Der Fremde ohne Gesicht
an.«
»Worauf?« Adams hörte sich aufgebracht an.
»Wie lange Sie brauchen, um sie in die Leichenhalle zu schaffen.«
Als Sam das Zimmer verlassen hatte, wandte sich Adams seinem Team zu. Erst jetzt bemerkte er, dass alle Blicke im Raum auf ihn gerichtet waren. Es kam nicht alle Tage vor, dass sich ein ehemaliges Liebespaar mitten in einer Morduntersuchung die Augen auskratzte, und diesen Moment kosteten sie weidlich aus. Seine Kabbelei mit Sam würde sich innerhalb weniger Stunden in der ganzen Truppe herumgesprochen haben. So konnte es nicht weitergehen, dachte er. Es musste etwas passieren.
Er zwang sich, in die Wirklichkeit zurückzukehren, und rief Dick Meadows zu sich herüber. »Dick, auf ein Wort, bitte.«
Als Stan Sharman seinen Wagen erreichte, der immer noch auf Adams’ Parkplatz stand, rief Meadows ihm hinterher.
»Warte mal kurz, Stan.«
Sharman wartete, bis sein Ex-Partner die Einfahrt überquert hatte. Meadows lächelte ihn an. Wenn er lächelte, sah er aus wie eine Kobra kurz vor den Zuschnappen. In der Truppe gab es sogar einige, die ihn »die Schlange« nannten, und die Beschreibung passte nicht schlecht. Sharman kannte dieses Lächeln und wusste instinktiv, dass Meadows nichts Angenehmes im Schilde führte.
»Rauchen wir eine?«
Sharman nickte. »Wie du willst.«
Er hatte eigentlich keine Lust auf eine Zigarette, und schon gar nicht zusammen mit Meadows, aber was sollte er machen? Wenigstens würde er so herausfinden, aus welchem Grund Meadows zu ihm geschickt worden war.
Als die beiden Männer hinters Haus gingen, um sich ein ruhiges Plätzchen zu suchen, kamen sie an Sam vorbei, die sich gerade von Colin Flannery aus ihrem weißen Overall helfen ließ. Sie blickte auf, als sie die beiden Männer sah.
»Sehen wir uns nachher bei der Obduktion, Stan?«
Er zuckte die Schultern. »Das bezweifle ich.«
Er nickte zu Meadows hin, der Sam verlegen ansah. Sam schüttelte den Kopf. Sharman war ein großartiger Polizist, aber er war sein eigener schlimmster Feind. Es war nie ratsam, Adams auf die Palme zu bringen.
Hinter dem Haus setzten sich Sharman und Meadows auf zwei Liegestühle am Rande des riesigen Swimmingpools. Sharman nahm die angebotene Zigarette und ließ sich von Meadows Feuer geben.
»Tut mir Leid, Kumpel, aber du bist raus aus dem Fall.«
Sharman starrte über den Pool hinweg. »Überraschung! Ich wusste nicht mal, dass ich drin war. Heute ist mein freier Tag, weißt du noch?«
Es fuchste ihn mächtig, das er aus dem Fall herausgedrängt wurde, bevor er auch nur die Chance hatte, richtig damit anzufangen, doch er würde weder Meadows noch Adams die Befriedigung verschaffen, sich das anmerken zu lassen.
»Es ist nicht meinetwegen, Stan, das weißt du. Ich würde dich dabeibehalten. Du bist ein guter Polizist. Es ist Adams. Warum musst du ihn auch jedes Mal gegen den Strich bürsten?«
Sharman lachte höhnisch. »Weil er ein Trottel ist. Der Blödmann könnte nicht mal einen Hühnerdiebstahl aufklären, wenn der Fuchs noch im Gehege ist.«
Meadows sah seinen Ex-Partner an. »Er hat vielleicht nicht deine Klasse, Stan, aber so schlecht ist seine Quote auch nicht.«
Das wusste Sharman auch, aber er war entschlossen, kein gutes Haar an Adams zu lassen.
»Jedenfalls stinkt ihm deine Einstellung und er will, dass du wieder Bürodienst schiebst.«
»Ist mir recht.«
»Lügner. Hör zu, wenn du den Chef weiterhin so reizt, gehst du irgendwann mit einem Bobbyhelm auf dem Kopf im strömenden Regen Streife. Willst du das wirklich?«
Sharman zuckte die Schultern wie ein verwöhntes Kind, das aller Logik beharrlich trotzt, um seinen Willen durchzusetzen.
»Die Zeiten ändern sich, Stan. Du musst dich mit ihnen ändern, sonst bleibst du auf der Strecke. Pass auf, wenn sich irgendein neuer Fall ergibt, teile ich dich dafür ein. Geh nur Adams eine Weile aus dem Weg. Aus den Augen, aus dem Sinn. Verstehst du, was ich meine?«
Sharman sah seinen Freund an. Der Anblick war ihm immer noch zuwider, aber er wusste, dass Meadows ihm nur helfen wollte. »Ja, schon gut, Dick. Ich gehe ihm aus dem Weg.«
Meadows nickte. »Nur für eine Weile. Er weiß ja, dass du ein guter Detective bist. Darum hast du noch deinen Job. Wärst du nicht so gut, hätte er dich schon längst in die Wüste geschickt.«
Statt zu antworten, nahm Sharman einen langen Zug von seiner Zigarette.
»Hast du da drinnen irgendetwas entdeckt?«, fragte Meadows.
Das hatte er, aber er hatte keine Lust, die
Weitere Kostenlose Bücher