut. Mein Necessaire?« – »Hier.«
»Meine Flacons?« – »Hier sind sie.«
»Ich danke. Wo schläfst du, Pompée?« – »Am Ende des Hausflurs.«
»Und wenn ich etwas brauche?« – »Hier ist eine Glocke; die Wirtin wird kommen.«
»Wohl. Diese Tür schließt gut, nicht wahr?« – »Der Herr Vicomte kann selbst sehen.«
»Es sind keine Riegel daran?« – »Nein, aber ein Schloß.«
»Gut. Ich werde mich von innen einschließen. Es ist kein anderer Ausgang vorhanden?« – »Nicht, daß ich wüßte.«
Pompée nahm das Licht und ging im Zimmer umher.
»Sieh nach, ob die Läden fest sind.« – »Die Haken sind eingelegt.«
»Geh, Pompée.«
Pompée entfernte sich, und der Vicomte drehte den Schlüssel um.
Eine Stunde nachher verließ Castorin, der zuerst in dem Gasthause angelangt war und neben Pompée wohnte, ohne daß dieser es vermutete, sein Zimmer auf den Fußspitzen und öffnete Canolles die Tür.
Canolles schlüpfte mit pochendem Herzen in das Haus, befahl Castorin, die Tür wieder zu verschließen, ließ sich das Zimmer des Vicomte bezeichnen und stieg hinauf.
Der Vicomte war im Begriff, sich zu Bette zu legen, als er Tritte im Hausflur hörte. Wie man weiß, war er aber äußerst furchtsam, und die Tritte ließen ihn erbeben. Sie hielten vor seiner Tür, und gleich darauf klopfte es an.
»Wer ist da?« fragte eine so zitternde Stimme, daß Canolles den Klang kaum erkannt hätte.
»Ich!« antwortete Canolles.
»Wie, Ihr?« versetzte die Stimme, von einem Schrecken zum andern übergehend.
»Ja, denkt Euch doch, Vicomte, es ist kein Platz mehr in unserem Gasthause, es ist kein einziges Zimmer mehr frei. Euer Dummkopf von Pompée hat nicht an mich gedacht. Es gibt kein anderes Wirtshaus im Dorfe und da in Eurem Zimmer zwei Betten stehen ...«
Der Vicomte warf voll Schrecken einen Blick auf die Zwillingsbetten, die nur durch einen Tisch getrennt nebeneinander im Alkoven standen.
»Nun, Ihr begreift wohl,« fuhr Canolles fort, »ich bitte um das eine; öffnet mir rasch, ich flehe Euch an, denn ich erfriere.«
Man hörte jetzt ein Durcheinanderwerfen, ein Zerknittern von Kleidern und hastige Schritte.
»Ja, ja, Baron,« sagte der Vicomte mit einer Stimme, die immer größere Bestürzung verriet: »ja, ich komme, ich eile.«
»Ich warte, aber ich bitte, öffnet schleunigst, wenn Ihr mich nicht in Eis verwandelt finden wollt.«
»Verzeiht, aber ich schlief.«
»Mir kam es vor, als hättet Ihr Licht.«
»Ihr täuschtet Euch.«
Und das Licht wurde sogleich ausgelöscht; Canolles beklagte sich nicht darüber.
»Hier bin ich ... Ich finde die Tür nicht,« fuhr der Vicomte fort.
»Ah! das glaube ich wohl,« erwiderte Canolles. »Ich höre Eure Stimme am andern Ende des Zimmers ... hierher ...«
»Ich suche die Glocke, um Pompée herbeizurufen.«
»Pompée ist am entgegengesetzten Ende des Hausflurs und wird Euch nicht hören. Ich wollte ihn wecken, um zu fragen, wie die Sache stehe; aber unmöglich, er schläft wie ein Dachs.«
»Dann werde ich die Wirtin rufen.«
»Bah! die Wirtin hat ihr Bett einem Reisenden abgetreten und ist auf den Speicher schlafen gegangen. Niemand würde kommen, mein lieber Freund. Warum wollt Ihr übrigens Leute rufen? Ich brauche niemand.«
»Aber ich.«
»Ihr, Ihr öffnet mir Eure Tür, und ich danke Euch dafür. Ich suche mein Bett, lege mich
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