Der Fremde ohne Gesicht
Ward, Sie werden beschuldigt, am …«
Ward hörte gar nicht mehr zu. Er hatte angefangen, »Jerusalem« vor sich hin zu summen. Sein Summen wurde immer lauter, während Adams mit dem Vorlesen der Anklageschrift fortfuhr, als ob er ihn übertönen wollte. Nachdem Adams ihn belehrt hatte, dass alles, was er sagte, gegen ihn verwendet werden könne, wartete er auf eine Antwort; doch es kam keine, nur »Jerusalem«.
Adams sah Appleyard an. »Hat Ihr Klient mich verstanden, Mr. Appleyard?«
Der Anwalt ergriff Wards Arm. »Graham, haben Sie verstanden, wessen Sie beschuldigt werden? Das ist eine sehr ernste Sache.«
»Jerusalem« wurde immer lauter. Appleyard schüttelte den Kopf. »Ich glaube nicht, dass er im Moment ganz bei sich ist, Superintendent. Gibt es hier einen Arzt?«
Adams nickte und schaute sich nach Meadows um. »Dick, lassen Sie den Polizeiarzt holen und bringen Sie ihn dann zurück in seine Zelle. Ich möchte, dass rund um die Uhr jemand bei ihm ist. Nicht vor der Tür, sondern in der Zelle. Ist das klar?«
Dick Meadows und der Station Sergeant nickten im Gleichtakt. Adams verließ das Zimmer. Er wusste, der DNS-Test war es, der letzten Endes die Sache besiegeln würde. Wie Ward angesichts eines solchen Beweises weiter leugnen konnte, war ihm schleierhaft. Auch die Indizien sprachen stark gegen ihn. Er würde garantiert Lebenslang bekommen und in seinem Fall bedeutete das mindestens fünfundzwanzig Jahre, schätzte Adams befriedigt.
Als er sein Büro erreichte, nahm er den Hörer und rief den Chief Constable an. Er fühlte sich beschwingt. Nach einem Erfolg ging ihm das immer so, doch diesmal war es etwas Besonderes. Diese Feder an seinem Hut war größer als alle anderen.
»Geben Sie mir bitte den Chief Constable. Hier ist Detective Superintendent Adams.« Er wartete, bis sich der Chief meldete. »Guten Tag, Sir. Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich Ward vor fünf Minuten unter Anklage gestellt habe … Nein, ein Irrtum kommt nicht in Frage. Der DNS-Test war positiv, sodass wir allein schon damit ausreichend Beweise haben. Dazu kommt eine Reihe von Indizien. Wir haben in seinem Gartenschuppen eine Schnur gefunden, die der ähnelt, mit der Mrs. Clarke gefesselt war, dazu eine Tüte voller pornographischer Magazine mit sadistischen Praktiken, die voll mit seinen Fingerabdrücken waren … Danke, Sir. Ich wollte Sie als Ersten verständigen, damit Sie die gute Nachricht an John Clarke und natürlich an den Innenminister weitergeben können. Beide werden sicherlich erleichtert darüber sein … Vielen Dank, Sir. Ich freue mich über das schnelle Ergebnis … Nein, Sir, ich habe heute noch nicht in die Zeitungen geschaut, ich hatte alle Hände voll zu tun, wenn Sie verstehen … Ja, Sir, sofort. Können Sie mir sagen, worum es geht? … Okay, Sir, ich rufe Sie gleich wieder an.«
Adams ging zur Tür und rief ins Vorzimmer: »Emma, haben Sie eine Zeitung von heute?«
Nervös trat Emma ins Büro. »Ich wollte es Ihnen schon früher zeigen, aber Sie waren so beschäftigt.« Sie legte die Zeitung auf den Schreibtisch und zog sich rasch aus dem Büro zurück.
Adams wusste sofort, dass er in der Tinte saß. Gleich auf der Titelseite war ein Foto von Sam, nur mit einem Handtuch verhüllt. Die Schlagzeile darüber lautete: »Liebespaar zankt sich mitten in Morduntersuchung«. Er spürte, wie sein Puls zu rasen begann. Es musste schon einiges passieren, damit er die Fassung verlor, aber jetzt war es so weit. Sam hatte sich von seiner engsten Freundin und Vertrauten in eine gezielte Bedrohung seines Privatlebens verwandelt, und schlimmer noch, seiner Karriere. Es musste etwas geschehen, und zwar schnell.
Sam und Sharman wussten, dass sie Adams in seinem Büro antreffen würden. Einen Termin hatten sie nicht, aber den brauchten sie auch nicht. Allein wäre Sharman vermutlich gar nicht in die Zentrale reingekommen, geschweige denn bis zum Superintendent. Eine VIP wie Sam bei sich zu haben war eindeutig ein Bonus und öffnete so manche Türen, die ihm sonst verschlossen geblieben wären. Adams’ Sekretärin war zwar überrascht, sie zu sehen, aber sie wollte es Sam nicht verwehren, ihren Chef zu sprechen. Sie lächelte Sam liebenswürdig an, während sie Sharman, den sie noch nie hatte leiden können, einfach ignorierte. »Ich werde sehen, ob der Superintendent Sie empfangen kann.«
Leise klopfte sie an die Tür des Büros und steckte ihren Kopf hinein. »Dr. Ryan und Detective Sergeant Sharman
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