Strange Love (German Edition)
1. Kapitel
Es gab zwei Dinge, die Nick Jeffrey wirklich hasste – warten und kotzen. Doch Letzteres war genau das, was er gerade musste. Es war einfach so über ihn gekommen.
Im letzten Moment war er losgespurtet und überlegte nun – während er auf den Knien vor der Toilette lag – was seinen Körper diesmal aus dem Konzept gebracht hatte.
Ungeduldig stand Ray vor der Toilettentür. Er hörte, wie Nick sich geräuschvoll erbrach. Mühsam unterdrückte er ein Würgen.
»Nick – geht’s dir gut?«
»Scheiß Frage«, knurrte Nick. Er hörte die Nervosität in Rays Stimme.
»Mensch, beeil dich, wir müssen sofort auf die Bühne.«
Ray hörte Nicks Stöhnen, dann die Toiletten-Spülung.
Nick trat aus der engen Zelle heraus. Er sah aus wie der personifizierte Tod, bleich, abgespannt. Die dunklen Augenringe nur mühsam überschminkt.
Ray klopfte ihm auf die Schulter.
»Ich dachte, du trinkst nicht mehr?!«
Nick starrte ihn an, ging dann zum Waschbecken und spülte sich den Mund aus.
»Tu ich auch nicht. Keinen Tropfen habe ich angerührt.«
»Aha.«
Mit dem Ärmel wischte Nick sich den Mund ab. Er grinste. In seinem hageren Gesicht wirkte das Grinsen irgendwie teuflisch.
»The show must go on...« Er zog Ray mit sich aus dem gefliesten Raum, und als er auf den Gang trat, hörte er schon das Intro.
»Hey, die wollen ohne uns anfangen.« Er trabte die letzten Meter bis zur Tür. Der säuerliche Geschmack in seinem Mund hob seine Stimmung nicht gerade, aber als er die Tür öffnete und die Stufen zur Bühne erklomm, wusste er, dass es ein geniales Konzert sein würde.
Im Dunkeln trat er an sein Mikro. Das Schreien und der Applaus brandeten um seine Ohren. Für einen kurzen Moment dachte er, er sei am Meer. Der Gedanke ließ ein Lächeln auf seinen Lippen erscheinen. Dann begrüßte er sie mit einem breiten: »Hallo.«
Sie tobten – Gott allein wusste, warum.
John stand neben ihm, nickte ihm zu und spielte den ersten Song an. Die Töne der E-Gitarre jagten Nick wohlige Schauder über den Rücken. Energie durchströmte seinen Körper, er würde dieses Gefühl immer lieben. Er brauchte es. Und sie brauchten ihn.
Seine Stimme erfüllte den Saal, erfüllte die Luft und erstaunte ihn selbst. Es würde ein fantastisches Konzert werden.
Cerys stand dort, in der ersten Reihe und wurde gegen die Absperrung gedrückt. Aber sie bemerkte es nicht einmal. Sie sah nur Nick, seine schwarzen Haare, seine großen, ausdrucksvollen Augen, seine bleiche Haut. Sie starrte ihn an, hatte das Gefühl seinen schmalen Körper anfassen zu müssen. Es war wie ein Zwang, drängend und verzweifelt. Sie hörte nicht, dass sie laut mitsang. Ihre Augen hingen an Nick, selbst wenn sie gewollt hätte, sie hätte sie nicht abwenden können. Seine volle Stimme vibrierte in ihrem Körper.
Nick stützte sich grinsend auf einen Security-Guard und sprang mit einer Raubtierbewegung in den Graben. Hinter Cerys erhoben sich Hände, um ihn zu berühren. Sie wurde noch härter gegen die Metallstäbe gedrückt. Nick war so nah, ihr stockte der Atem. Er sah sie an, während er sang, streckte die Hand aus und berührte ihre Haare.
Dann erwischten ihn die vielen ausgestreckten Hände und zogen ihn von der anderen Seite an die Absperrung heran. Er war jetzt so dicht, dass Cerys ihn riechen konnte, sie hätte ihn sogar küssen können. Neben ihr schrie ein Mädchen.
Überall auf Nicks Körper schienen Hände. Der Junge, der neben Cerys stand, fasste Nick zwischen die Beine. Er war sehr hübsch, sehr weiblich – Nick grinste ihn an. Er beugte sich vor und küsste ihn auf die Wange, dann wandte er sich ab.
Er kletterte zurück auf die Bühne und tanzte ausgelassen, wie nur er tanzen konnte. Cerys hatte so etwas bei keinem anderen Sänger je gesehen. Sie sah zu dem Jungen an ihrer Seite – er hatte einen verträumten Gesichtsausdruck.
Wo war eigentlich Cora abgeblieben? Sie hatten sich gleich zu Beginn aus den Augen verloren. Aber Cerys gab die Suche nach einem groben Rundblick auf. Sie musste sehen, was Nick tat, Cora konnte sie auch noch nach dem Auftritt suchen.
Nick kündigte den nächsten Song an, und während er das tat, zog er langsam sein hautenges dunkelbraunes Hemd aus. Achtlos ließ er es hinter sich fallen.
Cerys hielt den Atem an. Er war göttlich. Der marmorweiße, schmächtige Körper raubte ihr fast den Verstand. Der Wunsch ihn anzufassen, wurde unerträglich.
Mit geschlossenen Augen begann Nick zu singen.
Und dort war noch
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