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Der Freigeist

Der Freigeist

Titel: Der Freigeist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gotthold Ephraim Lessing
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wohl! so will ich,—ich will es Ihnen sagen, dass Sie Juliane liebt.
    Adrast . Was sagen Sie?—Doch fast haette ich ueber das Entzueckende dieser Versicherung vergessen, aus wessen Munde ich sie hoere. Recht so! Theophan, recht so! Man muss ueber seine Feinde spotten. Aber wollen Sie, diese Spoetterei vollkommen zu machen, mich nicht auch versichern, dass Sie Julianen nicht lieben?
    Theophan (verdriesslich). Es ist unmoeglich, mit Ihnen ein vernuenftiges Wort zu sprechen. (Er will weggehen.)
    Adrast (beiseite). Er wird zornig?—Warten Sie doch, Theophan. Wissen Sie, dass die erste aufgebrachte Miene, die ich endlich von Ihnen sehe, mich begierig macht, dieses vernuenftige Wort zu hoeren?
    Theophan (zornig). Und wissen Sie, dass ich endlich Ihres schimpflichen Betragens ueberdruessig bin?
    Adrast (beiseite). Er macht Ernst.—
    Theophan (noch zornig). Ich will mich bestreben, dass Sie den Theophan so finden sollen, als Sie ihn sich vorstellen.
    Adrast . Verziehen Sie. Ich glaube in Ihrem Trotze mehr Aufrichtigkeit zu sehen, als ich jemals in Ihrer Freundlichkeit gesehen habe.
    Theophan . Wunderbarer Mensch! Muss man sich Ihnen gleichstellen, muss man ebenso stolz, ebenso argwoehnisch, ebenso grob sein, als Sie, um Ihr elendes Vertrauen zu gewinnen?
    Adrast . Ich werde Ihnen diese Sprache, ihrer Neuigkeit wegen, vergeben muessen.
    Theophan . Sie soll Ihnen alt genug werden!
    Adrast . Aber in der Tat—Sie machen mich vollends verwirrt. Muessen Sie mir Dinge, worauf alle mein Wohl ankoemmt, mit einem froehlichen Gesichte sagen? Ich bitte Sie, sagen Sie es jetzt noch einmal, was ich vorhin fuer eine Spoetterei aufnehmen musste.
    Theophan . Wenn ich es sage, glauben Sie nur nicht, dass es um Ihretwillen geschieht.
    Adrast . Desto mehr werde ich mich darauf verlassen.
    Theophan . Aber ohne mich zu unterbrechen: das bitte ich.—
    Adrast . Reden Sie nur.
    Dritter Auftritt
    49
    Der Freigeist
    Theophan . Ich will Ihnen den Schluessel zu dem, was Sie hoeren sollen, gleich voraus geben. Meine Neigung hat mich nicht weniger betrogen, als Sie die Ihrige. Ich kenne und bewundere alle die Vollkommenheiten, die Julianen zu einer Zierde ihres Geschlechts machen; aber—ich liebe sie nicht.
    Adrast . Sie—
    Theophan . Es ist gleichviel, ob Sie es glauben oder nicht glauben.— Ich habe mir Muehe genug gegeben, meine Hochachtung in Liebe zu verwandeln. Aber eben bei dieser Bemuehung habe ich Gelegenheit gehabt, es oft sehr deutlich zu merken, dass sich Juliane einen aehnlichen Zwang antut. Sie wollte mich lieben, und liebte mich nicht. Das Herz nimmt keine Gruende an, und will in diesem, wie in andern Stuecken, seine Unabhaengigkeit von dem Verstande behaupten. Man kann es tyrannisieren, aber nicht zwingen. Und was hilft es, sich selbst zum Maertyrer seiner Ueberlegungen zu machen, wenn man gewiss weiss, dass man keine Beruhigung dabei finden kann? Ich erbarmte mich also Julianens— oder vielmehr, ich erbarmte mich meiner selbst: ich unterdrueckte meine wachsende Neigung gegen eine andre Person nicht laenger und sahe es mit Vergnuegen, dass auch Juliane zu ohnmaechtig oder zu nachsehend war, der ihrigen zu widerstehen. Diese ging auf einen Mann, der ihrer ebenso unwuerdig ist, als unwuerdig er ist, einen Freund zu haben. Adrast wuerde sein Glueck in ihren Augen laengst gewahr geworden sein, wenn Adrast gelassen genug waere, richtige Blicke zu tun. Er betrachtet alles durch das gefaerbte Glas seiner vorgefassten Meinungen, und alles obenhin; und wuerde wohl oft lieber seine Sinne verleugnen, als seinen Wahn aufgeben. Weil Juliane ihn liebenswuerdig fand, konnte ich mir unmoeglich einbilden, dass er so gar verderbt sei. Ich sann auf Mittel, es beiden mit der besten Art beizubringen, dass sie mich nicht als eine gefaehrliche Hinderung ansehen sollten.
    Ich kam nur jetzt in dieser Absicht hieher; allein liess mich Adrast, ohne die schimpflichsten Abschreckungen, darauf kommen? Ich wuerde ihn, ohne ein weiteres Wort, verlassen haben, wenn ich mich nicht noch derjenigen Person wegen gezwungen haette, der ich, von Grund meiner Seelen, alles goenne, was sie sich selbst wuenscht.—Mehr habe ich ihm nicht zu sagen. (Er will fortgehen.) Adrast . Wohin, Theophan?—Urteilen Sie aus meinem Stilleschweigen, wie gross mein Erstaunen sein muesse!—Es ist eine menschliche Schwachheit, sich dasjenige leicht ueberreden zu lassen, was man heftig wuenscht. Soll ich ihr nachhaengen? soll ich sie unterdruecken?
    Theophan . Ich will bei Ihrer

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