Der Gast des Kalifen
trotteten wir um die Hügel über dem Hafen herum und gingen von einem Haus zum anderen, bis wir schließlich eine alte römische Villa erreichten, die von einer zerbröckelnden Mauer umgeben war.
Auf der Straße vor uns sah ich eine Frau, die einen Krug in den Armen trug. Sie hielt auf die Villa zu und verschwand durch eine niedrige Tür in der Mauer. Es war heiß, und wir waren müde. In der Absicht, die Frau um einen Schluck Wasser zu bitten oder sie zumindest nach dem Weg zum nächsten Brunnen zu fragen, beschleunigte ich meinen Schritt und folgte ihr durch die Tür in den schattigen Hof der einst ansehnlichen Villa. Um den Hof herum standen große, breitblättrige Pflanzen in Tontöpfen, und neben einem in Stein gefassten Brunnenbecken in der Mitte wuchs ein schön zurechtgeschnittener Feigenbaum. Sofort war die glühende Hitze des Tages verschwunden, und ich hatte das Gefühl, eine Zuflucht des Friedens und der Ruhe betreten zu haben.
Padraig und Roupen erschienen hinter mir in der Tür und betraten ebenfalls vorsichtig den Hof.
»So!«, rief eine Stimme aus dem Schatten. »Dann hatte ich also Recht. Ihr seid mir gefolgt.«
Ich drehte mich um und sah die Frau, die uns aus dem Schutz einer der großen Topfpflanzen heraus beobachtete; den Krug hielt sie noch immer in den Armen.
»Ich bitte Euch vielmals um Verzeihung, gute Frau«, sagte ich rasch in der Hoffnung, sie damit zu beruhigen. »Ich hatte nicht die Absicht, Euch zu erschrecken.«
»Es bedarf mehr als des Anblicks eines zerlumpten Reisenden, um mich zu erschrecken«, erwiderte sie und trat kühn auf den Hof hinaus. Sie war groß und schlank und besaß langes, dunkles Haar. Ihr schlichtes blaues Kleid hing in glatten Falten herab - außer an ihrer vollen Brust, gegen die sie noch immer den Krug gedrückt hielt. »Was wollt Ihr hier?«, verlangte sie zu wissen. Sie sprach Latein, kein Griechisch, doch mit einem seltsamen Akzent.
»Bitte, wir wollen uns Euch nicht aufdrängen. Wir.«
»Und doch tut Ihr genau das.« Die Frau blickte mir unverwandt in die Augen, was mich ein wenig nervös machte.
»Erneut bitte ich Euch um Verzeihung«, erwiderte ich leicht verlegen. Ich hatte kaum ein Dutzend Worte gesagt, und doch hatte ich mich schon zweimal entschuldigt. Ich erwiderte ihren Blick, als wolle ich sie herausfordern, es noch einmal zu wagen, mich zu einer Entschuldigung zu drängen. »Wir suchen nach dem Haus eines Mannes mit Namen Jordanus.«
»Warum?«
»Wir haben etwas mit ihm zu besprechen.«
»Lügner!«, rief sie. »Er kennt Euch nicht.«
»Gute Frau?«
»Macht, dass Ihr wegkommt . bevor ich nach den Dienern rufe, dass sie Euch rauswerfen.«
Da erinnerte ich mich daran, was der Sandalenmacher über die Tochter des Jordanus gesagt hatte. Ich blickte an der Frau herunter und sah Sandalen von der gleichen Farbe wie die Hände des Händlers. »Dann ist das hier also sein Haus«, erklärte ich.
»Ja. Aber versucht ja nicht, ihn zu sehen. Er empfängt niemanden.«
»Wir kommen von weit her«, sagte ich. »Von Antiochia, um genau zu sein. Komtur de Bracineaux hat uns hierher gesandt.«
Ein Schatten des Misstrauens huschte über ihr Gesicht. Einen Augenblick lang starrte sie mich an. »Und wer ist dieser Komtur de Bracineaux?«, fragte sie schließlich.
»Man hat mir gesagt, er sei ein Freund von Jordanus Hippolytus.«
»Und er ist auch Euer Freund?«
Das war eine einfache Frage; dennoch zögerte ich. Ich blickte zu Padraig, der jedoch nur mit den Schultern zuckte. »Wir kennen Komtur de Bracineaux, und wir respektieren ihn«, erklärte ich, »aber wir sind keine engen Freunde, nein.«
Dieses Geständnis schien sie zu besänftigen. »Ihr dürft hereinkommen«, sagte sie und fügte rasch hinzu: »Aber nur einer von Euch. Ich werde meinen Vater fragen, ob er Euch empfängt.«
»Du gehst, Duncan«, sagte Padraig. Während er und Roupen sich
in den Schatten setzten, führte die Frau mich über den Hof, um den Brunnen herum und eine flache, gepflasterte Rampe hinauf, die zum Haupteingang führte. Ohne stehen zu bleiben, stieß sie die große Holztür auf, trat hinein und winkte mir, ihr zu folgen.
Wir traten in die kühle Dunkelheit eines mit Marmor gefliesten Vestibulums. Das einzige Licht stammte von einem kleinen, runden Fenster hoch über der Tür; die dadurch hereinfallenden Sonnenstrahlen warfen einen Lichtkreis auf ein paar blaue Ziegel an der gegenüberliegenden Wand, vor der eine Reihe von Statuen stand -einige menschlich, andere
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