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Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Der Gang vor die Hunde (German Edition)

Titel: Der Gang vor die Hunde (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Kästner
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gewissermaßen in dich hineingesteckt hat; dadurch wirst du auch selber Geld verdienen und eines Tages sagen können: Mein Herr, wir sind quitt.« Fabian wunderte sich. Er erschrak vor sich selber und dachte: Es fehlt nur, daß ich die Interpunktion mitspreche.
    Cornelia betrachtete ihn, als sehe sie ihn zum ersten Mal. Dann klappte sie die Puderdose auf, musterte sich in dem kleinen runden Spiegel und fuhr mit der weißen stäubenden Quaste über ihr verweintes, kindlich erstauntes Gesicht. Sie nickte, er möge fortfahren.
    »Was dann werden wird«, sagte er, »was dann werden wird, wenn du Makart nicht mehr brauchst, läßt sich nicht vorher sagen, es steht auch nicht zur Debatte. Du wirst arbeiten, und dann bleibt von einer Frau nicht viel übrig. Der Erfolg wird sich steigern, der Ehrgeiz wird wachsen, die Absturzgefahr nimmt zu, je höher man steigt. Wahrscheinlich wird er nicht der Einzige bleiben, dem du dich ausliefern wirst. Es findet sich immer wieder ein Mann, der einer Frau den Weg versperrt und mit dem sie sich langlegen muß, wenn sie über ihn hinweg will. Du wirst dich daran gewöhnen, den Präzedenzfall hast du ja seit gestern hinter dir.«
    Ich weinte schon, und er schlägt mich noch, dachte sie verwundert.
    »Aber die Zukunft ist nicht mein Thema«, sagte er und machte eine abschließende Handbewegung, als erdroßle er den Gedanken. »Zu besprechen bleibt die Vergangenheit. Du fragtest gestern nicht, als du gingst. Warum interessiert dich nun meine Antwort? Du wußtest, daß du mir lästig warst. Du wußtest, daß ich dich los sein wollte. Du wußtest, daß ich darauf brannte, eine Geliebte zu haben, die in anderen Betten das Geld verdient, das ich nicht besitze. Wenn du recht hattest, war ich ein Halunke. Wenn ich kein Halunke war, war Alles, was du tatest, falsch.«
    »Es war Alles falsch«, sagte sie und stand auf. »Leb wohl, Fabian.«
    Er folgte ihr und war mit sich sehr unzufrieden. Er kränkte sie, weil er ein Recht dazu hatte, aber war das ein Grund? Auf der Tiergartenstraße holte er sie ein. Sie gingen schweigend und taten sich und einander leid. Er dachte noch: Wenn sie jetzt fragt, soll ich zu dir zurückkommen, was werde ich antworten? Ich habe noch sechsundfünfzig Mark in der Tasche.
    »Es war so schrecklich gestern«, sagte sie plötzlich. »Er war so widerwärtig! Was soll erst daraus werden, wenn du mich nicht mehr magst? Nun brauchten wir keine Sorgen zu haben, und sie sind größer als zuvor. Was fange ich an, wenn ich weiß, du willst mich nicht mehr sehen?«
    Er faßte ihren Arm. »Vor allem, nimm dich zusammen. Das Rezept ist alt, aber brauchbar. Du hast dir den Kopf abgehackt, gib acht, daß es wenigstens nicht umsonst war. Und entschuldige, daß ich dich vorhin so gekränkt habe.«
    »Ja, ja.« Sie war noch traurig und schon wieder froh. »Und darf ich morgen nachmittag zu dir kommen?«
    »Es ist gut«, sagte er.
    Da umarmte sie ihn mitten auf der Straße, küßte ihn, flüsterte: »Ich danke dir« und rannte aufschluchzend davon.
    Er blieb stehen. Ein Spaziergänger rief: »Sie können lachen?« Fabian wischte mit der Hand über den Mund und ekelte sich. Was hatten Cornelias Lippen inzwischen berührt? Half es ihm, daß sie sich die Zähne geputzt hatte? War seinem Abscheu mit Hygiene beizukommen?
    Er überschritt die Straße und trat in den Park. Moral war die beste Körperpflege, Wasserstoffsuperoxyd zum Gurgeln genügte nicht.
    Und erst jetzt fiel ihm ein, wo er in der vergangenen Nacht gewesen war.
     
    Er wollte nicht in die Müllerstraße zurück. Aber der bloße Gedanke an sein eigenes Zimmer, an die Neugier der Witwe Hohlfeld, an Cornelias leere Stube, an die ganze einsame Nacht, die ihn erwartete, während ihn Cornelia zum zweiten Mal betrog, trieb ihn durch die Straßen, dem Norden zu, in die Müllerstraße hinein, in jenes Haus und zu der Frau, die er nicht wiedersehen wollte. Sie strahlte. Sie war stolz, daß er wiederkam, und froh, daß sie ihn wieder hatte. »So ist’s recht«, sagte sie zur Begrüßung. »Komm, du wirst Hunger haben.« Sie hatte im Wohnzimmer gedeckt. »Wir essen sonst in der Küche«, sagte sie. »Aber wozu hat man seine Dreizimmerwohnung?« Es gab Wurst und Schinken und Camembert. Plötzlich legte sie Messer und Gabel beiseite, murmelte »Hokuspokus!« und brachte eine Flasche Mosel zum Vorschein. Sie schenkte ein und stieß mit ihm an. »Auf unser Kind!« rief sie. »Wie du soll es sein, und wenn’s kein Junge wird, mußt du

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