Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Frauenkrieg

Der Frauenkrieg

Titel: Der Frauenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
Vom Netzwerk:
Canolles auf und ging ans Fenster, von dem aus man nach dem Flusse sehen konnte; vor dem Ende des Mahles verließ er die Tafel ... Die Nacht brach eben ein.
    Nanon wollte ihm folgen.
    »Nanon,« sagte Canolles, »kehrt zurück und schwört mir, nicht auszugehen. Wenn ich Euch außen wüßte ... irgend einer Gefahr preisgegeben, könnte ich nicht mehr für mich stehen. Nanon, es handelt sich um meine Ehre, spielt nicht mit meiner Ehre.«
    Nanon reichte Canolles ihre Lippen, deren Rot sich noch mehr durch die Blässe ihrer Wangen hervorhob, und kehrte dann mit den Worten zurück: »Ich gehorche Euch, Canolles; Freunde und Feinde sollen den Mann kennen lernen, den ich liebe; geht!«
    Canolles entfernte sich; er konnte nicht umhin, diesen Geist zu bewundern, der sich unter alle seine Wünsche beugte und in allen Stücken seinem Willen gehorchte. Kaum war er an seinem Posten, als die Nacht furchtbar und drohend eintrat, wie sie stets erscheint, wenn sie in ihren schwarzen Falten ein blutiges Geheimnis verbirgt.
    Canolles hatte sich am Ende der Esplanade aufgestellt; er beherrschte den Lauf des Flusses und seine Ufer. Kein Mond schien, ein Wolkenschleier zog schwerfällig am Himmel hin. Wie man nicht gesehen werden konnte, konnte man auch selbst so gut wie nichts sehen.
    Um Mitternacht kam es Canolles vor, als gewahre er, wie dunkle Massen auf dem linken Ufer sich bewegten und riesige Formen auf dem Flusse hinglitten, übrigens war kein Geräusch zu vernehmen, als das des Windes, der durch die Blätter der Bäume wehklagte.
    Die Massen hielten an, die Formen blieben in der Entfernung stillstehen. Canolles glaubte, er habe sich getäuscht, verdoppelte jedoch seine Wachsamkeit; seine glühenden Augen durchdrangen die Finsternis, sein unablässig gespanntes Ohr faßte das geringste Geräusch auf.
    Die Glocke der Festung schlug drei Uhr, und der Schall verlor sich langsam und düster in der Nacht. Canolles fing an zu glauben, er habe eine falsche Nachricht erhalten, und war im Begriff, sich zurückzuziehen, als plötzlich der Leutnant Vibrac, der sich in seiner Nähe befand, eine Hand auf seine Schulter legte und mit der andern nach dem Flusse deutete.
    »Ja, ja!« sagte Canolles, »sie sind es; vorwärts, wir werden durch das Warten nichts verloren haben. Weckt die Leute, welche schlafen; sie sollen ihren Posten hinter der Mauer nehmen. Nicht wahr, Ihr habt ihnen gesagt, daß ich den Ersten, welcher Feuer gibt, erschießen lasse?« – »Ja.«
    »Wohl, so sagt es Ihnen zum zweiten Male.«
    Man sah wirklich beim ersten Schimmer des Tages lange Barken, beladen mit Menschen, die lachten und leise plauderten, herannahen, während man in der Ebene eine Art von Erhöhung wahrnahm, die am Tage vorher noch nicht bestanden hatte. Es war eine Batterie von sechs Kanonen, die Herr von Larochefoucault in der Nacht hatte errichten lassen.
    Die Barken kamen immer näher, und bei der ersten Tageshelle unterschied Canolles das Lederwerk und den eigentümlichen Hut der Kompanie Navailles; auf dem Vorderteile einer der ersten Barken stand der Baron von Navailly, und aus dem Hinterteil der Leutnant, sein Milchbruder, den seine Kameraden wegen seiner heiteren Laune und seiner nie versiegenden Scherze ungemein liebten.
    »Ihr werdet sehen,« sagte dieser, »sie rühren sich nicht, und Herr von Larochefoucault muß sie am Ende mit der Kanone aufwecken. Teufel! wie gut und fest schläft man in Saint-George; wäre ich krank, so ließe ich mich dahin bringen.«
    »Dieser gute Canolles,« versetzte Navailly, »er spielt seine Gouverneursrolle als Familienvater; er befürchtet, seine Soldaten könnten den Schnupfen bekommen, wenn sie bei Nacht die Wache beziehen müßten.«
    »In der Tat,« sagte ein anderer, »man sieht nicht einmal eine Schildwache.«
    »Oho,« rief der Leutnant, an das Land springend, »wacht doch auf da oben und gebt uns die Hand, daß wir hinaufsteigen können.«
    Bei diesem letzten Scherz durchlief ein Gelächter die ganze Linie der Belagernden, und während drei bis vier Barken in der Richtung des Hafens vorrückten, schiffte sich der Rest der Landtruppen aus.
    »Vorwärts!« rief Ravailly, »ich begreife, Canolles will das Ansehen haben, als würde er überrumpelt, um sich mit dem Hofe nicht zu entzweien. Meine Herren, wir wollen seine Höflichkeit erwidern und niemand töten. Sind wir einmal in der Festung ... Gnade für alle, mit Ausnahme der Frauen, die gar keine verlangen werden! Meine Kinder, vergessen wir nicht, daß dies

Weitere Kostenlose Bücher