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Der Friseur und die Kanzlerin

Der Friseur und die Kanzlerin

Titel: Der Friseur und die Kanzlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eduardo Mendoza
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uns der Juli anzubieten, dafür aber bescherte er uns eine wertvolle Information und einen vernünftigen Vorschlag.
    «Ich habe grade den Peugeot 206 der von euch geschleppten Leiche an der Ecke dort stehen sehen. Ihm wird es nichts ausmachen, ihn uns auszuleihen. Türen öffnen und ein Auto kurzschließen ist zwar nicht mein Ding, aber wahrscheinlich hat der Tote ja die Schlüssel in irgendeiner Tasche.»
    Die Vermutung traf zu, und in weniger als einer Minute saßen wir alle im Auto, ziemlich dicht aufeinander, aber unbehelligt vom Gewitter.
    Wieder zuversichtlich, fragte ich, ob jemand von den Anwesenden fahren könne. Mahnelik sagte, er habe eine Ahnung davon, wollte uns aber nicht als Fahrer dienen – er musste sein Motorrad holen und vor ein Uhr zur Pizzeria zurückbringen, denn er durfte es nur während der Öffnungszeiten benutzen und war für seinen Zustand und korrekten Gebrauch verantwortlich. Wir billigten seine Gründe, und er verabschiedete sich mit der Versicherung, er habe einen sehr lehrreichen Abend verbracht, und dem Versprechen, wieder mit neuen und erlesenen Produkten im Restaurant zu erscheinen, wenn man ihm nicht kündige, und widrigenfalls eben ohne sie. Danach stieg er aus, ging zum Motorrad, sprang auf, startete den Motor, fuhr los und prallte sogleich gegen einen Baum. Wir hatten keine Zeit zu verlieren, so dass wir ihn und das Motorrad, beide übel zugerichtet, sich selbst überließen und losfuhren.
    Müßig zu sagen, dass weder der Juli noch die Moski, noch ich in unserem ganzen Leben je ein Lenkrad in den Händen gehalten hatten, so dass wir das Fahren an Quesito delegieren mussten, die zwar bei weitem noch nicht im fahrtüchtigen Alter war, jedoch von Romulus dem Schönen Unterricht bekommen hatte. Entweder war dieser ungenügend oder sie keine fleißige Schülerin gewesen, denn mehrmals würgte sie den Motor ab, und wir verließen den Parkplatz erst, nachdem wir die Scheinwerfer zersplittert und die Stoßstangen des Wagens hinter und die des Wagens vor uns verbeult hatten, von unseren eigenen ganz zu schweigen. Doch das Beharren zeitigte Früchte, und schließlich fuhren wir mit hoher Geschwindigkeit im Zickzack durch eine glücklicherweise menschenleere Stadt. Der Juli, die Moski und ich schützten uns mit Händen und Füßen vor den plötzlichen Schwenkern, Vollbremsungen und Beschleunigungen, was uns nicht vor gelegentlichen Aufprallern bewahrte; doch der arme Swami, seinen nicht existierenden Kräften überlassen, wurde so sehr hin und her geworfen, steckte so viele Schläge ein, dass er, wäre er wieder bei Bewusstsein gewesen, es auf der Stelle von neuem verloren hätte.
    Trotz allem gelangten wir wohlbehalten vor den Eingang des Damensalons. Mit gutem Grund hatte die Moski zunächst vorgeschlagen, den Swami zu mir nach Hause zu bringen, wo am besten für ihn hätte gesorgt werden können, doch dem widersetzte ich mich, zum einen, um den Körper nicht wieder mehrere Treppen hinaufschleppen zu müssen, zum anderen, weil ich, auch wenn Existenz und Lage des Salons durchaus bekannt sein durften, ja ich sogar mit sämtlichen mir zur Verfügung stehenden Mitteln Werbung dafür betrieb, in allem, was mein Zuhause betraf, wie jeder berühmte Mensch mir immer die Intimität bewahren wollte, die nur die Anonymität gewährt.
    ***
    Noch schweifte das Karma des Swami karmaspezifisch, als wir seine körperliche Hülle auf dem schmutzigen Boden des Salons deponierten. Es kostete mich einige Mühe, Quesito davon zu überzeugen, dass sie am besten nach Hause ging. Sie wollte sich den Ausgang des Abenteuers nicht entgehen lassen und auch nicht, was uns der Swami erzählen würde, sowie er zu sich käme, und die Vorstellung, ihre Mutter mit so langem Ausbleiben zu ängstigen, schien sie nicht zu beeindrucken. Zum Glück erschien ihr der Gedanke, hinsichtlich ihrer nächtlichen Streifzüge keinen Verdacht zu erwecken, romantischer, so dass sie einwilligte und ging, nicht ohne mir vorher als Vorsichtsmaßnahme die Schlüssel des Peugeot 206 übergeben zu haben. Inzwischen hatte der Regen nachgelassen, und nachdem ich sie zur Bushaltestelle begleitet und mit ihr auf den Nachtbus gewartet hatte, kam ich gerade rechtzeitig beim Körper des Swami an, um zu verhindern, dass ihm die Moski das Gesicht mit einem hochgiftigen Spray besprühte, der sich in großen Lettern als potenter Revitalisierer ankündigte. Als wir ihn frottierten und mit Leitungswasser besprengten, stellte sich die gewünschte

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