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Der Fürst der Skorpione

Der Fürst der Skorpione

Titel: Der Fürst der Skorpione Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Hammerschmitt
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die platzfressenden Textilien früherer Zeiten angewiesen waren, obwohl ihr Zelt und ihr Ersatzzelt zusammengeknüllt jeweils in eine geballte Faust passten, mussten sie harte Entscheidungen treffen. Björn schüttelte den Kopf über die beiden armseligen Säcke, die dann nebeneinander auf dem Boden im Flur standen. Er steckte sein Funktionsmesser ein, das er als einziges Ausrüstungsstück aus seiner Armeezeit aufgehoben hatte. Ein sauberes Stück Ingenieurskunst, das jede Menge Tricks draufhatte. Aber während er es einsteckte, rechnete er damit, in den nächsten 24 Stunden zu sterben, diesmal endgültig. Und er hatte nicht die geringste Lust dazu. Als es dann so weit war, als sie angezogen, vorbereitet und ausgerüstet waren, als sie eigentlich nur noch durch die Tür gehen mussten, um alles zu ändern, standen sie mit aufgeschnallten Rucksäcken im Flur und sahen einander unsicher an. Das Herz klopfte ihnen bis zum Hals, sie spürten jeder die Aufregung des anderen. Björn machte dann die Wohnungstür auf, aber als er hinausgehen wollte, hielt Tabea ihn noch einmal zurück: Er hatte doch tatsächlich seine Zombiearmbinde übergezogen. Tabea streifte sie ihm sofort ab, und er ließ es geschehen. Die Tür fiel ins Schloss. Dieser Februartag war kalt, aber immerhin schien die Sonne. Sie waren verloren.
    Das Karawanenterminal stand wie ein schwarzes Trapez vor der untergehenden Sonne. Hier kamen die gigantischen Lastwagenkarawanen vorbei, die den Handel mit dem kolonisierten Nordafrika aufrechterhielten. Von Satelliten gesteuert, so lang wie Güterzüge, rollten sie von Nord nach Süd und zurück, und diese Terminals steuerten sie manchmal an, um zur Kontrolle gewogen zu werden, um zu tanken oder Servicetechniker aufzunehmen. Die wurden gebraucht, wenn es an Bord Probleme gab, mit denen die Maschinen allein nicht fertig wurden. Tabeas ganze Hoffnung konzentrierte sich auf dieses Terminal. Die windige Ebene südlich der Stadt war viel kälter als gedacht; obwohl sie ihre wärmsten Kleider trugen, zitterten sie. Aber nicht die Kälte war ihr größtes Problem. Die Ebene war kahl, man konnte weit sehen, und aus ihrem kümmerlichen Versteck heraus – zwei windzerzauste Büsche, die nicht einmal Tabea völlig verbargen – konnten sie die beiden Kugelblitze erkennen, die bewegungslos über dem Terminal schwebten. Björn machte außerdem einen großen Luftkissengleiter der neuesten Generation aus, die erst nach seinem Tod in Dienst gestellt worden war. Wie hatten sie nur so dumm sein können? Wie hatte vor allem er so dumm sein und alles vergessen können, was ihm als Soldat beigebracht worden war? Natürlich was das Terminal bewacht. Er staunte über die Besatzungsstärke der EuroForce, beinahe fünfzig Mann. Aber das war jetzt auch egal, er hatte sich über die Bewachung eben keine Gedanken gemacht. Das konnte man entweder als Anzeichen dafür nehmen, dass er langsam wirklich verblödete oder dass ihm sowieso alles egal war. Das Ergebnis war das gleiche. »Wir müssen umkehren«, sagte er.
    »Nein«, sagte Tabea, »machen wir nicht.« Bei diesen Worten fühlte sie sich seltsam ruhig.
    »Wir müssen. Sonst bemerken sie uns. Dann sind wir erledigt.« Kaum hatte er den Satz beendet, stiegen die Kugelblitze über dem Terminal in die Höhe. Der Gleiter hob sich ein wenig höher vom Boden ab und dann flog er zusammen mit den Kugelblitzen direkt auf sie zu. Tabea und Björn erstarrten. Sie dachte: Aha. Das war’s also. Björn wollte rennen, egal wohin, aber es ging nicht. Unwillkürlich griff er nach seinem Messer, weil das die einzige Waffe war, über die er im Moment verfügte. Erst als die Kugelblitze und der Gleiter über sie hinweggefegt waren, begriffen Björn und Tabea, dass nicht sie Ziel des Angriffs waren. Björn drehte sich um und sah die beiden hellen Lichter und den dunklen Gleiterrochen über die Ebene davonziehen. Sie waren schon weit weg, fast an der Stadtgrenze. Oben am Himmel hatten sich Löcher im Blau gebildet. Und etwas kam aus diesen Löchern heraus, rieselte auf die Erde herab wie schwarzer Schnee. Björn wusste genau, was vorging: Der Feind war durchgebrochen, eine klassische Heufieberattacke, Billiarden von Sporen und Pollen segelten herab, und sie beide waren viel zu nahe dran, um diesen Regen ungeschützt zu überleben. »Tabea«, rief Björn und fing an, mit seinen müden Fingern im Rucksack zu kramen. Die Atemfilter, dachte er nur, wo sind die Atemfilter? Gleichzeitig konnte er den Blick nicht von

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