Der Fruehe Vogel Kann Mich Mal
ins Auge, wird die Melatoninproduktion eingestellt; bleibt die Sonneneinwirkung aus, wird das Hormon freigegeben und kann seine einschläfernde Wirkung entfalten. Gerät dieser Rhythmus aus dem Takt, kann eine kleine Menge Melatonin in Tablettenform wieder Gleichklang herstellen – Globetrotter etwa können damit ihren Jetlag in den Griff bekommen, auch Schichtarbeiter können ihren durcheinandergebrachten Rhythmus damit wieder ausgleichen. Im Winter, wenn die Menschen in den gemäßigten Breitengraden wegen des Mangels an Sonne an der sogenannten saisonal abhängigen Depression, vulgo Winterdepression, leiden, hilft der natürliche Schlafwirkstoff ebenso. Eine Zusatzdosis bringt sozusagen das Melatonin-Fass endlich zum Überlaufen – und den Menschen damit zum Einschlafen.
Extreme Langschläfer sind in einer ähnlichen Situation; vielleicht wirken sie auch deswegen auf andere träge, abgeschlafft und energielos oder fühlen sich selbst so. Dadurch, dass sie meist erst aufstehen, wenn die Sonne lange aufgegangen ist, haben sie unterm Strich zu wenig lichte Stunden am Tag, zumal, wenn sie einem Bürojob nachgehen, der sie in die ewige Dämmerung zwingt. Denn Kunstlicht macht zwar unabhängig vom natürlichen Tag-und-Nacht-Wechsel, verdammt einen aber zu einer Existenz im biologischen Dunkel. Das heißt, auch beim Langschläfer bleibt der Melatoninpegel dann auf einem hohen Stand. Der Wechsel zwischen Tag und Nacht ist aus dem Takt. Der Schlafimpuls kann durch eine Zusatzdosis des Hormons ausgelöst werden, das dann die ersehnte Nachtruhe bringt.
In den USA, wo Melatonin als Nahrungsergänzungsmittel frei verkäuflich ist, werden dem Stoff zusätzlich verschiedene (Wunder-) Wirkungen zugesprochen: Angeblich regt er das Immunsystem dazu an, sogenannte »freie Radikale« zu bekämpfen und damit Oxidationsschäden in den Zellen entgegenzuwirken; er verlangsamt den Alterungsprozess, verhindert Haarausfall, schützt vor Schlaganfall und beugt sogar Krebs vor. 1995 gingen im sonnendurchfluteten (!) Kalifornien mehr Melatonin- als Aspirin-Packungen über den Tresen.
Die Nebenwirkungen dieses Wundermittels allerdings sind noch weitgehend unerforscht, Langzeitstudien liegen noch nicht vor. In Deutschland ist Melatonin ohnehin verschreibungspflichtig, und auch wenn man sich eine Packung als Souvenir aus den USA mitgebracht hat, ist in jedem Fall der Rat des Apothekers oder Arztes gefragt.
Legale Drogen zur Beruhigung oder Stimmungsmache
Wie Melatonin kann auch Johanniskraut dem Langschläfer, zumindest dem der gemäßigten Sorte, dabei helfen, seinen Tag-Nacht-Rhythmus ein wenig mit den misslichen Vorgaben der Umwelt in Einklang zu bringen. Das Heilkraut gibt es in Drogerien und Supermärkten zur inneren Anwendung als Dragee, Tablette, Kapsel oder Tee sowie zur äußerlichen Anwendung als Öl. Höhere Dosierungen sind apothekenpflichtig, und die Einnahme ist, wie bei Melatonin, am besten mit dem Arzt abzusprechen, denn es könnte zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen.
Johanniskraut in kleinen Dosierungen fördert aber nicht nur den Schlaf weil es entspannt, sondern erleuchtet im Wortsinne den Tag. Denn es erhöht die Sensibilität gegenüber UV-Licht. Das hat besonders im Winter den Vorteil, dass das wenige Sonnenlicht vom Körper intensiver aufgenommen wird und damit dem lähmenden Melatoninüberschuss Einhalt geboten werden kann. Man fühlt sich am Tage wacher und benötigt nur einen kleinen körpereigenen Melatoninkick, um in den dämmernden Nachtmodus umzuschalten. Allerdings muss man etwas Geduld haben: Der stimmungsaufhellende Effekt von Johanniskraut setzt bei regelmäßiger Einnahme erst nach vier Wochen ein.
Da Langschläfer aufgrund ihres verschoben getakteten Schlaf-Wach-Zyklus eigentlich täglich die gleiche Situation vorfinden, die A-Typen nur im Winter zu schaffen macht, können sie ihren Mangel an natürlichem Licht durch Johanniskraut dauerhaft verringern. Das bringt Sonne ins Herz und verscheucht die Müdigkeit – eine Wirkung, die schon seit Jahrhunderten bekannt ist, denn Johanniskraut ist ein Heilmittel mit langer Tradition. Schon in der Antike schätzte man seinen aufhellenden Effekt auf das Gemüt, und in der christlichen Heilkräuterkunde, wie sie die Benediktinermönche und Hildegard von Bingen pflegten, gilt es quasi als heilig. Sein Name rührt von Johannes dem Täufer her; der rote Saft der Pflanze soll an das Blut seiner Enthauptung erinnern. Einer anderen Überlieferung
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