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Der Gamma-Stoff

Der Gamma-Stoff

Titel: Der Gamma-Stoff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Gunn
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Stall wie dem Abbot Hotel aufhält, würde nicht auf die Chance verzichten, regelmäßig ohne Arbeit zu Geld zu kommen.«
    »Das habe ich mir auch gedacht«, meinte Pearce nickend. »Übernehmen Sie die Sache?«
    Locke drehte sich mit seinem Schreibtischsessel und starrte durchs Fenster auf die Transformatoren und Kabel der Twelfth Street. Kein interessanter Anblick, aber er schien dadurch zu einer Entscheidung zu kommen.
    »Fünfzig Dollar pro Tag und Spesen. Sechzig, wenn ich die Stadt verlassen muß.«
     
    An diesem Nachmittag entdeckte Pearce, daß er beschattet wurde. Er schlenderte durch die warmen, herbstlichen Straßen, die dahinhastenden, anonymen Käufer strömten an ihm vorbei, und plötzlich war er seiner Sache sicher. Er streifte durch die Geschäfte, hastig oder an einer Theke stehenbleibend, schaute sich vorsichtig um, entdeckte nichts, war aber überzeugt, daß ihn jemand beobachtete. Er kannte die Symptome. Sonst traten sie vor allem bei hysterischen Frauen auf, meistens dann, wenn sie älter wurden, gelegentlich aber auch schon in jungen Jahren.
    Dr. Pearce hatte nie damit gerechnet, daß sie bei ihm auftreten würden: Empfindlichkeit am Genick und zwischen den Schulterblättern, die Verkrampfung in den Beinmuskeln, der Drang, davonzulaufen, in einem Haus, einem Lift zu verschwinden …
    Dr. Pearce nickte nachdenklich und zwang sich dazu, ruhig zu bleiben. Er ging langsam zu seinem Wagen, sprach kurz mit dem Parkwächter, bevor er den Motor anließ und fuhr direkt nach Hause.
    Er konnte den Mann oder die Männer, die ihn beschatteten, nicht identifizieren, jetzt nicht und auch später nicht. Es ging Wochen so, und als es endlich vorbei war, kam er sich seltsam entblößt und nackt vor.
    Als er seine Wohnung erreichte, läutete das Telefon. An sich nichts Überraschendes. Das Telefon eines Arztes läutete weit öfter als das eines normalen Bürgers.
    Der Anrufer war Dr. Easter. Was er Dr. Pearce zu sagen hatte, war mit wenigen Worten wiederzugeben: Dr. Pearce solle nicht eigensinnig sein, sondern mit Mr. Weaver zusammenarbeiten.
    »Natürlich tu’ ich das!« rief Dr. Pearce. »Das tu’ ich bei allen Patienten.«
    »So hab’ ich es nicht gemeint«, erklärte Dr. Easter salbungsvoll. »Arbeiten Sie mit ihm zusammen, nicht gegen ihn. Sie werden sehen, daß es sich für Sie lohnt.«
    »Es lohnt sich für mich, Medizin so zu praktizieren, wie es in meinen Kräften steht«, erwiderte Dr. Pearce gleichmütig. »Darüber hinaus hat niemand Anspruch auf mich.«
    »Sehr lobenswert«, stimmte Dr. Easter freundlich zu. »Die Frage ist nur: Wird Mr. Weaver der Ansicht sein, daß Sie Medizin richtig praktizieren? Das würde ich mir überlegen.«
    Dr. Pearce ließ den Hörer auf die Gabel sinken, während er darüber nachdachte, wie es war, Arzt sein – und er wußte, daß er in keinem anderen Beruf glücklich sein konnte. Er beschäftigte sich mit der versteckten Drohung Easters; man durfte sie nicht einfach wegwischen. Der Vorwurf einer fahrlässigen Verhaltensweise war leicht zu erheben, und eine mächtige Partnerschaft von Geld und Ansehen mochte durchaus in der Lage sein, die Gefahr einer Approbationsentziehung heraufzubeschwören.
    Er dachte an Easter und wußte, daß es besser war, den Titel zu riskieren, als die Realität wegzuschenken.
     
3.
     
    Die nächste Woche bestand aus Nachdenken und Warten und Sich-Beschäftigen, ein Problem, dem ein Arzt selten gegenübersteht. Die Tage vergingen in ereignisloser Routine.
    Dann hatte es den Anschein, als überschlügen sich die Ereignisse.
    Als er von seinem Wagen zur Haustür ging, griff eine Hand aus dem Schatten neben einer Ziertanne und zog ihn in die Dunkelheit. Bevor er etwas sagen oder sich wehren konnte, preßte sich eine Hand auf seinen Mund und eine Stimme flüsterte ihm ins Ohr: »Keinen Laut! Ich bin Locke, der Privatdetektiv. Erinnern Sie sich?«
    Dr. Pearce nickte. Die Hand löste sich von seinem Gesicht. Als sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnten, sah er Lockes Züge. Sein Gesicht war dunkel und bärtig, und die Nase sah merkwürdig aus. Locke war in eine Schlägerei verwickelt worden; die Nase war gebrochen, das Gesicht war schlimm zugerichtet.
    »Halb so schlimm«, sagte Locke heiser. »Sie sollten die anderen sehen.«
    Als Dr. Pearce ein wenig zurückwich, konnte er sehen, daß Locke einen uralten, abgeschabten Anzug trug.
    »Tut mir leid, daß ich Sie da mit hineingezogen habe«, sagte er.
    »Gehört zu meinem Beruf. Hören Sie zu.

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