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Der Gast des Kalifen

Titel: Der Gast des Kalifen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Lawhead
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dass der Fürst die Jagd auf uns eröffnet hatte; wir hatten die Straße, den Himmel und die Hügel ganz für uns allein.
    Ein kurzes Stück von dem armseligen Hain entfernt stand ein kleiner, schäbiger Bauernhof, auf dessen winzigen Feldern mehr Steine als Korn wuchsen. Nur ein paar elende Halme mit verwelkten Blättern, die bei jedem Windhauch zitterten, neigten ihre Köpfe aus der trockenen Erde. Dass Menschen harte Arbeit auf solch einen hoffnungslosen Boden verschwendeten, hätte mein Mitleid erregen sollen, wäre es in diesem sandgeplagten Wüstenland nicht überall gleich gewesen.
    Denn so weit ich sehen konnte, war das Heilige Land nur ein großer Haufen Staub und Dreck, um den sich alle stritten, als wäre es das Land, wo Milch und Honig fließen, ein wunderbares Reich voller Gold und Juwelen statt Felsen und Dornen. Dass irgendjemand sich die Mühe machte, über diese Öde zu herrschen, erstaunte mich; doch dass jemand für dieses Recht auch noch kämpfte und starb, ließ mich an meinem Verstand verzweifeln. Siehe, dachte ich, der Triumph der Gier über den Verstand.
    Während wir uns ausruhten, besprachen wir, wie wir unser endgültiges Ziel erreichen wollten: Anavarza in Armenien. »Die Stadt liegt weit weg von hier«, versicherte uns Roupen. »Die Wildnis ist rau und öde; nur wenige Straßen führen durch sie hindurch, und diese wenigen befinden sich überdies in keinem allzu guten Zustand. Wir werden in jedem Fall Hilfe brauchen, um dorthin zu gelangen -Hilfe und gute Pferde.«
    Ich fragte, in welcher Richtung Armenien liege und wie man am einfachsten dorthin gelangte. Roupen erklärte, dass sein Heimatland im Norden, in den Ausläufern eines Gebirges mit Namen Taurus läge und dass es mehrere Wege dorthin gäbe. »Die beste Route führt jedoch durch Mamistra«, sagte er. »Von Famagusta ist es leicht mit dem Boot zu erreichen.«
    »Ist Mamistra ein Seehafen?«, fragte Padraig.
    »Nein, es liegt im Landesinneren - an einem Fluss; aber für Boote und kleine Schiffe ist das Wasser tief genug. Von Anavarza aus betrachtet ist Mamistra der nächstgelegene Zugang zum Meer.«
    Nachdem die Sonne ein wenig an Kraft verloren hatte, machten wir uns wieder auf den Weg und marschierten bis zum Sonnenuntergang. Ich hielt weiterhin nach Verfolgern Ausschau, doch ich sah niemanden außer ein paar venezianischen Kaufleuten, die neben der Straße ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten. Die Kaufleute - insgesamt waren es sieben - hatten sich in Antiochia nach Handelsmöglichkeiten umgeschaut und waren nun auf dem Weg nach Askalon im Süden. Sie grüßten uns freundlich, luden uns ein, das Abendmahl mit ihnen zu teilen, und fragten uns, wie uns das Leben im Heiligen Land gefiele. Padraig hätte die ganze Nacht lang mit ihnen geredet, doch ich hielt es für besser, ihr Interesse nicht allzu sehr zu erregen, und so bat ich sie, uns zu entschuldigen, denn wir seien den ganzen Tag über gewandert und demzufolge müde.
    Dann suchte ich mir einen freien Platz zwischen den Felsen und Dornen, legte mich hin und döste zufrieden vor mich hin, bis Pa-draig mich bei Tagesanbruch weckte. »Da kommt jemand«, flüsterte er. »Ich habe gerade gebetet, da hörte ich Pferde auf der Straße.«
    »Bohemunds Männer?«
    »Vielleicht. Sie sind noch zu weit weg, um das zu sagen.«
    »Dann haben wir ja noch Zeit, etwas zu unternehmen.«
    Wir weckten Roupen, krochen leise aus dem Lager und versteckten uns in einem ausgetrockneten Bachlauf ein paar Hundert Schritt entfernt. Kurz darauf erschienen drei Reiter. Als sie die schlafenden Venezianer erreichten, hielten sie an. Auch wenn wir nicht hören konnten, was gesprochen wurde, so konnte ich es doch vermuten. Die Reiter weckten die Kaufleute und stellten ihnen Fragen; die Venezianer schauten sich um und zuckten mit den Schultern, als wollten sie sagen: »Wir wissen nicht, ob das die Männer waren, nach denen Ihr sucht. Letzte Nacht waren sie bei uns, doch jetzt sind sie verschwunden. Mehr können wir Euch nicht sagen.«
    Die Reiter hielten sich nicht länger auf, sondern ritten rasch weiter - ohne Zweifel in der Hoffnung, uns ein Stück weiter die Straße hinauf einzuholen.
    Nachdem sie verschwunden waren, warteten wir in dem Graben, bis auch die Kaufleute fortgezogen waren; erst dann setzten wir unseren Weg fort und behielten aufmerksam die Straße im Auge für den Fall, dass die Reiter wieder zurückkehren sollten.
    Wir wanderten bis zum Mittag; dann legten wir wieder eine Rast ein und

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