Der Gast des Kalifen
vorgeschlagen hatte. Für den Preis eines Kümmelkuchens heuerten wir im Hafen einen Jungen an, uns dorthin zu bringen. Er führte uns zum Marktplatz, wo viele Handwerker und Händler Stände errichtet hatten, um ihre Waren zu verkaufen. In Famagusta sprach man Griechisch, und da Padraigs Kenntnis dieser Sprache weit besser war als die meine, nahm er es auf sich, mehr über den Mann herauszufinden, den wir suchten.
»O ja«, sagte ein Handwerker, der Messingschüsseln herstellte, »er ist hier wohl bekannt. Er besitzt viele Schiffe. Wenn Ihr ihn finden wollt, müsst Ihr am Hafen suchen, denn er kümmert sich meist um seine Flotte.«
»Ich danke Euch«, erwiderte Padraig, »doch man hat uns zu verstehen gegeben, Jordanus sei ein Goldschmied, der ein Haus in der Altstadt besitze.«
Als sie sahen, dass Fremde den Markt betreten hatten, eilten einige weitere Händler herbei, die im Augenblick nichts zu tun hatten, um zu sehen, ob vielleicht etwas gebraucht wurde, was sie bieten konnten.
»O nein«, sagte der Mann. »Ich fürchte, da hat man Euch belogen. Er besitzt kein Haus, sondern schläft stets auf einem seiner Schiffe. Sucht nach dem größten Schiff im Hafen. Das ist Jordanus Schiff.«
»Was erzählst du den guten Leuten da, Adonis? Der Mann, von dem du sprichst, ist vergangenen Winter gestorben.«
»Unmöglich!«, rief der Händler mit den Messingschüsseln. »Ich habe ihn doch noch vor zwei Tagen im Hafen gesehen.«
»Dann hast du womöglich einen Geist gesehen«, erwiderte der zweite Mann, ein großer Töpfer mit nackten, haarigen Armen, die über und über mit Ton beschmiert waren. »Seine Schiffe stehen zum Verkauf. Wollt Ihr vielleicht eines kaufen?«, fragte er hoffnungsvoll an uns gewandt.
»Im Augenblick nicht, danke«, antwortete Padraig. »Vielleicht später.«
»Habt Ihr gesagt Jordanus Hippolytus?«, erkundigte sich ein anderer Mann und drängte sich an uns heran. Seine Hände waren rot von Färbemittel, mit dem er Leder bearbeitete, aus welchem er dann Sandalen und Gürtel fertigte. »Ich kenne diesen Mann; aber er hat nie ein Schiff besessen. Er stammt aus Damaskus, wo er Feigen angebaut hat.«
»Ein Feigenbauer aus Damaskus?«, mischte sich der erste Mann wieder ein. »So jemanden gibt es in ganz Famagusta nicht!«
»Und den gibt es doch«, widersprach der Sandalenmacher mit bemerkenswertem Selbstvertrauen. »Er hat eine Tochter, die bisweilen hier auf dem Markt einkauft. Ich habe ihr einmal ein paar Sandalen verkauft, und sie hat gesagt, es seien die besten gewesen, die sie jemals gesehen habe ... besser noch als die in Damaskus. Vielleicht wollt Ihr ja auch ein paar Sandalen kaufen«, bot er uns hilfreich an, »wenn Ihr hier fertig seid. Oder einen Gürtel womöglich?«
»Beim Barte des Heiligen Petrus!«, seufzte der Töpfer. »Diese Männer suchen nach ihrem Freund. Sie wollen deine Sandalen nicht.«
»Ich mache aber sehr gute Sandalen«, verteidigte sich der Sandalenmacher, »und ebenso gute Gürtel. Du solltest selbst einmal vorbeikommen und sie dir ansehen.«
»Schaut mal, meine Freunde«, meldete sich wieder ein anderer zu Wort, »es gibt hier keinen Goldschmied mit Namen Jordanus und auch keinen Schiffseigner. Seit dreiundzwanzig Jahren verkaufe ich meine Waren schon auf diesem Markt, und ich kenne wirklich jeden. Es gibt hier niemanden dieses Namens.«
Die Markthändler begannen, miteinander über Einzelheiten zu streiten, was den von uns gesuchten Mann betraf. Nachdem wir ihnen eine Weile zugehört hatten, drehte sich Padraig zu uns um. »Ich glaube, das Weib des Wollhändlers hat Recht gehabt«, sagte er. »Vielleicht sollten wir zu dem Haus hinter dem Hügel gehen.«
Erneut erwies sich eine vermeintlich leichte Aufgabe als voller Schwierigkeiten. Niemand, den wir fragten, vermochte uns zu sagen, wo das Haus lag. Wie einer der Fröhlicheren, die wir befragten, sagte: »Das Problem ist weniger das Haus als vielmehr der Hügel. Hügel gibt es eine ganze Menge auf Zypern und hinter nahezu jedem liegt ein Haus.«
Roupen verlor den Mut und sprach sich dafür aus, zum Hafen zurückzukehren, ein Boot zu heuern und Famagusta für immer hinter uns zu lassen; aber da wir nun schon so weit gekommen waren und der Tag sich überdies allmählich seinem Ende zuneigte, war ich entschlossener denn je, diesen Jordanus Hippolytus zu finden. Pa-draig stimmte mir zu. »Wenn wir ihn heute nicht finden«, versprach ich Roupen, »werden wir uns morgen sofort auf die Reise machen.« Also
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