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Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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Liebe der Gleichgültigkeit sehr nahe.
    Der Tag brach an; Canolles kehrte jetzt erst in sein Zimmer zurück; Nanon war wieder in das ihrige gegangen, und er wußte also nicht, daß sie die Nacht hindurch gewacht hatte; er kleidete sich nun sorgfältig an, versammelte abermals die Garnison, besuchte bei Tage die verschiedenen Batterien und besonders die, welche das linke Ufer der Garonne beherrschte, ließ den kleinen Hafen durch Ketten schließen, richtete mit Falkonetten beladene Schaluppen her, ließ seine Mannschaft Revue passieren, belebte sie mit seinen bilderreichen hochherzigen Worten und kehrte erst gegen zehn Uhr zurück.
    Nanon erwartete ihn, ein Lächeln auf den Lippen; es war nicht mehr die stolze, gebieterische Nanon, deren Launen selbst Herrn von Epernon zittern ließen, es war eine schüchtern Liebende, eine furchtsame Sklavin, die nicht einmal mehr darauf Anspruch machte, daß man sie liebe, sondern nur verlangte, daß man ihr zu lieben erlaube.
    Der Tag verging ohne ein anderes Ereignis, als die Entwicklung des innern Dramas, das im Herzen jedes der beiden jungen Leute spielte. Die von Canolles abgesandten Läufer kamen einer nach dem andern zurück. Keiner brachte eine bestimmte Nachricht; es herrschte nur große Aufregung in Bordeaux, und offenbar bereitete sich daselbst irgend etwas vor.
    Frau von Cambes hatte bei ihrer Rückkehr in die Stadt, während sie die einzelnen Umstände ihrer Unterredung in den geheimsten Falten ihres Herzens verbarg, Lenet den Erfolg ihrer Sendung mitgeteilt. Die Bordolesen verlangten mit lauter Stimme, man sollte sich der Insel Saint-George bemächtigen. Das Volk erbot sich in Masse, an der Expedition teilzunehmen. Die Häupter hielten es nur unter dem Vorwande zurück, es fehle noch an einem Kriegsmanne, um die Expedition zu leiten, und an regelmäßigen Soldaten, die sie unterstützen könnten. Lenet benutzte diesen Augenblick, um den Namen der Herzöge laut werden zu lassen und ihr Heer anzubieten: diese Eröffnung wurde mit der größten Begeisterung aufgenommen, und selbst die, welche am Tage zuvor dafür gestimmt hatten, daß man ihnen die Tore verschließe, riefen sie nun mit gewaltigem Geschrei herbei.
    Lenet überbrachte eiligst die gute Nachricht der Prinzessin, die sogleich ihren Rat versammelte.
    Claire schützte Müdigkeit vor, weil sie an keiner Entschließung gegen Canolles teilnehmen wollte, und zog sich in ihr Zimmer zurück, um nach Belieben weinen zu können. Von diesem Zimmer aus hörte sie das Geschrei und die Drohungen des Volkes. All dieses Geschrei, all diese Drohungen waren gegen Canolles gerichtet.
    Bald erscholl die Trommel; die Kompanien versammelten sich, die Schöffen ließen das Volk bewaffnen; man zog die Kanonen aus dem Arsenal, man teilte Pulver aus, und zweihundert Schiffe hielten sich bereit, mit Hilfe der Nachtflut die Garonne hinaufzufahren, während dreitausend Mann, am linken Ufer marschierend, zu Land angreifen sollten.
    Die Seearmee sollte von d'Espagnet, Rat im Parlament, einem tapferen und verständigen Mann, und die Landarmee von Herrn Larochefoucault befehligt werden, der soeben mit beinahe zweitausend Edelleuten in die Stadt eingezogen war. Der Herzog von Bouillon sollte erst zwei Tage nachher mit zweitausend weiteren Streitern eintreffen. Der Herzog von Larochefoucault betrieb den Angriff, so sehr als er konnte, damit der Schlag ohne Mitwirkung seines Kollegen erfolge.
     
     

Siebentes Kapitel
     
    Zwei Tage, nachdem Frau von Cambes im Gewande eines Parlamentärs auf der Insel Saint-George erschienen war, meldete man Canolles, der auf den Wällen seine Runde machte, ein Bote mit einem Briefe verlange ihn zu sprechen.
    Der Bote wurde sogleich eingeführt und übergab Canolles seine Depesche.
    Diese Depesche hatte sichtbar nichts Offizielles; es war ein kleiner Brief, mehr lang als breit, geschrieben mit einer seinen, leichten; zitternden Handschrift auf bläuliches, glattes, wohlriechendes Papier. Canolles fühlte schon beim Anblick des Papiers sein Herz unwillkürlich schlagen.
    »Wer hat dir diesen Brief gegeben?« fragte er.
    »Ein Mann von fünfundfünfzig bis sechzig Jahren.«
    »Mit grauem Schnurrbart und Knebelbart?« – »Ja.«
    »Militärische Haltung?« – »So ist es.«
    Canolles gab dem Mann einen Louisdor und machte ihm ein Zeichen, sich sogleich zu entfernen.
    Dann zog er sich mit bebendem Herzen in einen Winkel der Bastei zurück, um den Brief, den er empfangen hatte, zu lesen.
    Er enthielt nur folgende

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