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Der Friseur und die Kanzlerin

Der Friseur und die Kanzlerin

Titel: Der Friseur und die Kanzlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Mendoza
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Lavinias Mann. Persönlich habe ich ihn nie gesehen, da es ihr lieber ist, wenn er nichts von der engen, aber über jeden Verdacht erhabenen Beziehung weiß, die uns seit Jahren verbindet. Das ist ganz natürlich: Ein Verbrecher, der in einem Sanatorium untergebracht war und mit dem Abschaum der Gesellschaft verkehrte, könnte schwerlich glauben, dass es zwischen einer so gut aussehenden Frau und einem Mann wie mir, der, ohne prahlen zu wollen, attraktiv ist, ein blühendes Geschäft und einen Superschlitten hat, keinen körperlichen Kontakt gegeben hat. Aber worauf zielt die Frage ab?»
    «Um den 15. August herum haben sich Romulus der Schöne und eine geheimnisvolle Begleiterin in einem Hotel an der Costa Brava mit einem gewissen Alí Aarón Pilila unterhalten. Sagt Ihnen der Name etwas?»
    «Nein.»
    «Von jetzt an wird er Ihnen etwas sagen. Alí Aarón Pilila ist ein gefährlicher Terrorist, und aufgrund dessen, was Sie uns erzählen und was wir selbst gesehen und gehört haben, muss man davon ausgehen, dass er ein Attentat in Barcelona plant und überdies das Yogazentrum als Unterschlupf und Ihre Persönlichkeit als Tarnung benutzt.»
    Als er diese unheilvollen Sätze hörte, hielt der Swami die Daumen- und Zeigefingerkuppen aneinander, atmete tief ein, verdrehte die Augen und murmelte:
    «Verflixt noch mal!», worauf die Pupillen in ihre normale Stellung zurückkehrten und er hinzufügte: «Keine Sorge. Ich habe mich beim Anhören der Nachricht entspannt. Könnte ich, so würde ich über dem Boden schweben, teils, um der Beklemmung zu entkommen, teils, weil der Stuhl nass ist und ich in der Unterhose etwas Unangenehmes spüre. Aber ich habe noch nicht den nötigen Zustand der Lauterkeit erreicht. Hätte ich ihn erreicht, brauchte ich natürlich keine Unterhosen. Wovon sprachen wir?»
    «Von den kleinen Anomalien, die Sie im Yogazentrum entdeckt hatten. Fahren Sie fort.»
    Alarmiert durch die genannten Anomalien und die Ausgaben, die diese mit sich brachten, beschloss der Swami, Ursprung und Urheberschaft der ersteren persönlich zu ermitteln, ohne die Sekretärin oder sonst jemanden über seine Absichten zu informieren. Aus diesem Grund kehrte er am Tatabend gegen zehn Uhr ins Zentrum zurück und fand es leer und ordentlich vor. Eine eingehendere Untersuchung zeigte ihm eine aufgeschlagene Zeitung auf dem Schreibtisch. Die Entdeckung belebte seinen Verdacht, denn er, der Gegenwart entrückt, las keine Zeitungen, außer den Sportnachrichten, und nur während der Liga. In den Verdacht mischte sich Beunruhigung bei der Feststellung, dass die Zeitung auf einer Seite aufgeschlagen war, auf der ein Porträt über eine Deutsche namens Angela Merkel zu lesen war. Der Text hätte den Swami nicht weiter interessiert, wäre er nicht von dicken roten Buchstaben überschrieben gewesen, welche besagten: MURDER . Oder vielleicht, auf Deutsch, MORD . Dem erstaunten Swami standen die Haare zu Berge angesichts der unleugbaren Bedeutung dieser Worte. Da plante jemand den gewaltsamen Tod einer Touristin, dachte er, und sogleich ging er mit der Zeitung in der Hand zur Empfangstheke, von wo aus er die Polizei anrufen und seine Entdeckung mitteilen wollte, als ihn, kaum hatte er den Hörer abgehoben, ein Geräusch an der Eingangstür zurückhielt – jemand brach das Schloss auf. Er legte den Hörer wieder auf die Gabel, ging auf Zehenspitzen in sein Büro zurück, löschte im Vorbeigehen das Licht und verkroch sich unter den Tisch. Er zitterte beim Gedanken, es erwarte ihn unvermeidlich ein schreckliches Ende, wenn er mit der Zeitung ertappt würde, die ihn zum Mitwisser des mörderischen Plans machte. Da ihm nichts Besseres einfiel, begann er die Vanguardia zu verspeisen, um den Beweis zu beseitigen. Nach einer Weile hatte er eine solche Kugel in der Speiseröhre, dass er Erstickungssymptome spürte und ohnmächtig wurde. Als nächstes erwachte er in einem Damensalon, umgeben von Unbekannten und voller Prellungen.
    Nachdem er seinen Bericht beendet hatte, erklärte ich ihm dessen dunkle Punkte: dass den beabsichtigten Anruf bei der Polizei kurz zuvor nicht der Mörder gestört hatte, sondern wir; dass ihn unser Eindringen, obwohl es genau umgekehrt aussah, davor bewahrt hatte, dem wirklichen Mörder in die Hände zu fallen, der wenige Minuten nachdem wir den Swami unter dem Tisch gefunden hatten, aufkreuzte, und dass die blauen Flecken auf eine etwas brüske Fahrweise zurückzuführen waren.
    «Letztlich ist alles wunschgemäß

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