Der Gang vor die Hunde (German Edition)
außerdem liefert die vorliegende Ausgabe die beiden Nachworte von 1931 (eines davon,
Fabian und die Sittenrichter
, konnten die zeitgenössischen Leser in der
Weltbühne
lesen, nicht im Band selber) sowie die Vorbemerkungen von 1946 und 1950 , die sich signifikant unterscheiden.
Der Gang vor die Hunde
holt damit die Erstausgabe in einer Form nach, wie Kästner sie sich 1931 vorgestellt haben mag: eine Synthese des Typoskripts im Nachlass und der erschienenen Erstausgabe. Entscheidungen der damaligen Setzer und Hersteller, die etwa den Satz von Überschriften betreffen, werden als durch den Autor sanktionierte Eingriffe übernommen. Die Lektoratseingriffe des ersten Lektors Curt Weller betreffen nicht nur gestrichene Passagen, sondern auch Tippfehler, Hörfehler etc. von Kästners Sekretärin Elfriede Mechnig, über deren unterschiedliche Tagesform Kästner sich späterhin gelegentlich beklagt hat. Solche Fehler zu reproduzieren, hieße ein falsches Bild philologischer Texttreue zu liefern. Damit die editorischen Entscheidungen nachvollziehbar bleiben, werden die Abweichungen zwischen Typoskript und Erstdruck dokumentiert – mit Ausnahme eindeutiger Tipp- oder Rechtschreibfehler; anders gesetzte Kommata und Absätze sind gleichfalls nicht vermerkt, um den editorischen Apparat nicht unnötig aufzublähen. Die Streichungen, die vor allem explizit sexuelle Partien und politische Provokationen betreffen, werden vollständig nachvollziehbar. Längere eliminierte Passagen sind bereits in der kommentierten Werkausgabe (Erich Kästner:
Möblierte Herren. Romane I.
Hg. von Beate Pinkerneil. In: Erich Kästner:
Werke.
Hg. von Franz Josef Görtz. München, Wien: Hanser 1998 , Bd. III ) abgedruckt worden, wenn auch ohne Berücksichtigung der zahlreichen kleinen Eingriffe, die geänderte Absätze, die Zeichensetzung, den stärker umgangssprachlichen Duktus in gesprochener Sprache, manchmal auch einzelne gestrichene Wörter und Sätze betreffen; hier ist die Ausgabe letzter Hand die Textgrundlage.
Der vorliegende Band liefert die Urfassung von Kästners Roman erstmals als durchgehend lesbaren Text, mit allen gestrichenen Passagen und der Rekonstruktion stilistischer Details wie der zahlreichen Verschleifungen in den Dialog-Partien. Nachdem die Verlags-Zensurierung des ursprünglichen dritten Kapitels eine Reihe von Konsequenz-Veränderungen zur Folge hatte, treten die Bestrebungen Kästners, die einzelnen Kapitel über den ganzen Roman hinweg zu verknüpfen, nun deutlich zutage. Der textkritische Kommentar ermöglicht mit dem Nachweis dieser Veränderungen gewissermaßen einen Einblick in Kästners Werkstatt und zeigt, dass die Abfolge der einzelnen Kapitel, wie episodisch der Gang der Handlung auch sein mag, keineswegs beliebig ist, sie sind eng verzahnt.
Es gibt keinen zur Gänze vom Autor sanktionierten Text; das Typoskript hat Elfriede Mechnig getippt, die eingetragenen Korrekturen tragen ihre Handschrift, nicht die Kästners. Als pedantischer Sprachartist hat er die Erstausgabe zweifellos Korrektur gelesen – es ist auszuschließen, dass alle Veränderungen vom Lektorat vorgenommen wurden –, dennoch bleiben wenige Widersprüche offen, die vom Herausgeber zu entscheiden waren. Beispielsweise steht im Typoskript durchgehend »Schofför«, in allen Drucken nach der Erstausgabe jedoch »Chauffeur«. In der Erstausgabe selbst findet sich überwiegend der Chauffeur, im letzten Drittel wird aber auch mehrfach »Schofför« verwendet, beide Versionen wären also legitimiert. Diese und andere Inkonsequenzen (z.B. Photographie vs. Fotografie) wurden vom Herausgeber vereinheitlicht. Editorische Probleme dieser Art werden im Folgenden jeweils vermerkt, bei einigen wenigen drastischen Abweichungen wird auch die Textgestalt der Ausgabe letzter Hand zitiert.
Textgrundlage ist zum einen das Typoskript im Deutschen Literaturarchiv in Marbach am Neckar (A: Kästner, 1998.3 ; im Folgenden: TS ), das bis auf zwei originale Blätter (S. 143 , 174 ) aus einem Durchschlag besteht und das als Exponat in der Dauerausstellung des Literaturmuseums der Moderne (LiMo) zu sehen ist; das Konvolut hat kein Titelblatt. Zum anderen wurde das Typoskript mit dem Erstdruck des Romans abgeglichen, Erich Kästner:
Fabian. Die Geschichte eines Moralisten.
Stuttgart, Berlin: Deutsche Verlags-Anstalt 1931 ; verwendet wurde das Exemplar der Universitätsbibliothek München ( 8 ° Don. 8 , 11733 ; im Folgenden: EA ). – Gelegentlich wird auf die
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